SB 122 – Gefangene der SOL
obwohl es erst kurz vor elf Uhr war. Sonst pflegte vor zwölf Uhr niemand zu kommen.
Ein junger Arzt trat ein und blickte ihn freundlich an. »Du hast Besuch, Bruke«, sagte er.
»Schon wieder? Wer ist es dieses Mal? Perry Rhodan? Oder vielleicht Bully? Den hätte ich gern kennengelernt. Kannst du ihm das ausrichten? Auch gegen Julian Tifflor hätte ich nichts einzuwenden. Oder hat der Erste Terraner zu viel zu tun?«
Der Arzt ging lächelnd über die aggressiven Äußerungen Tosens hinweg. »Nichts in dieser Richtung«, antwortete er. »Du hast weiblichen Besuch.«
Bruke Tosen stutzte. Er konnte sich nicht denken, welche Frau zu ihm kommen sollte. Er kannte lediglich eine Ärztin aus der Klinik, nur besuchte sie ihn nicht, sondern nahm höchstens einige Tests mit ihm vor.
»Das muss ein Irrtum sein«, sagte er abweisend. »Ich kenne keine Frau.«
»Lass dich überraschen.« Der Arzt lächelte.
»Was ist das für ein Trick?«, fragte Tosen ärgerlich. »Was wollt ihr damit erreichen?«
Der Arzt verließ den Raum. Die Tür blieb offen. Eine schlanke, ungewöhnlich gut aussehende junge Frau trat ein.
»Amby«, stammelte Tosen überrascht. »Amby Törn. Wie kommst du hierher?«
»Ich habe dir doch auf Jarvith-Jarv gesagt, dass ich kommen würde«, erwiderte sie.
Verlegen stand sie ihm gegenüber. Zweifellos hatte sie erwartet, dass er sie in die Arme nehmen würde, um sie zärtlich zu begrüßen. Doch er dachte nur darüber nach, wie es möglich war, dass sie die weite Reise gemacht hatte. Der Ausdruck der Verwunderung wich aus seinem Gesicht, und seine Augen verengten sich. Voller Argwohn blickte er die junge Frau an. Er vermutete eine Falle hinter ihrem überraschenden Besuch.
»Wer hat dich bestochen?«, fragte er heftig. »Die Hanse hat dir die Reise bezahlt, um mir eine Falle zu stellen.«
Amby Törn überwand ihren aufkommenden Ärger. Sie ging zu ihm und schlang die Arme um seinen Nacken, aber Tosen wandte den Kopf zur Seite, dass sie ihn nur auf die Wange küssen konnte. »Du Dummer«, flüsterte sie. »Niemand hat mir etwas gegeben. Auch sonst hat keiner etwas damit zu tun, dass ich hier bin. Ich habe gespart und meinen Anteil an der Wohnung verkauft, um die Reisekosten aufbringen zu können. Das ist alles. Nun bin ich hier. Ich möchte dir helfen.«
Er löste ihre Arme von seinem Nacken und schob sie mit sanftem Druck von sich. »Das soll ich dir glauben?«
»Ja – warum nicht? Es ist die Wahrheit.« Amby blickte ihn ängstlich an. »Erinnerst du dich nicht daran, dass ich dir versprochen habe, zur Erde zu kommen?«
Bruke Tosen setzte sich auf einen Stuhl. »Ja, du hast so etwas gesagt«, entgegnete er ohne großes Interesse.
Amby Törn ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. »Wie geht es dir?«, fragte sie.
Ihm gefiel, dass sie sich für ihn interessierte, wenngleich sie ihn ansonsten völlig kaltließ. Er empfand nichts für sie, und dass sie ihm gefolgt war, ließ den Abgrund zwischen ihnen eher noch größer werden. Mit dem Geschenk, das sie ihm durch ihr Entgegenkommen brachte, konnte er nichts anfangen.
»Es geht mir eigentlich gut«, antwortete Tosen. Im nächsten Moment sprang er auf und rückte der Frau einen Stuhl zurecht. »Setz dich. Bitte.« Er schaute sie an, als sehe er sie zum ersten Mal, und ihm fiel auf, wie hübsch und ausdrucksvoll ihr Gesicht war.
»Natürlich ist nicht wahr, was sie mir vorwerfen«, erklärte er, als Amby Törn seiner Aufforderung gefolgt war und Platz genommen hatte. »Ich bin kein Agent oder so was Ähnliches. Das haben sie einfach aus der Luft gegriffen.«
»Aber auf Jarvith-Jarv ...«, begann Amby, doch er winkte ärgerlich ab, als zählten die Ereignisse auf ihrem Heimatplaneten nicht.
»Ich habe lauter prominente Leute kennengelernt«, berichtete er voller Eifer und Stolz. »Sogar Perry Rhodan war hier bei mir in diesem Zimmer.«
Amby Törn hatte die seltene Gabe, zuhören zu können. Und sie ließ Bruke Tosen reden. Er erzählte ihr von den vielen Begegnungen mit den Mutanten, wobei er besonders jene mit Mausbiber Gucky hervorhob, und von den Gesprächen mit Perry Rhodan und anderen wichtigen Leuten der Kosmischen Hanse.
Je länger er sprach, desto deutlicher wurde Bruke Tosen sich bewusst, dass er ein recht wichtiger Mann war, da sich so viele Persönlichkeiten um ihn bemühten. Es gefiel ihm, das vor Amby Törn herauszustreichen. Sie sollte denen auf Jarvith-Jarv ruhig erzählen, welchen Weg er gegangen war. Alle sollten wissen,
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