Satans Erbe (German Edition)
Ulrike, machen Sie sich keine Sorgen. Ich gebe es gern. Auch für Elisa ist gesorgt, sollte sie jemals Hardegg verlassen dürfen.« Er drückte ihre Hand. »Nur bitte, bitte melden Sie sich nie wieder bei mir.«
Er konnte Elisa nicht wiedersehen. Sie war Ahrimans Tochter und der Schmerz brannte sich beim bloßen Gedanken wie Säure durch sein Innerstes.
Benni ließ sich von Ulrike ein Taxi rufen und die Leihwagenfirma beauftragen, das Fahrzeug abzuholen. Nur mit einer kleinen Reisetasche verließ er Ulrikes Dorf, den Flughafen, die Schweiz, sein altes Leben.
89.
Moskau, Russland
29. Dezember 2008
K iruschas Streit mit ihren betagten Eltern lag ihr noch schwer im Magen, als sie die Tür zu ihrem Apartment nahe dem Krankenhaus aufsperrte, in dem sie als Hilfsköchin arbeitete. Zerknirscht hatte sie ihnen klar gemacht, dass sie auch ohne ihre finanzielle Unterstützung in die Schweiz zurückkehren würde. Obwohl es in ihrer Heimat Tradition war, auch in hohem Alter noch seinen Eltern zu gehorchen, konnte sie in diesem Fall dem Brauch nicht folgen.
Zu sehr bedrückten sie die Schuldgefühle, seit sie vor 22 Jahren aus der Schweiz geflüchtet war. Seitdem war nicht ein Tag vergangen, an dem nicht die ständige Furcht sie begleitet hatte, die Angst, Ahriman würde sie aufspüren. Was ihr dann bevorstand, davon wollte sich Kiruscha lieber kein Bild machen.
Ihre blühende Karriere als Ärztin musste sie an den Nagel hängen. Nach ihrer Rückkehr konnte sie einfach kein Blut mehr sehen. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie sich die Schuld an Lisas Tod gab, aber noch schlimmer, an Elisas Schicksal.
Hätte sie das kleine Mädchen nicht retten müssen? Hätte sie nicht versuchen müssen, sie mitzunehmen? Sie wusste, dass das unmöglich gewesen war. Aber hätte sie nicht umgehend die Polizei informieren müssen? Hätte sie nicht alles darum geben müssen, Arno ausfindig zu machen? Irgendwen? All das hatte sie nicht geschafft. Zu sehr war sie gelähmt, gefangen in ihrer eigenen Panik vor Ahriman.
In Russland war das ein gefürchteter Name: Ahriman, auch bekannt als Angra Mainyu. Ahura Mazda und Angra Mainyu, das Gute und das Böse, zwei Seiten derselben Medaille.
Kiruscha betrat ihr winziges Schlafzimmer, klappte den Deckel ihres Koffers auf und begann, ihre wenigen Kleidungsstücke hineinzupacken. Mit einem dumpfen Geräusch schnappte das Schloss ein und sie stellte ihn in die Lücke zwischen Schrank und Bett. Auf der anderen Seite stand unter dem vergitterten Fenster ein altersschwacher Computer, der ihr bis jetzt gute Dienste geleistet hatte. Vor wenigen Tagen war sie im Internet auf einen Artikel gestoßen, der mit einem Schlag die Vergangenheit lebendiger machte, als sie es jemals gefürchtet hatte.
Missbrauchsopfer nach jahrelangem Klinikaufenthalt von Amnesie geheilt , lautete die Schlagzeile und ihr war sofort klar, dass es sich um Elisa handelte, spätestens, als ihr das Wort »Schweiz« in die Augen stach. Wie gelähmt las sie den Artikel. Er war kurz, eine Eilmeldung, die ankündigte, dass Reporter unterwegs waren, um Einzelheiten zu erfragen und ein Interview mit der behandelnden Ärztin, Frau Dr. Sibylle Bachmann, abzuhalten.
Sie setzte sich auf das Bett und klemmte ihre Füße umständlich unter die selbst gebaute Arbeitsplatte, wo sich neben ihren Schuhen auch ein Korb mit Schmutzwäsche befand. Ungeduldig wartete sie darauf, dass das Schätzchen hochfuhr.
Als sie das vertraute Startsignal hörte, schlug sie die Augen wieder auf, erhob sich in eine gekrümmte Position und griff zur Fensterbank, um das Modem einzuschalten. Sie stellte die Verbindung zum Internet her. Ihre Hände waren kalt und zittrig.
Sie rief die Webseite auf und suchte den Atem anhaltend nach einem neuen Artikel.
Interview mit der behandelnden Ärztin , prangte ihr in riesigen Lettern entgegen und darunter der Zusatz: Missbrauchsopfer wird schon bald die Klinik verlassen .
Frau Doktor Bachmann, stimmt es, dass Elisa, das unbekannte Mädchen, das 1998 nackt in einem Hauseingang gefunden wurde und seitdem kein einziges Wort gesprochen hat, aus ihrer Lethargie aufgewacht ist?
»Das kann ich erfreulicherweise bestätigen.«
Wie geht es Elisa?
»Den Umständen entsprechend gut. Elisa ist es in kurzer Zeit gelungen, ihr Gedächtnis wiederzuerlangen und wir sind dabei, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten.«
Wird es eine Verhaftung geben?
»Nein, die Verantwortlichen sind tot.«
Dann stimmt es also, dass Arno von
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