SB 122 – Gefangene der SOL
hatte.
Er selbst, stellte Surfo Mallagan fest, verkörperte die schwarze Dame. Das bedeutete, dass er zwar nicht die wichtigste, aber die stärkste Figur seiner Partei war.
Sein Blick wanderte schräg nach unten, und zu seiner Überraschung sah er, dass der weiße König bereits einen Stellungswechsel vollzogen hatte. Im gleichen Augenblick erkannte er die Gestalt in ihrem aufwendigen Flattergewand. Es war Doevelynk.
Nachdem er den Martha-Martha-Meister erblickt hatte, bestand für Surfo Mallagan kein Zweifel, dass der Tart sein gefährlichster Gegner war. Der Betschide bedauerte, dass er sich nie intensiver mit dem Spiel der Tarts befasst hatte, denn zwischen Martha-Martha und Schach gab es offensichtlich eine große Ähnlichkeit.
Vor Mallagans Augen drehte sich alles, er drohte von einem Schwindelanfall übermannt zu werden. Wenn es ihm nicht gelang, das Spiel bald zu beenden, würde er es nicht durchstehen.
Wie kam es, dass die Tarts ein Spiel entwickelt hatten, das dem Schach so sehr glich? War es zwangsläufig, dass mathematisch begabte Wesen solche Spiele erfanden? Oder, Mallagan stockte der Atem, war es lange, bevor die Tarts in das Herzogtum von Krandhor integriert worden waren, zu einer Begegnung zwischen ihnen und Besatzungsmitgliedern der SOL gekommen?
Er ballte die Hände zu Fäusten, bis es schmerzte. Wenn er dies alles nur als freier Mann erlebt hätte und nicht als Marionette der Bruderschaft! In seiner jetzigen Situation erschien es ihm unverständlich, dass er jemals mit der Bruderschaft sympathisiert hatte. Ihre Ziele mochten verständlich sein, aber ihre Methoden waren unmenschlich.
Beinahe teilnahmslos registrierte Mallagan die nächsten Bewegungen der gegnerischen Partei.
Die Figuren operierten mit den gleichen Zügen wie beim zweidimensionalen Schach. Hinzu kam lediglich die Möglichkeit, sich zwischen den vier Ebenen zu bewegen. Ein Turm konnte linear auf der Ebene ziehen, auf der er stand, aber er konnte außerdem in einer räumlichen Säule nach oben oder unten gehen, je nachdem wo er sich befand. Eigene Figuren bildeten für den Turm dabei ein ebenso unüberwindliches Hindernis wie beim normalen Schach, gegnerische Figuren in diesem Bereich konnten geschlagen werden.
Mallagan war sicher, dass derjenige der sechzehn Kandidaten gewinnen würde, der die Konzeption zuerst erfasste und sich entsprechend verhielt. Dabei spielte es keine Rolle, welchen Offizier dieser Teilnehmer darstellte. Mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten konnte er unter den gegebenen Umständen eine Entscheidung herbeiführen.
Ich sollte einen entsprechenden Test machen, dachte Mallagan. Den schwarzen Offizieren war er weit voraus. Es konnte sein, dass die Chancen der sieben anderen damit bereits aufgebraucht waren.
Auf der Gegenseite konnte es sich nur ähnlich verhalten. Einer der acht weißen Offiziere würde die Konzeption zuerst begreifen und dadurch einen Gesamtüberblick erlangen. Womöglich war dies schon geschehen.
Mallagan zuckte zusammen. In diesem zweiten Stadium des Spiels gab es eigentlich nur noch zwei Kandidaten: einen schwarzen und einen weißen Offizier.
Das Spiel war in Wirklichkeit ein Zweikampf. Wer ihn für sich entschied, war der eigentliche Sieger.
Mallagan holte tief Atem. Der weiße König – Doevelynk. Der Tart war Mallagans Gegner!
13.
Der Tag neigte sich dem Ende zu. Regenschauer prasselten auf den Ednuk und das würfelförmige Gebäude nieder. Die Wachen patrouillierten geduldig rund um den Ednuk, obwohl es kaum Bürger von Couhrs-Yot gab, die sich dem Platz zu nähern versuchten.
Ab und zu verschwanden die Polizisten in ihren kuppelförmigen Unterkünften, um sich aufzuwärmen. Brether Faddon, der neben Scoutie durchgefroren und mit klammen Händen unter dem Vordach stand, beneidete die Mitglieder der Schutzgarde deshalb. Schließlich zeigte Carzykos Mitleid mit den beiden Betschiden und brachte ihnen zwei Becher mit einem warmen Getränk.
»Wie lange wird es noch dauern?«, fragte Scoutie den alten Tart.
»Das Ende des Spiels ist zeitmäßig nicht fixiert«, antwortete Carzykos. »Es kann in den nächsten Minuten vorbei sein, aber ebenso gut noch den nächsten Tag andauern.«
Faddon und die junge Frau wärmten sich die Hände an den Bechern.
»Surfo wird das nicht überstehen«, befürchtete Scoutie. »Wenn ich nur daran denke, in was für einem Zustand er war, als wir uns trennten.«
Faddon nickte langsam. »Ich wünschte, wir könnten etwas für ihn
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