Satans Eulen
Schritten, noch immer den Körper des Mädchens auf seinen Armen haltend. Er stand eine schreckliche Angst um seine Tochter aus, auch jetzt noch, wo er wußte, daß sie nur verletzt war.
Enna hatte die Haustür geöffnet. Sie stand zwei Schritte davor. Licht fiel aus dem Rechteck und umschmeichelte auch ihre Gestalt, bevor es einen breiten Streifen auf den Weg vor dem Haus warf, der sich nach einigen Metern verlor.
Lars taumelte, als er sich dem Haus näherte. Enna schrie erstickt auf. Sie hatte ihre Tochter in den Armen des Mannes erkannt und schlug die Hände vors Gesicht.
»Keine Angst!« keuchte der Maler, während das Blut aus seiner Kopfwunde über seine Stirn und die Wangen rann. »Keine Angst, sie… sie lebt ja noch.«
»Was ist geschehen? Mein Gott…«
Lars war jetzt so weit vorgekommen, daß Enna auch das blutüberströmte Gesicht ihrer Tochter sehen konnte. Zwischen den dicken Streifen schimmerte blaß die Haut.
Auf dem Rückweg hatte sich Lars Strindberg seine Gedanken darüber gemacht, was er Enna berichten wollte. Er war zu dem Entschluß gekommen, auf keinen Fall die Wahrheit zu erzählen. Enna hätte unter Umständen durchgedreht.
»Was ist passiert?« rief sie. »Meine Güte, was ist mit euch? Ihr blutet beide.«
»Laß uns erst einmal ins Haus!« Lars drückte sich mit Sonja an seiner Frau vorbei.
Das Haus war praktisch ohne Innenwände gebaut. Nur der Schlafraum und das Kinderzimmer waren abgetrennt, ansonsten lebte die Familie sehr frei.
Die Möbel bestanden noch aus echtem Holz, die Küche bildete ein offenes Karree und eine Treppe, von zwei Seiten begehbar, führte nach oben, wo sich die beiden Hälften in einem kleinen Flur trafen, an dem auch die Schlafräume lagen.
Da es oben relativ eng war, hatte die Familie das Bad und die Dusche in den Keller verlegt. Nur noch eine Toilette und ein Waschbecken waren in der oberen Etage installiert.
Lars Strindberg stieg die Stufen der Holztreppe hoch. Er stöhnte und atmete schwer. Seine Frau, die hinter ihm lief, sah, wie das Blut aus den Haaren rann und einen roten Faden auf die Nackenhaut zeichnete, bevor es vom Kragen aufgesaugt wurde. Oben im Flur drückte sich die Frau an dem Maler vorbei und öffnete die bunt beklebte Tür des Kinderzimmers. Eine ebenfalls bunte Lampe an der Decke streute ihr Licht aus. Spielsachen lagen überall verteilt. Fast alles aus Holz. In der Mitte des Raumes stand ein Puppenwagen. Ihn stieß Lars mit dem Fuß zur Seite, als er auf das Bett zuging.
Seine Frau war davor stehengeblieben. Sie schaute zu, wie Lars die kleine Sonja hinlegte. Dann richtete sich der Mann auf. Sein Gesicht war verzerrt, als er Enna anblickte, in deren blauen Augen die Angst zu lesen stand.
»Was ist passiert?« hauchte die Frau.
»Ich… ich erkläre es dir gleich. Hol bitte warmes Wasser, Pflaster und Verbandsmull.«
»Natürlich, sofort.« Enna verschwand. Sie polterte hastig die Treppe hinunter.
Der Maler ließ sich schwer auf einen Stuhl fallen. Sein Blick ging ins Leere, die Anspannung ließ ein wenig nach, und erst jetzt bemerkte er, wie hart ihn dieser unheimliche Vogel getroffen hatte. Sein Kopf schmerzte arg, die Wange brannte, und unter der Schädeldecke schien das Blut zu kochen. Strindbergs Mund verzerrte sich, als er auf seine Tochter schaute. Das Blut hatte inzwischen rote Flecken auf dem Kopfkissen hinterlassen. Der übrige Teil des Lakens war bleich wie das Gesicht der kleinen Sonja.
Konnte er seiner Frau die volle Wahrheit sagen? Lars überlegte hin und her. Eigentlich mußte er es tun, denn eine glaubhafte Ausrede fiel ihm beim besten Willen nicht ein. Er hoffte nur, daß Enna nicht durchdrehte. Sie kam zurück. Er hörte sie erst auf der Treppe, dann im Gang. Sie hatte heißes Wasser mitgebracht, Verbandsmull, Pflaster. Auch die Hausapotheke trug sie.
Enna stellte den Eimer neben das Bett und kniete nieder. Bevor sie anfing, die Wunden ihrer Tochter zu säubern, warf sie noch einen Blick auf Lars.
»Ich kümmere mich gleich um dich.«
Der Maler winkte matt ab. »Das hat Zeit«, murmelte er und verzog sein Gesicht, weil abermals ein stechender Schmerz seinen Kopf diagonal durchfuhr.
Enna kümmerte sich um das Kind. Sie tauchte einen Lappen in das Wasser und wusch behutsam um die Wunden herum das schon eingetrocknete Blut ab. Das Mädchen blieb bewußtlos. Allerdings stöhnte Sonja hin und wieder, dann sprach Enna beruhigend auf die Fünfjährige ein, obwohl sie eigentlich sicher war, daß Sonja sie nicht
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