Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
schaute empor, streckte ihm den Kopf entgegen und als ihre Lippen die seinen berührten, konnte sie einen Schauder spüren, der nicht nur ihr eigenes Empfinden war, sondern noch etwas Anderes, unendlich Rätselhaftes.
„Was ist das?“, flüsterte er.
Er hatte die Augen geschlossen und man sah ihm an, dass er in sich selber nach Antworten suchte. Leicht strich ihr Atem über seine Haut. Ganz vorsichtig hob Savinama eine Hand und berührte ihr langes Haar. Mit geschlossenen Augen war ihr Geist so weitsichtig wie nie. Schien über die Sterne zu blicken wie ein tiefschwarzes Meer aus Träumen, über das man laufen konnte, dessen Wasser die Luft zum Atmen gab und sein Leuchten sie wie ein Mantel aus Wärme einhüllte. Bei allen Himmeln, war es das, was der Wächter war? Ein einziges Sein aus Geist und reiner Energie?
„Vertraut mir, Savinama.“ Etwas Neues streifte ihre Seele. Die Priesterin konnte dabei zusehen, wie sich jedes einzelne Armhaar aufstellte. Sie stöhnte. Es war so unglaublich intensiv. In seinen Augen sah sie, dass er nicht verstand was geschah, und das quälte ihn. Nein, es waren nicht nur ihre Gefühle. Die seinen waren rein und echt wie nichts, was sie bisher erlebt hatte, und sie konnte fühlen, wie er mit sich kämpfte, immer auf der Suche zu verstehen und fast schon daran verzweifelte.
„Es gibt Dinge, die man nicht mit Worten erklären kann, Ecares Vigil, doch es ist etwas besonderes, etwas ganz besonderes, wenn man den Mut hat, sich darin fallen zu lassen.“ Er wollte ihre Worte begreifen, doch dann tat er etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte.
Mit beiden Händen griff er plötzlich in ihr Haar und erwiderte ihren Kuss. Eine neue Welle durchfuhr sie und Ineana fand darin Leidenschaft. Sie lachte leise auf, als er ihre Schulter entlang strich, ihren Rücken berührte, als wollte er jeden Zentimeter von ihr Erfassen. Ineana fühlte, wie sich die Leidenschaft auf sie übertrug, oder war es ihre, die er übernommen hatte?
Ihre Haut prickelte unter seiner zärtlichen Berührung. Ineana drehte sich herum und lehnte sich an ihn. Spürte seinen Atem in ihrer Halsbeuge. Sie machte die Augen zu, seufzte leise auf. Fast unschuldig wirkte seine Nähe und doch weckte sie ungeahnte Sehnsucht im Inneren der Priesterin, ließ ihr Blut in den Venen wie einen Lavastrom anschwellen und die Vernunft vergessen. Ruhig nahm sie seine Hand und streifte mit ihm zusammen den Stoff ihres Kleides von den Schultern.
„Non ver?“ Seine Frage war kaum zu hören.
„Ich weiß es nicht“, war ihre Antwort. Sie löste vorsichtig das Band aus dem Ornament an seinem Hals, lächelte ihn noch einmal an und sah die Frage.
„Fühlen …, Leben fühlen“, flüsterte sie. Seine Hände taten so gut und als sie Savinama hinunterzog, ließ er es zu. Ihre Ströme verbanden sich erneut miteinander und keiner von beiden suchte mehr die Antwort auf etwas, wofür es keine gab.
* Ehre Eurem Weg
7.
Ineana bewegte sich leicht. Sie spürte die ersten Sonnenstrahlen auf der Haut und um sie herum erklang fröhliches Vogelzwitschern. Vorsichtig blinzelte sie und im nächsten Moment versteckte sie sich unter dem weichen Stoff, der sie bedeckte. Er roch gut und tief grub sie ihr Gesicht hinein. Sie öffnete die Augen und sah, dass es der weiße Mantel des Wächters war. Sie atmete seinen Duft ein und fühlte einen neuen Schauder über ihren Rücken jagen.
Sie setzte sich auf. Der See lag wie ein Spiegel vor ihr, schien sie heute tiefer wie sonst zu erfassen. Der Wind fühlte sich näher an, und sie konnte ein leises Wispern hören. Ganz langsam stand sie auf. Den Mantel bis zur Brust hochgezogen, das lange schwarze Haar ergoss sich wie ein Stück Nacht über Ihren Rücken. Niemals war sie so ruhig gewesen wie heute, niemals so in sich gekehrt und zufrieden.
Sie dachte an ihre Familie und seltsamerweise fühlte sie kein schlechtes Gewissen, sondern allein Wärme. Kein Gut, kein Falsch. Alles war ein Teil des Ganzen, so wie das Leben und der Tod. In diesem Moment gab es keine Fragen, keine Antworten. Nur sie und die Ewigkeit.
„Timadenara, Arthol.“
Der Kreisführer Liyiells blickte langsam auf. Das lange, schwarze Haar rutschte über seine Schultern, als er sich aufrecht hinsetzte. Schweigend betrachtete er die Priesterin, wie sie vor ihm stand. Die ganze Nacht hatte er hier draußen vor dem Haus auf dem alten Baumstamm gesessen und auf Ineana gewartet.
Er hielt ihr seine Hand hin. Die Priesterin erfasste sie und ließ sich
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