Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
Sweatshirtjacke.
»Bereit?«
Lucy zuckte die Achseln. »Klar.«
»Vorher musst du mir was versprechen: Egal, was du gleich siehst, diese Sache muss unter uns bleiben, okay?«
»Jetzt mach schon.«
Mats griff nach der Jacke und zog sie fort.
Lucy starrte auf ein großes Marmeladeglas. »Ein Schmetterling?«, fragte sie. »Den wolltest du mir zeigen?« Ihre Stirn umwölkte sich. Ein sicheres Zeichen dafür, dass Ärger im Anflug war.
Ich bin doch verrückt, dachte Mats. Oder Lucy schaute nur nicht richtig hin. So wie er früher. »Konzentrier dich«, forderte er sie auf. »Das ist KEIN Schmetterling!« Als hätten seine Worte auch bei Lucy einen unsichtbaren Vorhang gehoben, stieß sie nun einen Fluch aus, der selbst Mats bis hinter die Ohren erröten ließ. Trotzdem grinste er. Ihre Reaktion konnte nur bedeuten, dass sie das Gleiche wie er sah.
»Da brat mir einer einen Storch!«, rief Lucy aus. »Was ist das für ein Vieh?«
In dem Glas hockte etwas, dass die beiden mit einem so giftigen Blick anstarrte, als würde es sie am liebsten auf der Stelle erwürgen. Was schon ein wenig komisch anmutete, da das Wesen nur knapp zehn Zentimeter groß war. Lucy beugte sich vor, bis ihre Nasenspitze fast das Glas berührte. Was immer es war, es trug einen moosgrünen Anzug. Die winzigen Arme hatte es vor der Brust verschränkt und seine zitronengelben Schmetterlingsflügel klappten verärgert auf und zu.
»Was gibt es da zu glotzen?«, fauchte das Wesen.
»Es kann sprechen«, murmelte Lucy schockiert.
»O Wunder, die Menschenkinder sind gar nicht so blöd, wie sie aussehen.«
Mats verdrehte die Augen. »Beachte ihn nicht. Er beschimpft mich schon die ganze Zeit.«
»Das musst du mir jetzt erklären.« Lucy richtete sich wieder auf. »Woher hast du den kleinen Kerl? Und was ist er?«
»Er heißt Tic und ist ein Feary, wenn er nicht gelogen hat.« Mats warf dem kleinen Wesen einen düsteren Blick zu. »Er ist wohl so etwas wie eine männliche Fee. Ich weiß, ziemlich abgedreht, oder? Jedenfalls habe ich ihm das Leben gerettet, nachdem ihn jemand in einen Sack gesteckt und von der Brücke in die Spree geworfen hatte.«
»Was? Wer tut so was?«
»Keine Ahnung, das wollte er mir nicht verraten.«
Lucy schürzte die Lippen. »Und warum steckt er in einem Glas?«
»Sehr gute Frage«, sagte der Feary wütend. »Auf die Antwort bin ich schon gespannt!«
»Na ja, er wäre sonst sicher abgehauen«, sagte Mats, und weil ihm nichts Besseres einfiel, fügte er noch hinzu: »Außerdem ist er vielleicht, äh, giftig.«
Mats und Lucy beäugten den Feenmann skeptisch.
»Ist das wirklich euer Ernst?«, fragte der Feary. Einen Moment später erschien ein verschlagener Ausdruck auf seinem kleinen Gesicht. »Habe ich schon erwähnt, dass Feen zaubern können?« Nun wurden seine Augen schmal wie die einer Katze auf der Mäusejagd. »Lasst mich auf der Stelle aus diesem verdammten Glas, ansonsten hetze ich euch einen Fluch auf den Hals. Einen von den ganz fiesen, von denen euch überall im Gesicht fette, grüne Eiterbeulen wachsen.«
Lucy wich von dem Glas zurück. »Kann er das?«
»Wenn er es könnte«, entgegnete Mats, »hätte er bestimmt nicht bis jetzt damit gewartet.«
»Ich wollte bloß nett zu dir sein, du elender Wurm!« Der Feary trommelte mit seinen kleinen Fäusten gegen die Innenseite des Glases. Nach einer Weile gab er jedoch auf und ließ sich auf den Hintern fallen. »Na schön, du hast gewonnen. Ich kenne überhaupt keine Flüche, weil die unter schwarze Magie fallen und damit verboten sind. Außerdem könnte ich dir eh nichts tun.«
»Ach ja?«, fragte Mats argwöhnisch. »Warum nicht?«
»Uraltes Feengesetz.« Tic seufzte. »Wer einen Angehörigen vom Feenvolk beschützt oder ihm gar das Leben rettet, dem sind wir zu Gehorsam verpflichtet.« Er verneigte sich und tat dabei so, als lüfte er einen unsichtbaren Zylinder. »Von nun an stehe ich in deinen Diensten, Menschenjunge. Aber merke dir: Ich tue nichts, was gegen das Gesetz verstößt, wie Drachenblut oder Warzenbringer aus dem Schattenschlund zu schmuggeln. Verstanden?«
»Das ist doch ein Trick«, sagte Lucy und stemmte die Hände in die Seiten.
Mats nickte. »Sonst hättest du das doch schon früher erwähnt.«
»Hm, ja, es gibt da noch einen Unterpassus im Feengesetz. Ich brauche dir nur dann zu dienen, wenn du es auch wirklich einforderst. Also dachte ich mir, ich halte erst mal meine Klappe und warte ab.«
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