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Saubere Verhältnisse

Saubere Verhältnisse

Titel: Saubere Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Farbe. Dunkelblau mit einer Ahnung lila. Einer Ahnung.«
    »Ahnung«, wiederholte der Mann mechanisch und streichelte den Arm seiner Frau, wie ein Reiter, der ein verängstigtes Pferd zu beruhigen versucht, aber selbst Angst hat.
    »Wie Samt«, flüsterte Vivianne mit überdeutlichen Lippenbewegungen. Sie war Yvonne so nahe gekommen, die Puderkörnchen im Flaum ihres Kinns zittern wie Läuseeier.
    »Samt«, murmelte der Mann.
    Yvonne nickte verwirrt.
    »Auf der Farbkarte sah sie so aus. Sehr schön. Aber als sie dann anfingen zu streichen …« Sie nahm Anlauf und sprach die Wörter einzeln aus: »Dann War Es Eine Ganz Andere Farbe! Und es war zu spät.«
    »Nein, es war nicht zu spät«, sagte der Mann betrübt. »Wir hätten sie stoppen können.«
    »Aber wir mußten doch erst eine größere Fläche sehen. Wir mußten doch einen Gesamteindruck bekommen«, lallte Vivianne, die nun nicht mehr deutlich sprechen konnte. »Und dann sagte Hasse, jetzt können wir nichts mehr sagen, sie haben schon soviel gestrichen. Wir hatten das Gerüst nur für eine Woche gemietet. Handwerker sind sauteuer. Es war zu spät.«
    »Nicht, wenn wir rechtzeitig was gesagt hätten, Vivianne«, sagte der Mann eintönig, als würde er etwas aufsagen.
    »Aber woher weiß man, wann rechtzeitig ist und wann zu spät?« jammerte Vivianne, und die Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Man gewöhnt sich daran«, sagte der Mann. Er lächelte Yvonne verkrampft an und zog dann sanft, aber bestimmt seine Frau an sich.
    »Wir werden es neu anstreichen, aber im Moment haben wir kein Geld«, schniefte die Frau aus seinen tröstenden Armen hervor, während der Zwergspaniel ihr eifersüchtig ins Schienbein schnappte.
    »Man gewöhnt sich daran«, wiederholte der Mann und strich ihr über den Rücken. »Man muß zu seinen Fehlern stehen.«
    »So schlimm sieht es nicht aus«, sagte Yvonne vorsichtig. »Ein bißchen lila muntert die Idylle hier draußen auf.«
    »Es ist nicht lila«, jammerte Vivianne.
    »Es ist pensee«, sagte der Mann schnell und nickte Yvonne überzeugend zu. »Pensee.«
    Sie nickte zurück und ging mit schnellen Schritten weiter.
    Ja, woher soll man wissen, wann man aufhören soll und wann es zu spät ist? dachte Yvonne. Wie groß muß die Fläche sein, die man sehen muß?
    Für Vivianne und Hasse war es offensichtlich zu spät. Sie gingen auf die sechzig zu und würden den Rest ihres Lebens in ihrem giftlila Haus verbringen und sich einreden, es sei penseefarben, und daß Vivianne mit Trinken aufhören würde und alles doch gar nicht so schlimm sei.
    War es zu spät für sie und Jörgen? Und wenn ja, seit wann?
    Sie hatten geglaubt, es würde besser, wenn sie ein Kind hatten. Daß die Beziehung stärker und tiefer würde. Dann glaubten sie, es würde besser, wenn Simon älter wäre und sie mehr Zeit füreinander hätten. Und dann, daß es besser würde, wenn sie genug Geld hätten und nicht mehr soviel zu arbeiten brauchten. Und jetzt? Worauf warteten sie jetzt?
    Yvonne konnte ganz genau sagen, wann sie angefangen hatte, Jörgen zu lieben, aber sie konnte nicht sagen, wann sie aufgehört hatte. Es war kein bestimmtes Ereignis, er hatte nichts gesagt oder getan. Die Liebe war dagewesen. Und dann war sie nicht mehr da. Sie hatte sich ganz unmerklich zurückgezogen, wie eine Jahreszeit. Plötzlich stellt man fest, daß es nicht mehr Sommer ist. Aber wenn man genau überlegt, war es nicht plötzlich. Man stellt fest, daß es so schon lange war, obwohl man es nicht bemerkt hat.
    Durch das Treffen mit Vivianne und Hasse hatte Yvonne weitere Informationen über den Vorort bekommen. Eigentlich sollte sie sich freuen. Aber es war ihr ziemlich gleichgültig.
    Yvonne spürte, daß der Vorort sie zu langweilen begann. Wie konnte das sein? Der Vorort war genau das gewesen, was sie in allen Situationen gebraucht hatte. Er hatte sie aufgemuntert, wenn sie müde und erschöpft war, und sie beruhigt, wenn sie gestreßt und verärgert war. Wenn sie sich nach ihrem Spaziergang ins Auto setzte und losfuhr, hatte sie sich immer erquickt gefühlt. Das war das Wort. Erquickung. Ein kühles Bad für die Seele.
    Aber das war jetzt nicht mehr so. Yvonne fand, alles wiederholte sich mit nur sehr kleinen Variationen. Sogar der Mann im Akeleiweg langweilte sie, seine Nacktheit und Pünktlichkeit faszinierten sie nicht mehr.
    Vielleicht war die Grundlagenforschung beendet? Vielleicht war es jetzt an der Zeit, sich zu spezialisieren. Vom Studium des Allgemeinen zum

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