Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
Hand fast hätte fallen lassen.
„Bei allen Himmeln.“ Kurz zögerte der Kreisführer Natriells und strich dabei mit der linken Hand immer und immer wieder durch seinen langen, weißen Bart. Dann endlich legte er sie gegen die Brust und verbeugte sich ebenso.
„Timadenara, Ineana.“
Sie nickte bedächtig und der Magier fühlte die Anwesenheit von etwas Uraltem, Vertrautem. Shorbo trat auf sie zu. Seine Finger berührten den weichen Stoff des Mantels, den sie trug, schaute in ihre Augen, die einen leichten bernsteinfarbenen Ton angenommen hatten.
„Das ist nicht möglich. Was ist nur geschehen?“ Arthol lachte leise bei der Frage seines Freundes.
„Nicht möglich? Du siehst doch den lebenden Beweis vor dir, Shorbo. Meine Priesterin ist mit dem Wächter eine Verbindung eingegangen und auf dem Weg hierher hatte ich eine sehr unliebsame Begegnung mit Teradedé, also sag mir nicht, es ist nicht möglich. Oder ich habe neuerdings Halluzinationen. Aber dass ausgerechnet du keine Antworten weißt …“
„Mach dich nicht lustig über mich.“
„Würde ich nie machen.“
Arthol ließ sich müde in einen der Sessel fallen. Die lange Nacht machte sich langsam bemerkbar.
„Geh schlafen, Ineana.“ Die Priesterin nickte abwesend, wandte sich ab und ging hinaus. Shorbo gesellte sich zu Arthol und ließ sich neben ihm nieder.
„Das ist verrückt.“
„Meinst du nicht, das ist ein bisschen viel für ein Spiegelbild?“ Der Magier schüttelte sein ergrautes Haupt.
„Nein, denn sie trägt einen großen Teil der Ströme des Wächters in sich. Das kann sie nicht alleine bewirkt haben, ich fürchte nur mehr die Auswirkungen.“
„Du lebst doch auch hier, Shorbo, und niemand wusste bisher, dass du ein Wächter bist. Deine Art ließ auch nicht darauf schließen.“ Shorbo schmunzelte.
„Naé, denn ich bin wirklich nur ein Wächter und schon lange Teil eures Lebens. Aber er nicht! Verstehst du, Arthol? Savinama kann und darf niemals unter uns leben. Er ist nicht „EIN“ Wächter, er ist „DER“ Wächter. Und doch spricht alles in mir noch immer davon, dass es die Energien deiner Priesterin sind, die ihn dazu verleiteten hierherzukommen, auch wenn ich es noch immer nicht verstehe.“
„Und was wird nun?“
„Wir werden sehen, ob es wieder vergeht, was anderes können wir derzeit nicht tun.“
Arthol schwieg und seine Augen schweiften in die Ferne. Er musste lächeln. Vielleicht war ein neuer Weg möglich? Doch dann dachte er an Ineanas Familie. Sie war gebunden, man würde sie verstoßen, wenn es bekannt wurde.
Als habe Shorbo seine Gedanken gelesen, sagte er nun:
„Niemand darf davon erfahren, hörst du? Die Wächter sind eine Legende und sollten es weiterhin bleiben. Wir sind nicht die, die diese Welt beeinflussen. Keiner von uns. Wir sind nur ein Teil davon.“ Arthol stützte den Kopf auf die Hände, während ihm das lange schwarze Haar über die Schultern rutschte. Shorbo erkannte, dass er dem Feuer nur knapp entkommen war, denn seine Haaransätze waren leicht verschmort.
„Das widerspricht sich doch selber. Einerseits sagst du, ihr mischt euch nicht in unser Leben ein, doch im selben Atemzug wissen wir, dass der Vigil das Ende unserer Welt bedeutet. Davon abgesehen, dass ihr euch bereits in der Vergangenheit eingemischt habt.“ Shorbo schloss müde und mit einem Lächeln die Augen.
„Wir sind, Arthol. Wir wollen nicht. Wir verlangen nicht. So selbstverständlich wie ein neuer Stern, der geboren wird. Wir haben damals gehandelt, ja. Doch wir haben unsere Strafe dafür erhalten.“
„Aé, doch was bedeutet das Erscheinen von Terededé?“ Hierauf bekam Arthol keine Antwort mehr.
Ineana schlief tief und traumlos wie niemals zuvor. Es dauerte einige Tage, ehe ihr eigenes Sein zurückkehrte und ihre Augen nur noch einen matten goldfarbenen Glanz besaßen. Arthol verbrachte jeden Tag viele Stunden mit ihr. Bei langen Spaziergängen schwiegen sie oder philosophierten bis tief in die Nacht über viele Dinge. Erst als ihre Augen verrieten, dass die Ströme des Wächters gewichen waren, sprach er sie darauf an. Ineanas Gesicht bekam eine leichte Röte.
„Arthol bitte.“
„Du brauchst dir keine Sorgen machen, dein Geheimnis wird nicht weitergegeben werden, doch was wird nun?“ Sie seufzte als trage sie eine schwere Bürde.
„Ich denke nicht, dass dies noch einmal geschieht. Ich habe eine Familie und gestern erhielt ich Nachricht, dass Jeras sich von seinen Verletzungen soweit erholt hat und
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