Sarum
wurden Bäume gefällt, auf denen man die mächtigen Steine wie auf Rollen transportierte.
Gegen Ende jenes Monats gewann Nooma trotz des ungeheuren Ausmaßes der vor ihm liegenden Aufgabe den ^!ersten Schimmer von Vertrauen. Von Tark ermutigt, der von der Gelegenheit, sich den Priestern nützlich zu erweisen, sehr angetan war, ging Nooma mit neuer Zuversicht ans Werk, und schließlich sagte er zu Tark: »Vielleicht schaffen wir es am Ende doch.«
Während dieser Vorbereitungen befaßte Nooma sich im Geiste mit den technischen Problemen, die die Steine selbst betrafen: Wie waren sie am besten zu bearbeiten, und, vor allem, wie ließen sich derartig massive Objekte nach einem genau vorgegebenen Plan aneinanderfügen? Hierbei bewies Nooma geniale praktische Fähigkeiten, die den Entschluß der Priester, ihm die Ausführung des Werkes zu übertragen, hinreichend rechtfertigten.
Als der kleine Steinmetz gegen Ende des Monats den Priestern Bericht erstattete, konnte er seine Erregung kaum unterdrücken. »Wir müssen die Steine in ihre endgültige Form bringen, bevor wir sie bewegen«, verkündete er.
»Du willst also jeden Stein eine Tagereise vom Heiligtum entfernt bearbeiten, die fertigen Steine auf den geheiligten Grund befördern und dort zusammenfügen?« fragte ein Priester voller Staunen. Er nickte ruhig. »Warum nicht?« Daraufhin fertigte er Zeichnungen nach seinen Ideen an.
Nooma schlug vor, zur Bearbeitung der Quersteine, die ja alle die gleiche abgerundete Form aufweisen sollten, ein Muster aus Holz zu fertigen, nach dem jeder Stein geschnitten würde, und für die Befestigung dieser Quersteine entwickelte er einen genialen Gedanken.
»Seht her«, erklärte er, »oben an jedem Aufrechtstein können wir je zwei Zapfen und unten an jedem Querstein zwei entsprechende Löcher anbringen, um die Zapfen einzupassen. Wir fügen sie ineinander, wie wir es mit Holzklötzen machen«, erklärte er. »Dann versehe ich die Enden der Quersteine ebenfalls mit Verbindungsstücken, so daß jeder in den nächsten eingepaßt werden kann. Der Tempel wird unzerstörbar sein!« Sein Gesicht glühte vor Aufregung.
Von diesem Augenblick an wußten die Priester, daß das Heiligtum von Stonehenge ein Meisterwerk werden würde.
Dagegen ließen sich die Schwierigkeiten des Hohenpriesters nicht so einfach lösen. Die Frage von Kronas Erben blieb bestehen, und in den folgenden Monaten hielt nur sein Glaube an den Sonnengott ihn aufrecht. Eine passende Braut mußte gefunden werden, aber wo? Die Zeichendeuter hatten bestimmt, daß ihr Kopf mit Gold gekrönt sein werde – was bedeutete das? Vielleicht war sie die Tochter eines Herrschers, oft trugen diese Mädchen nach dem Brauch einen Goldreif im Haar, wenn sie verheiratet wurden. Obwohl man Boten zu allen Herrschern auf der ganzen Insel sandte, wurde die passende Braut nicht gefunden. Nun schlug ein älterer Priester folgendes vor: »Irland wird wegen seiner hervorragenden Goldschmiede das goldene Land genannt. Vielleicht soll das Mädchen von dort kommen.«
Da die Suche auf der Insel ergebnislos geblieben war, beschloß man, einen Priester in das ferne Land im Westen zu senden, um dort nach einer Braut Ausschau zu halten. Es war jedoch eine lange, gefährliche Reise, und Dluc wußte nicht, wen er schicken sollte. Da sprang ein junger Priester namens Omnic voll Eifer auf und rief: »Schickt mich, Hoherpriester! Mir wird nichts geschehen. Ich weiß, daß diese Reise der Wille des Sonnengottes ist.«
Also opferte Dluc zwei Widder, Krona gab Omnic schöne Geschenke mit auf die Reise, und drei Tage später stach er in einem kleinen Curragh mit drei Begleitern in See. Er sollte erst zwei Jahre später heimkehren. In dieser Zeit bearbeiteten Nooma und seine Steinmetze zehn große Sarsens. Kronas Zustand besserte sich leicht; sein Gesicht wurde wieder etwas voller, und er zeigte Interesse an der fortschreitenden Arbeit für den Henge. Er begann sogar wieder zu jagen und nahm sein eheliches Leben mit Ina wieder auf. Doch seine innere Unrast blieb. Im Steinbruch ging die Arbeit das ganze Jahr hindurch fort. Pausen gab es nur, wenn das Wetter die Weiterführung unmöglich machte. Noch nie hatte Nooma so viel zu tun gehabt; angetan mit einer schweren Lederschürze, das Haar voller Staub, war er überall zugleich. Dennoch ging von ihm eine solche Sicherheit aus, daß sich die Leute widerspruchslos seinen Anordnungen fügten.
Anfangs war es den unverheirateten Arbeitern am Henge von den
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