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Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Baraldi
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beurteilen würde.
    Livio hat sich von Unterrichtsbeginn an immer abseitsgehalten, daher habe ich ihn als Erste angesprochen, was ich normalerweise nie tue. Ich habe versucht, freundlich zu ihm zu sein, obwohl er so ein merkwürdiges T-Shirt trägt. Ständig wurden meine Augen von der Aufschrift in riesigen Großbuchstaben angezogen: I’M AN ONLY CHILD …
    »Ach, du bist also Einzelkind?«, habe ich gefragt, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
    Er schien überrascht und starrte mich nur mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck an. Daher habe ich auf sein T-Shirt gezeigt.
    »Ach so …« Er hat ein paar Sekunden überlegt und dann geantwortet: »Ja.«
    »Das ist also auch dein erster Tag«, habe ich hastig weitergeredet.
    »Ja.« Mein guter Wille stand in offensichtlichem Gegensatz zu seiner Unfähigkeit, eine Unterhaltung aufrechtzuerhalten. Daher habe ich aufgegeben, ihn nur noch angelächelt und den Daumen gehoben, um auszudrücken: »Das wird schon!« Darauf hat er als Antwort ebenfalls den Daumen hochgestreckt und mir den Rücken zugedreht. Erst da habe ich bemerkt, dass die Schrift auf der Rückseite des T-Shirts weiterging: … I KILLED MY BROTHERS.
    Da musste ich laut lachen. T-Shirt hin oder her, ich verstehe Livio und kann mir vorstellen, wie einsam er sich fühlen muss.
    Wir sitzen unter einer großen Eiche und genießen die Pause. Der Baum ist riesig und hat eine mächtige Krone, seine dicht belaubten Äste hängen tief herunter und hüllen uns ein wie ein Vorhang aus grünen Haaren. Genziana isst irgendetwas Undefinierbares aus Soja, Caterina und ich haben uns einen süßen Snack aus einem der Automaten gezogen. Meiner schmeckt gar nicht mal schlecht, er ist weich und mit Kirschmarmelade gefüllt.
    »Diesen Sommer habe ich einen Jungen kennengelernt.« Genziana lächelt anzüglich, beißt sich auf die Lippen und pickt mit dem Zeigefinger die Krümel ihres Imbisses auf. »Er heißt Elia und kommt aus der Schweiz. Blond, blaue Augen, also genau mein Typ. Wir haben uns auf einem Strandfest kennengelernt, in dem Strandbad neben dem FKK-Strand.« Hier unterbricht sie ihre Erzählung und lächelt wieder so anzüglich.
    »FKK? Also so ein Strand, wo man ohne …« Caterina wird rot und beendet ihre Frage nicht.
    »FKK wie Freikörperkultur. Wir kommen nackt auf die Welt, und es ist nichts Schlimmes an der Harmonie eines menschlichen Körpers. Erst seine Kommerzialisierung durch die Medien führt zu einer verzerrten Wahrnehmung von Nacktheit.«
    »Kann schon sein, aber ich schäme mich sogar im Badeanzug. Da muss man schon sehr selbstsicher sein, um sich so zu zeigen, wie Mutter Natur einen geschaffen hat.«
    »Das kommt alles nur daher, weil alle einem perfekten Ideal nachstreben, das im Fernsehen und in den Hochglanzmagazinen präsentiert wird. Dieses Modell will die Originalität und die typischen Eigenheiten von jedem von uns einebnen, um Schönheit auf ein einziges Raster zu reduzieren: große Titten, pralle Lippen und eine kleine Nase. Und außerdem habe ich bloß gesagt, dass es in der Nähe von einem FKK-Strand war, und dann ist die Fantasie mit euch durchgegangen.«
    »Meine Fantasie ist heute Vormittag schon genug strapaziert worden und hat sich daher keinen Zentimeter von der Stelle bewegt«, meine ich dazu.
    Da müssen wir alle gemeinsam lachen. Genziana hat recht: Wie gern wäre ich zufrieden mit meinem Aussehen, wie gern würde ich mich voll und ganz so akzeptieren, wie ich bin, und meine Unvollkommenheiten einfach ignorieren.
    »Aber jetzt wieder zu Elia. Supersüß, intelligent. Das war Liebe auf den ersten Blick. Glaubt ihr an die Liebe auf den ersten Blick?«, fragt Genziana verträumt.
    »Ich glaube eher an ein Gefühl, das jeden Tag wächst, und zwar mit gegenseitiger Achtung und Respekt. Für mich muss Liebe nicht unbedingt mit Aufregung und Gefühlsstürmen einhergehen; ich sehe sie eher wie ein Nest, in dem man sich wohlfühlen kann, sicher, beschützt und geliebt«, sagt Caterina.
    »Wenn es so wäre, würde das ja bedeuten, dass du dir den Mann zum Lieben mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen aussuchst.«
    »Wenn ich es mir wirklich aussuchen könnte, wen ich lieben möchte, würde ich nicht ein Jahr darauf warten, von jemandem bemerkt zu werden, dem anscheinend noch nicht mal aufgefallen ist, dass ich ein Mädchen bin«, seufzt Caterina.
    »Dann bist du also doch verliebt!«, ruft Genziana aus und setzt sich begeistert auf.
    »Kann schon sein, aber ich werde euch niemals sagen,

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