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Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Baraldi
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der obere Bereich off-limits . Ein rotes Samtband, das von einem Ende zum anderen gespannt ist, versperrt den Zugang. Und als würde das nicht genügen, hängt da auch noch ein handschriftliches Plakat: ZUTRITT VERBOTEN. Deutlicher kann man es wohl nicht ausdrücken …
    Was ist wohl so Besonderes an den Büchern, dass sie dort oben aufbewahrt werden? Ich versuche, einen Blick auf sie zu erhaschen, als eine Stimme hinter mir ertönt und mich zusammenfahren lässt.
    »Eigentlich weiß man nur, wenn man wenig weiß; mit dem Wissen wächst der Zweifel.«
    »Goethe!«, rufe ich begeistert aus.
    »Ich verneige mich vor Ihrer Bildung, Mademoiselle«, sagt der Unbekannte, ein hochgewachsener, schlanker Mann mit leicht gebeugtem Gang. Die randlose Brille auf seiner Nase kann das Funkeln seiner meerblauen Augen nicht verbergen. Er trägt ein blassgelbes Hemd und eine lachsfarbene Fliege um den Hals. Sein silbergraues Haar und die tiefen Falten in seinem Gesicht bilden einen Gegensatz zu dem kindlichen Lächeln, das seinen Ausdruck belebt.
    Er ist mir auf den ersten Blick sympathisch, und so gebe ich freimütig zu: »Eigentlich hat das gar nichts mit Bildung zu tun. Vor ein paar Jahren hat mir meine Großmutter ein Buch mit Aphorismen geschenkt. Die habe ich auswendig gelernt für peinliche Momente. Wenn man schüchtern ist, ist es nämlich gar nicht leicht, im passenden Moment immer den richtigen Spruch parat zu haben.«
    Er biegt sich vor Lachen.
    »Edoardo, Bibliothekar aus Leidenschaft«, stellt er sich vor, nachdem er seine Fassung wiedererlangt hat. »Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis«, fährt er bedeutungsvoll fort. »Ich bin fast so alt wie die Bücher, die im ersten Stock aufbewahrt werden.«
    »Ach, genau, die Bücher. Kann man die nicht einsehen?«
    »Oh nein, dafür braucht man eine Genehmigung. Das sind alte Handschriften aus dem Bestand des Klosters, das einst an dieser Stelle stand. Das Mobiliar dort oben gehört zu dem wenigen, was den Umbau überlebt hat.« Bitterkeit schwingt in seiner Stimme mit. »Die Gegenwart missachtet oft die weise Stimme der Vergangenheit und zieht es vor, ihre mahnenden Appelle zu übergehen, anstatt sie zu beherzigen.« Während er das sagt, berührt er mit der Daumenspitze den goldenen Ring, der an seinem linken Ringfinger glänzt. Es ist eine Art Wappen. »Im Archiv der Schule werden alte Fotografien aufbewahrt, auf denen man sieht, wie es hier früher einmal ausgesehen hat. Aber ich merke, dass deine Augen schon auf der Suche nach anderen Geschichten sind.«
    Oh Mann! Dem entgeht aber auch gar nichts. »Ja, ich habe gerade Ihren Ring bewundert. Er ist sehr eigenartig«, sage ich und kann nicht verhindern, dass ich dabei erröte.
    »Das ist eine Balzana. Das alte schwarz-weiße Wappen, das Symbol von Siena. Oder besser gesagt, eines der Symbole, denn da gibt es noch die Wölfin, die die Zwillinge säugt, genau wie in Rom. Der Ring war das Verlobungsgeschenk meiner Frau. Ein Stück aus dem vorigen Jahrhundert … Und übrigens, du kannst mich gerne duzen.«
    Ich lächle. Ein wirklich sympathischer Mensch. »Und worum geht es in den alten Handschriften?«
    »Um das Leben, um das alte Wissen, um Geschichte. Früher konnten sich nur wenige Bildung leisten, sie war längst nicht allen zugänglich. Wissen ist und bleibt das wertvollste Gut auf der Welt, weil es uns Freiheit schenkt. Die Mönche zählten zu den wenigen, die dieses Privileg genießen durften.«
    Meine Augen wandern wieder zur Wendeltreppe, die ich nicht betreten darf. Was würde ich dafür geben, ein Stückchen Geschichte in Händen zu halten!
    »Ich werde öfter hierherkommen. Lesen ist für mich so wichtig wie essen, schlafen und atmen. Ich weiß, das klingt etwas übertrieben. Meine Mutter sagt immer, dass ich in der falschen Zeit geboren wurde, weil ich alles zu intensiv erlebe, auch die kleinste Kleinigkeit kann für mich ein Drama sein. Vielleicht hat sie gar nicht mal unrecht, ich hätte mich zur Zeit von Baudelaire wesentlich wohler gefühlt. Langweile ich dich?«
    »Du könntest mich niemals langweilen, wenn du über Bücher sprichst. Apropos, du hast mir immer noch nicht deinen Namen verraten, neugieriges Mädchen.«
    »Scarlett«, antworte ich. »Ich finde Fliegen toll«, füge ich hinzu und zeige auf seinen Hals.
    Er bricht wieder in schallendes Gelächter aus, und ich denke, dass es leicht sein wird, sich mit diesem Mann anzufreunden, der in einer Fantasiewelt zu leben scheint, mitten zwischen den

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