Savannah
überhaupt von irgendeinem Nutzen sein sollte. »Bei Zeus und Jupiter«, fluchte sie. »Dass sie gleich niederkommt, kann doch der letzte Idiot sehen!« Sie machte eine Pause und suchte nach diplomatischeren Worten. »Sie braucht Hilfe bei der Geburt, Herr Doktor. Wir beide, Sie und ich, sind doch die Einzigen, die ihr diese Hilfe geben können. Ich flehe Sie an, mein Herr, Sie sind doch ein Christenmensch.«
Das Mädchen auf der Bank gegenüber biss sich fest auf die Unterlippe. Sie wimmerte und stöhnte und presste beide Hände fest auf ihren dicken Bauch. Sie sah so entsetzlich aus, wie sie sich fühlte.
Der Arzt seufzte tief und setzte sich aufrecht. »Wie heißen Sie denn eigentlich, mein Kind?«, fragte er rau aber herzlich. Sein freundlicher Ton bewirkte, dass Savannahs Achtung für ihn etwas anstieg - ein wenig zumindest.
»Mir... Miranda«, erwiderte die junge Frau. »Miranda Leebrook.«
Er griff nach seinem Köfferchen, setzte es auf die Knie und öffnete es. Er nahm eine Flasche und ein — erstaunlicherweise — sauberes Tuch heraus, um sich mit der Chemikalie die Hände zu säubern. »Woher kommen Sie und wohin wollen Sie?«, fragte er die Schwangere. »Soweit ich informiert bin, gibt es hier im Westen nur wenige Siedlungen.«
Savannah hatte den Eindruck, dass Miranda zu lächeln versuchte, aber es konnte natürlich ebenso gut ein Zucken ihres Gesichts gewesen sein, weil sie wieder von einer schmerzhaften Wehe gepeinigt wurde. »Mein Pa und ich hatten Streit wegen des Babys. Er hat mich aus dem Haus gejagt und ich wollte mein Glück irgendwo oben im Norden versuchen.«
»Was ist mit dem Vater des Babys?«, fragte der Doktor. Seine Stimme klang weder vorwurfsvoll noch anklagend. »Wo ist er?«
Tränen glitzerten in Mirandas ausdrucksvollen Augen.
»Der hat sich aus dem Staub gemacht und wird bestimmt nie wieder zurückkommen.«
Savannahs Herz zog sich zusammen, aber sie hatte in ihrem Leben schon so viele schreckliche Geschichten gehört, dass sie die Erfahrung gemacht hatte, dass es besser war, sich nicht zu sehr mit den Problemen anderer Menschen zu befassen. Deshalb sagte sie nichts, sondern hielt sich nur am Knauf ihres Sonnenschirmes fest, als die Kutsche wieder einmal durch eine Querrinne polterte.
Der Kutscher brachte die Pferde zum Halt, während der Arzt und die Patientin weiter redeten. Er, sanft und beruhigend, sie, atemlos und immer wieder gequält aufschreiend.
Der Rotschopf des jungen irischen Kutschers, dessen Gesicht von Staub bedeckt war, tauchte kopfunter im Fenster auf. »Gibt es hier etwa ein Problem, Ma'am?«
Savannah holte tief Luft, um sich zu beruhigen. »Ja«, sagte sie. »Einer von uns wird gleich ein Kind bekommen. Der Doktor ist auch auf die Geburt vorbereitet, aber es wäre sicher ganz hilfreich, wenn die Kutsche etwas ruhiger fahren und nicht in jedes verdammte Loch krachen würde!«
Der Kutscher grinste bedauernd und tippte mit den Fingern an seinen Hut, der schräg auf seinem Kopf saß. »Wir sind nur noch drei Meilen von der Springwater-Station entfernt, Ma'am. Sie liegt direkt auf der anderen Seite des Willow Creek.« Er deutete mit der Hand in westlicher Richtung. »Ich muss mich dran halten, da es bald dunkel wird, denn das ist keine Zeit, um in dieser Gegend noch unterwegs zu sein.«
Savannah war fuchsteufelswild. »Sehen Sie denn nicht, dass dieses Mädchen ...«
Der junge Mann schüttelte den Kopf und rückte seinen Hut zurecht. »Tut mir leid, Ma'am, aber Miss June McCaffrey drüben in der Station wird sich um alles kümmern. Wir müssen uns allerdings beeilen.« Damit schwang er sich auf den Kutschbock zurück und ließ die Zügel knallen. Ruckartig sprang die Kutsche an, nur um gleich wieder in ein Schlagloch zu krachen.
Der Doktor hatte inzwischen damit begonnen, seine Patientin sorgfältig zu untersuchen. Savannah schaute schnell zur Seite, aber nicht schnell genug. Sie sah, wie der Mann den Rock der Frau hochschob und mit seinen Händen ihren nackten Unterleib abtastete. Die Sache war ihr doch ziemlich peinlich. Sie hatte zwar nicht den besten Ruf, aber sie war bestimmt keine unmoralische Frau - und so etwas ging ihr doch nahe.
»Können Sie denn nicht noch mal mit dem Kutscher reden?«, fragte sie. Sie fühlte sich hilflos und hatte das Gefühl, dass ihre Ratschläge nicht gerade willkommen waren.
Der Doc zuckte kurz mit der Schulter. »Ich denke, dass sich der Mann nicht mehr umstimmen lässt«, meinte er und deckte Mirandas Schenkel wieder
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