Savannah
der ihr anfangs allerdings nur widerwillig geholfen hatte, oder Gottes Antwort war vielleicht die Tatsache, dass Miranda hier in der Springwater Station überhaupt Aufnahme gefunden hatte. »Es wird uns schon noch etwas einfallen«, sagte sie aufmunte rn d, obwohl Savannah sehr gut wusste, dass einer Frau nur wenige Wege offen standen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Frauen arbeiteten gewöhnlich als Lehrerin, aber selbst wenn diese Stelle in Springwater nicht schon mit Rachel, Treys Frau, besetzt gewesen wäre, lag es auf der Hand, dass Miranda für diesen Beruf alle Voraussetzungen fehlten. Frauen konnten natürlich heiraten, aber dazu musste eine Mutter mit einem unehelichen Kind, dem Bastard eines anderen, erst mal einen geeigneten Ehemann finden oder sie konnte als Hausmädchen arbeiten. Der Unterschied zu einer Ehefrau bestand im Wesentlichen darin, dass man die Angestellte für ihre Dienste bezahlte. Aber in Springwater und der näheren Umgebung gab es keine vornehmen Häuser, in denen Hausangestellte gebraucht wurden. Blieb Miranda wohl nur die Möglichkeit, in irgendeiner Form als Prostituierte zu arbeiten. Die meisten Menschen betrachteten auch Savannah als eine Art Dime, auch wenn sie noch nie für Geld mit einem Mann geschlafen hatte.
»Ich kann so hart wie jeder Mann arbeiten«, sagte Miranda eifrig. »Wenn mir nur jemand eine Chance geben würde...«
Savannah schaute zur Seite und biss sich auf die Unterlippe. Sie selbst könnte dem Mädchen ja eine Arbeitsstelle im Brimestone Saloon anbieten, wo sie die männlichen Gäste animieren und unterhalten müsste, aber damit würde sie der jungen Frau Sicher keinen großen Gefallen tun . Und was sollte dann aus dem Kind werden, das in so einer Umgebung aufwuchs? Sie zwang sich, Miranda wieder anzusehen. »Ich werde ein Bettchen für das Baby machen«, sagte sie, zog eine Schublade aus der Kommode, stellte zwei hochlehnige Stühle gegeneinander und platzierte auf die Sitzflächen die Schublade, die sie mit einer Decke und einem Betttuch auspolsterte. Danach nahm sie vorsichtig den schlafenden Jungen aus Mirandas Armen und legte ihn in das provisorische Bettchen. »So, das sollte fürs Erste genügen«, meinte sie. »Wie wollen Sie den Kleinen denn nennen?« Sie hoffte, dass Miranda ihn nicht gerade >Jack<, wie sein verschwundener Vater hieß, nennen würde.
»Ich möchte ihm einen schönen, alten biblischen Namen geben«, erwiderte Miranda, die sich in ihrem weichen Bett aufsetzte, wobei sie jedoch leise stöhnte. »Isaiah vielleicht oder Ezechiel.«
Savannah lächelte. »Soll ich Ihnen etwas zu essen holen? Mr. McCaffrey, der Stationsmeister, hat Huhn mit Klößen gemacht.«
Miranda schüttelte den Kopf und legte sich wieder leise stöhnend zurück. »Vielen Dank, Ma'am, aber im Moment will ich mich nur mal richtig ausschlafen.«
»Das ist sicher eine gute Idee«, meinte Savannah mitfühlend und ging zur Tür.
»Einen Moment noch bitte«, sagte Miranda, in deren Stimme eine Spur von Dringlichkeit mitschwang.
Savannah drehte sich um. Das Zimmer lag inzwischen in einem dämmerigen Zwielicht und wenig später würde es stockfinster sein. Sie nahm daher an, dass das Mädchen sie bitten würde, ihr eine Kerze oder eine Laterne zu bringen.
»Ich bin Ihnen sehr dankbar«, sagte Miranda leise. »Ihnen, dem Doktor und natürlich auch dem Kutscher. Ich schätze, Isaiah oder Ezechiel und mir würde es jetzt nicht so gut gehen, wenn Sie drei nicht gewesen wären.«
Savannah nickte nur kurz, denn sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Sie schlüpfte zur Tür raus, die sie leise hinter sich schloss.
»Sie machen einen ziemlich besorgten Eindruck«, bemerkte Jacob McCaffrey, als Savannah in die Große Halle der Station trat. Er stand mit dem Rücken gegen den Kaminsims gelehnt und schmauchte eine Pfeife. Die Kinder waren nirgends zu sehen und auch Dr. Parrish war verschwunden.
Wahrscheinlich saß er inzwischen längst im Brimestone Saloon, wo er sein letztes Geld in Whiskey umsetzte oder es beim Kartenspiel verjubelte.
»Ich mache mir Sorgen wegen Miranda«, antwortete sie offen, obwohl sie erst weiter in den Raum getreten war, damit die junge Frau im Zimmer sie keinesfalls hören konnte. »Sie hat keine Familie, die sich um sie kümmern könnte, und einen Mann hat sie natürlich auch nicht.«
»So etwas Ähnliches habe ich schon vermutet«, erwiderte Jacob, »aber ich bin sicher, dass meiner guten Miss June eine Lösung einfallen wird. Sie
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