Savoir-vivre mit Hindernissen
Naturgrundstück groß. Beide Häuser verfügen bereits über Elektrik, Wasser und Heizung. Der Rest sollte für Charlotte Talbach doch ein Kinderspiel sein. Noch bevor wir in Richtung Flughafen Nizza starten, halte ich noch einmal an den Bauten an und fotografiere Häuser und Grundstück aus allen Ecken und Winkeln. Vergiss es Kapellmann! Hier werde ich wohnen. Zusammen mit Martin. Meinem geliebten Riesen. Oh, meine Güte. Ich kann es kaum erwarten, ihm davon zu berichten.
Ich lasse Anja nur kurz aussteigen. Danach fahre ich wie auf Speed nach Hause. Es brennt noch Licht, obwohl es schon auf Mitternacht geht. Martin liegt schlafend auf dem Sofa und der Fernseher läuft. Ich stelle den Ton aus und setze mich behutsam auf die Kante. Als er die Augen öffnet, falle ich ihm sofort um den Hals. Ich ignoriere den Schreck, den er bekommen hat und juche gleich los.
»Ich hab’s, Martin. Ich hab das Paradies für uns gefunden. Wir dürfen keine Zeit verlieren, sondern müssen sofort handeln.«
»Guten Abend, Lotte. Danke, dass du mich gerade zu Tode erschreckt hast.«
»Tut mir leid. Das war ganz und gar nicht meine Absicht, denn ich brauche dich lebendig. Quietsch lebendig. Komm bitte und stehe auf. Ich habe Wichtiges mit dir zu besprechen.« Ich koche Kaffee und Tee und zeige die Unterlagen, die Fotos und warte auf sein »Hurra!«. Aber Martin gibt sich bedächtig. Er mag keine Schnellschüsse und findet, wir sollten wohlüberlegt handeln.
»Ich will dieses Anwesen. Unbedingt! Fast genauso sehr, wie ich dich damals wollte.« Endlich habe ich ihn soweit und er stimmt zu, übermorgen mit mir nach Frankreich zu fliegen.
»Du wirst begeistert sein und es lieben, genau wie ich. Keine Nachbarn. Kein King Kong. Kein Lärm. Es dürfen keine weiteren Häuser gebaut werden. RUHE! Endlich ungestört leben. Und bei der Innenausstattung brauchen wir keine Kompromisse einzugehen. Wir können alles nach unseren Wünschen gestalten.«
»Kann man zwischen den Bäumen eine Hängematte spannen? Davon habe ich immer geträumt.«
»Du bekommst deine Hängematte, Liebling. Und wenn ich sie selber knüpfen muss.«
Auch 36 Stunden später sprudel ich noch immer vor Begeisterung über. Während des Fluges und auf der Fahrt, die uns direkt zum Anwesen führt, ohne dass wir uns zuvor bei Christopher melden, schwärme ich und überschütte Martin mit Ideen. Ich kann das Haus schon fertig eingerichtet vor meinen Augen sehen. Martin nicht. Fast entsetzt sagt er, dass die Häuser ja noch im Rohbauzustand sind.
»Ich dachte, du wolltest aufs Meer blicken können.«
»Wir schauen auf die Weite der Weinfelder. Das ist doch auch schön. Außerdem ist es hier viel milder als direkt am Wasser. Und in zehn Minuten können wir am Strand sein.«
»Lotte, im Ernst, sehr repräsentativ ist es nicht.«
»Repräsentativ? Es ist ideal, Martin. Ich will keinen Prunkpalst auf drei Etagen. Wer soll denn so ein 400 qm Haus sauber halten. Etwa ich? Ich hasse Hausarbeit! Dieses Haus hat genau die richtige Größe für uns. Und wenn wir Besuch bekommen, dann wohnen unsere Gäste in einem eigenen Pavillon. Denk doch auch mal an die Zukunft. Wir werden nicht jünger und im Alter sind wir bestimmt froh, wenn wir keine Treppen mehr steigen müssen. Wie viele Argumente brauchst du denn noch, um endlich überzeugt zu sein?«
»Ach, Lotte. Ich nehme dich doch nur hoch. Du hattest mich doch schon in Hamburg überzeugt. Es ist so amüsant, zu sehen, wie sehr du dich für eine Sache ins Zeug legst. Dabei könnte ich dir stundenlang zusehen.«
»Du findest es also schön?«
»Schön? Es ist ein Juwel. Aber ich werde nicht blind unterschreiben. Im Französischen Vertragsrecht kenne ich mich nicht aus. Deshalb habe ich meinen Bruder gebeten, die Formalitäten zu übernehmen. Sicher ist sicher.«
Den Stier bei den Hörnern packen
Martin und Christopher haben einen Notar Termin in Bremen. Ich habe einen in Hamburg, denn Sören wurde von mir zum neuen Geschäftsführer ernannt. Er wird sich gewissenhaft und engagiert um mein Geschäft kümmern, während ich unsere »Rohbauten« in ein bezugsfertiges Zuhause verwandeln werde. Bis Ostern wohne ich bei Nicole und Chris im Hotel. Bis dahin sollte zumindest der Pavillon bewohnbar sein. Mit Glück wird alles zu meinem Geburtstag fertig sein und wir können den ersten Sommer in unserem neuen Domizil genießen.
Obwohl ich bekanntlich sehr lärmempfindlich
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