Scepter und Hammer
poetisch!«
»Kein Wunder, Kapitän! Ich gäbe sofort fünf Jahre meines Lebens hin, wenn ich an Ihrer Stelle gewesen wäre!«
»Ich wurde aus meinem Entzücken gerissen. Mein Ruderer hatte gelandet, und auch die Gondel war herbeigekommen. Die zweite Verschleierte setzte den Fuß auf das Land und kam herbeigeeilt.«
»Almah! O Fatime, heiligste Frau des Himmels, hilf, daß sie nicht todt ist!«
Erst durch diesen Ruf wurde ich aus das Nöthigste aufmerksam gemacht. Ich legte die Hand auf das Herz der Verunglückten und fühlte einen leise schlagenden Puls.
»Sie lebt. Die Hand des Todes war nicht schnell genug, die herrlichste Blume Kahiras zu brechen.«
»Sie lebt?«
Mit diesen jubelnden Worten warf sie sich auf die Liegende nieder, zog sich den Schleier vom Gesicht und küßte die Bewußtlose auf Stirn, Wange und Lippe.
»Ja, sie lebt. Dank Dir, Fremdling! Du hast ein Werk gethan, welches Allah Dir niemals vergessen wird!«
Auch sie war schön, doch einige Jahre älter als die Andere. Noch kniete ich an der Seite der Letzteren und hatte ihren Kopf auf meinem Arme liegen, von welchem das aufgelöste, reiche schwarze Haar in lockiger Fülle herniederfloß.
»Wer ist sie? Wer seid Ihr?« frug ich, mehr unwillkürlich als mit bestimmter Absicht.
»Ich bin Aimée, die Lieblingsfrau des Vizekönigs, und diese hier heißt Almah. Wer bist Du? Ein Franke?«
Sie sprach italienisch, um von den Dienern nicht verstanden zu werden; ich durfte also annehmen, daß sie lesen könne. Noch immer kniend griff ich mit der freien Hand in meine Tasche und nahm eine Karte hervor.
»Nimm und lies, wer ich bin!«
Ich wollte weiter sprechen, wurde aber verhindert. Derjenige, welcher am Steuer der Barke gesessen hatte, trat herbei.
»Warum lässest die Sonne Deines Angesichtes leuchten vor dem Manne, dem Du nicht gehörst?«
Diese Worte klangen streng. Sie wandte sich ab und ließ den Schleier fallen.
»Lebe wohl, Fremdling. Aimée sagt Dir Dank; sie wird ihre Freundin auch ohne Hülfe pflegen.«
»Ist Almah auch ein Weib?«
»Nein.«
Jetzt durfte ich es wagen, ohne der Herrlichen zu schaden. Ich hob ihr schwer auf meinem Arme liegendes Haupt empor und drückte Kuß um Kuß auf die halb geöffneten Lippen, zwischen denen das reine Elfenbein der Zähne hindurchschimmerte. Dann erhob ich mich.
»Wessen Tochter ist sie?«
»Ich darf es Dir nicht sagen. Hab Dank und lebe wohl!«
»Sie reichte mir ihre Hand, allerdings ein großes Wagniß. Ich drückte meine Lippen auf die zarten Spitzen ihrer Finger und schritt wie im Traume nach meinem Kahne – –«
»Verdammt! Das war ein Fehler! Das hätte ich nicht gemacht! Ich wäre sicher nicht eher fortgegangen, als bis ich erfahren hätte, wer sie war. Doch, Sie haben sie wiedergesehen?«
»Nein.«
»Was? Nein? Das ist ja vollständig unmöglich!«
»Es ist einfach wirklich. Ich nahm mir allerdings vor, nach ihr zu forschen, erhielt aber bereits am nächsten Tage den Befehl, nach Algier zu gehen –
tout voila;
ich bin zu Ende!«
»Zu Ende? Wirklich? Sie wollen nicht längeren Urlaub nehmen und hinübergehen, um nach ihr zu forschen?«
»Ich bin nicht Phantast genug, um solch einen Entschluß fassen zu können, und der Dienst –«
»Ja, der leidige Dienst! Und doch! Treten Sie mir Ihre Egypterin ab, Kapitän! Ich werde hinübergehen und den Vizekönig interpelliren. Er muß mich mit seiner Aimée sprechen lassen, und von dieser ist es ja zu erfahren, wer die Unvergleichliche ist.«
Der Kapitän lächelte.
»Ich kann nicht ein Gut abtreten, welches ich nicht besitze.«
»So nehme ich es mir selbst. Kapitän, ich schwöre es Ihnen bei allen Liaisons der Erde, daß ich bei nächster Gelegenheit nach Egypten gehe, um Ihre Bekanntschaft fortzusetzen. Aber, meine Herren, vergessen wir nicht, daß wir für jetzt weiter engagirt sind; es bleibt uns nur noch eine Viertelstunde für unseren Wirth übrig. Vivat alle Aimées und Almahs; Pereat alle Dahabiës und Sandals, und vor allen Dingen lebe der Entdecker des schönsten Weibes im Lande der Pharaonen. Hoch!«
Die Gläser klangen; die Flaschen entleerten sich, und als die Letzte unter der Tafel verschwunden war, erhoben sich die Herren. Der Kapitän blieb allein zurück.
Er war ernst geblieben trotz der launigen Gesellschaft. Jetzt lehnte er sich in den Sessel zurück und öffnete das Medaillon, welches an seiner Uhrkette befestigt war. Es enthielt einen Frauenkopf von jener Schönheit, welche nur unter den Gluthen des Orientes
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