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Sascha - Das Ende der Unschuld

Sascha - Das Ende der Unschuld

Titel: Sascha - Das Ende der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Claus
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um sich das Leben so zu gestalten, wie er es sich vorstellte. Was nützte es, wenn er für einen guten Beruf lernte, der ihn erst in einigen Jahren aus dieser Misere herausholte? So schlich er später noch einmal hinein, schnappte seine Jacke und lief los Richtung Bus, um in die Innenstadt zu fahren. Er brauchte Marc jetzt, es tat schon gut, wenn er ihm sein Herz ausschütten konnte. Was machte es, dass sein Freund ihm auch nicht wirklich zu helfen vermochte?
    Er musste nicht lange nach Marc suchen. Dieser merkte ihm auch sofort an, dass etwas nicht stimmte. Sascha erzählte ein weiteres Mal von seinen Schwierigkeiten und bekam die Antwort, die er bereits genauso oft gehört hatte:
    „Dann geh einfach nicht nach Hause. Ich tu das doch auch nicht mehr.“
    „Aber die werden mich suchen und zurückbringen.“
    „Ja und? Dann haust du wieder ab. Wo ist das Problem? In die Schule müssen sie dich schicken und von da kannst du jederzeit türmen. Du musst dir mal eins merken ... du bist erst zwölf. Dir kann niemand was.“
    „Doch, mein Vater schlägt mich krankenhausreif und sie können mich ins Heim stecken.“
    „Dann reißt du von dort aus. Keiner kann dich halten, wenn du es nicht willst. Denk an die Freiheit, die du dann hast. Niemand macht dir mehr Vorschriften. Du musst mal anfangen, dich durchzusetzen.“
    „Und wieso kommst du dann in die Schule? Würde ich nicht machen.“
    „Weil ich ein Abkommen mit meiner Alten habe. Sie lässt mich nicht suchen und tut so, als ob ich abends süß in meinem Bettchen liege, wenn ich dafür weiter in die Schule gehe. Ich kann im Gegenzug pennen, wo ich will und kein Übereifriger von irgendeiner Behörde muss sich um mich kümmern. So sind alle zufrieden. Das Jugendamt hat keine Arbeit mit mir, ich genieße meine Freiheit und auch meine Alte freut sich, wenn alles so stressfrei abgeht. Du weißt schon, warum.“
    Natürlich wusste Sascha, dass Marcs Mutter in der Notunterkunft ihre Freier empfing. Es war ihr Recht, wenn ihr Sohn nicht heimkam.
    „Und wovon soll ich leben?“
    „Fragst du das im Ernst?“
    „Ich weiß, ich soll anschaffen wie du. Meinst du denn, ich habe das Zeug dazu?“
    Marc lachte laut auf.
    „Das Zeug dazu trägst du in deiner Hose, Alter. Und so, wie du aussiehst – sie werden Schlange stehen. Sie stehen auf lange, schwarze Locken und dunkle Samtaugen. Versuchs doch einfach mal.“
    „Was muss ich denn machen?“
    „Ich erkläre es dir, wenn du willst.“ Marc fertigte zwei Freier ab, dann ging er mit Sascha in eine Kneipe und gab ihm dort einige Bier und ein paar Tipps aus. So, wie er es darstellte, würde es ein Kinderspiel sein und Sascha ging darauf ein.
    Er würde es versuchen, aussteigen konnte er immer noch. Letztendlich kam ihm in seiner Situation jedes Leben lebenswerter vor als das, welches er momentan mit seiner Familie zusammen führte.
    Trotz seiner Entscheidung dauerte es noch zwei Wochen, bis er tatsächlich diesen Schritt wagte. Zu Hause hatte es wieder Krach gegeben und es war schon zweiundzwanzig Uhr, als er Hals über Kopf vor Manfreds durch Alkohol bedingter Gewalttätigkeit floh.
    „Ich geh nicht mehr zurück. Nie mehr.“
    Marc fand das ganz okay, sie hatten schließlich schon oft genug darüber gesprochen, ob es irgendwo einen Ort gab, an dem Sascha übernachten konnte. Aber Sascha hatte bisher immer gekniffen, wenn es ernst wurde. Jetzt nahm Marc Saschas Äußerung, nicht heim zu wollen, beinahe schon nicht mehr ernst. Nun allerdings war der Zeitpunkt tatsächlich da und Marc brachte Sascha zu einem Haus nahe des Bahnhofs. Der Ältere wusste von einem Zimmer, das dort zur Verfügung stand. Irgendjemand hatte es gemietet, nicht einmal Marc wusste, wer das war. Fest stand nur, dass man im Monat für das 25 qm große, feuchte Loch tausend Mark zusammenbekommen musste. Die verschiedensten Kids wohnten zeitweise dort, jeder gab ab, was er konnte und einmal im Monat wurde das Geld abgeholt. War der Betrag nicht vollständig, warf man sie alle einfach auf die Straße. Allerdings passierte das so gut wie nie, weil das Zimmer eine Art kollektiver Besitz von fast zwanzig, nur zeitweise dort hausenden Jugendlichen war.
    Als Sascha das Zimmer dann jedoch sah, blieb ihm die Sprache weg. Er hatte gedacht, der Container sei bereits schlimm, aber dies übertraf alles.
    „Wenn du dich lieber irgendwann erschlagen lassen willst, weil dein Alter keine Arbeit findet, musst du ja nicht herkommen“, war Marcs einziger Kommentar.
    Sascha

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