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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vor uns, welche von vier schwarzen Sklaven fortbewegt wurde –«
    »Ich ahne! In dieser Gondel saß ein – – –«
    »Nein – saßen zwei tief verschleierte Frauengestalten, welche jedenfalls gerade so wie ich die Kühle des Abends in der Einsamkeit genießen wollten. Unwillkürlich wurden meine Augen von den zarten feinen Hüllen magnetisch angezogen; es gab ja so Vieles hinter ihnen zu ahnen und zu vermuthen. Wer waren diese Frauen? Waren sie alt, so daß die Schleier nichts als Runzeln zu verbergen hatten, oder pulsirte das Blut heiß durch Herz und Adern zweier Gestalten, wie sie die Phantasie sich malt, wenn man an das Harem eines orientalischen Herrschers denkt? Wem gehören sie, und – durfte man es hier in dieser Entfernung von der Stadt wagen, sie anzusprechen? Nein, das ging nicht, denn die Schwarzen hätten dies jedenfalls verrathen. Ich fuhr ihnen also langsam nach, dem weißen Schleier ihrer Gewänder wie einem Polarsterne folgend, nach welchem der Seefahrer den Lauf seines Fahrzeugs bestimmt.«
    »Schwärmer! Ich an Ihrer Stelle hätte sie angesegelt, geentert und als gute Prise an Bord genommen.«
    »Ich wünsche Ihnen von Herzen eine solche Gelegenheit, Ihre Tapferkeit zu bewähren. – Der Fluß beschreibt oberhalb der Stadt einen scharfen Bogen, und natürlich liegt das ruhige Fahrwasser auf der inneren Seite desselben. Eben hatte die Gondel dasselbe erreicht, als hinter der Krümmung der Bug eines Fahrzeugs sichtbar wurde, welches sich verspätet haben mußte und den Hafen von Bulakh zu erreichen suchte. Die Gondel lag beinahe gerade vor seinem Kiele, doch gelang es ihr noch, auszuweichen. Das Fahrzeug war eine Dahabië, welche, dem Baue nach, Sennesblätter aus Abessinien brachte. Ihr folgte, wie die Gondel zu spät bemerkte, ein Sandal, eines jener flüchtigen Nilfahrzeuge, welche beinahe mit einem Dampfer um die Wette zu segeln vermögen. Zum Ausweichen war es fast zu spät; dennoch aber brachten die Ruderer die Gondel so weit zur Seite, daß sie nicht überfahren wurde, doch gerieth sie in das rauschende Kielwasser der beiden Schiffe, von welchem es hin-und hergeschleudert wurde wie eine Nußschale –«
    »Alle Teufel, jetzt kommt die Pointe: ein Retter – eine wundervoll schöne Göttin – Liebe – Geständniß – Hochzeit – – habe ich recht, Kapitän?«
    »Pah! Die beiden Frauen hatten natürlich ihre Fassung vollständig verloren. Sie zeterten und schrien um Hülfe. Die Eine von ihnen hatte die Hände vom Bord genommen, eine Woge riß die Gondel zu sich empor – die Dame verlor das Gleichgewicht und stürzte in das auf-und abwogende Wasser. Ich hatte so Etwas vermuthet und das Steuer ergriffen. Im Nu war ich zur Stelle und sprang über Bord. Es gelang mir, die Verunglückte zu fassen. Bei dem unruhigen Wasser war es eine Unmöglichkeit, mit ihr in das Boot zu kommen, ich legte mich auf den Rücken, nahm ihren Oberkörper quer über mich herüber und schwamm nach dem Ufer, welches ich noch vor den Kähnen erreichte. Dort legte ich sie nieder und entfernte den Schleier, welcher den Kopf und die Schultern bedeckte.«
    Der Kapitän machte jetzt eine Pause und blickte über die vor ihm liegende Landschaft hinaus weit in die Ferne, als suche er den Ort zu erschauen, auf welchen er damals die Errettete gebettet hatte.
    »Fast erschrocken fuhr ich zurück – –«
    »Was – erschrocken? War sie so häßlich, Kapitän?«
    »Häßlich? Pah! Können Sie sich nicht denken, daß es einen Grad von Schönheit gibt, welcher dieselbe Wirkung hat? Den Beschauer überkommt das Gefühl, als habe er eine Entweihung begangen, als sei er unberufen in ein Heiligthum eingetreten, welches er bei Todesstrafe nicht betreten dürfe. So war es auch hier. Ich sah in ein Gesicht, in ein Gesicht – doch, warum davon sprechen, da es geradezu unmöglich ist, solche Wunder zu beschreiben. Aber wenn eine jener Feen, von denen wir uns in der Jugend erzählen ließen, vom Himmel herabgestiegen wäre, um den Sterblichen die Schönheit in ihrer herrlichsten Inkarnation zur Offenbarung zu bringen, sie hätte sich mit dem Mädchen, welches vor mir lag, nicht messen können. Die dünnen, durchsichtigen Gewänder waren von den oberen Theilen dieser unvergleichlichen Gestalt zurückgewichen, und da, wo sie dieselbe noch verhüllten, schienen sie bestimmt zu sein, mehr zu verrathen als zu verbergen. Und über dem Allem lag ausgebreitet der zauberische Mondesglanz Egyptens – pah, ich glaube gar, ich werde

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