Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
Zögern. Shorbo verstand. Sein Blick schweifte über den Platz. Er betrachtete die leeren Verkaufsstände der Händler, die sich am frühen Morgen wieder mit Leben füllen würden, hörte in der Ruhe das Rauschen des Meeres, das auf der westlichen Seite Comoértas begann. So voller Leben diese Stadt über den Tag war, umso tiefer und friedvoller wirkte sie des Nachts. Shorbo stützte das Kinn auf seine Hand, die die Spitze des Stabes umfasste, ehe er antwortete.
„Ihr habt recht, Savin versteht euch nicht. Ihn leiten die Elemente und alles, was darin zugrunde liegt. Die Elemente kennen keine Gefühle, sie sind einfach und somit ist er es auch, denn sie sind er und er ist sie.“ Eine Zeit lang sagte sie nichts. „Ist das sein Name? Savin?“, fragte sie schüchtern. Shorbo lächelte. „Aé Savinama, Savin hört er nicht so gerne.“ Ineana runzelte ein wenig die Stirn.
„Wie kann er etwas nicht gerne hören, wenn er Gefühle nicht unterscheidet?“ Arthol fand Ineanas Reaktion amüsant. Solche Fragen konnte nur seine Priesterin stellen. Auch Shorbo gefiel Ineanas Art.
„Oh, er empfindet schon, jedoch wie die Elemente. Es ist schwer zu erklären, denn wie soll man etwas in Worte fassen, für dessen Weite es keine gibt? Er ist ihr Mittelpunkt. In sich verbindet er jedes einzelne Element. Er ist ihr Gleichgewicht, alles was darin beginnt und endet.“ Nun starrte sie ihn erschrocken an. „Soll das heißen ...?“, stammelte sie ängstlich. Arthol atmete tief ein. Nun war er es, der ihre Frage beantwortete:
„Aé, Ineana, es ist jener Ecares Vigil, von dem ich dir erzählte. Der Eine, dessen Erscheinen wir niemals wünschen.“ Ihre Augen wurden groß, sie ängstigten sich. „Heißt das, er ist gekommen, weil unsere Zeit zu Ende ist?“ Shorbo erhob sich langsam. „Fürchte es nicht, junge Priesterin, noch haben wir Zeit und wir sollten diese Zeit nicht mit Angst verschwenden.“ Er strich ihr über die Wange und wischte eine letzte Träne fort. „Verletze dich nicht selber Ineana, ich weiß, dass du eine Familie hast. Konzentriere deine Energien wieder auf sie, denn die Seinen wären dir so verständnislos, wie ihm die Deinen. Er kann nur ein Spiegelbild deiner selbst sein. Nur das, was du gibst, zurückgeben.“ Damit lächelte er sie noch einmal an und ließ sie dann wieder alleine.
Doch nun war Ineana innerlich zerrissen.
Als sie sich auf dem Heimweg befanden, stand sie den halben Tag an Deck des Schiffes und betrachtete die See. Ihr aller Ende? Die Priesterin wollte es nicht akzeptieren. Es machte ihr Angst und das Schlimmste war, jeder riet ihr dem Wächter fernzubleiben. Sie selber hatte es ihm gesagt, dass er nicht mehr erscheinen soll, dass es nicht richtig war. Doch sie musste sich ihr tiefes Empfinden für den Wächter eingestehen. Wie konnte das geschehen? Sie war doch glücklich gewesen. Immer wieder sagte sich Ineana, dass sie ihn nie wieder sehen durfte. Ihr Herz schmerzte dabei. Ja, sie hatte sich verliebt. In seine Augen, seine Art, einfach alles, es war unglaublich, es tat weh. Wie nur sollte sie all dies vergessen?
Mit der Zeit schaffte es Ineana, sich so in die Arbeit zu stürzen, dass sie nicht dauernd daran denken musste. Zudem kamen die Meldungen, dass sich Natriell mit den Tendaren wieder im Krieg befand. Eine Jahrhundert alte Fehde zwischen den Magiern und jenen Menschen, die sich selber die Hexerei angeeignet hatten. Die Priesterin machte sich Sorgen um ihren Sohn, da er mit zu jenen gehörte, die das Land verteidigten und dann erreichte sie die Nachricht, vor der sie sich so fürchtete. Jeras war nach einem schweren Angriff verschwunden. Die Sorge um ihn machte sie fast wahnsinnig. Auch Failess und ihr Mann Bevorash konnten Ineana nicht beruhigen. Als an diesem Abend Arthol bei ihnen auftauchte, mit ernstem Gesicht, wollte sie seine Worte nicht hören.
„Geh weg. Er lebt, ich weiß, dass er lebt“, brüllte sie ihn an.
„Ineana, er ist seit einer Woche verschwunden, mach es nicht schwerer wie es ist.“ Wütend starrte sie Arthol an.
„Du willst ihn also aufgeben?“ Der Kreisführer seufzte.
„Ich kenne Jeras seit er zur Welt gekommen ist, denkst du wirklich, es fällt mir leicht?“
„Er ist nicht tot.“ Sie ballte die Hände zusammen. Ihr Mann fasste sie sanft bei den Schultern.
„Ineana, bitte ...“ Ruppig wehrte sie ihn ab und ihre Augen nahmen einen dunklen Zug an.
„Du bist sein Vater. Ich fühle in mir, dass er lebt, warum fühlst du es nicht?!“,
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