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Schach von Wuthenow

Schach von Wuthenow

Titel: Schach von Wuthenow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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historischen Personen, die den Beinamen des ›
Schönen
‹ führen, mir unsympathisch sind. Und ich hoffe, nicht aus Neid. Aber die Schönheit, das muß wahr sein, macht selbstisch, und wer selbstisch ist, ist undankbar und treulos.«
    Schach suchte zu widerlegen. Er wußte, daß sich Victoirens Worte, sosehr sie Pikanterien und Andeutungen liebte, ganz unmöglich gegen
ihn
gerichtet haben konnten. Und darin traf er's auch. Es war alles nur jeu d'esprit, eine Nachgiebigkeit gegen ihren Hang zu philosophieren. Und doch, alles, was sie gesagt hatte, so gewiß es absichtslos gesagt worden war, so gewiß war es doch auch aus einer dunklen Ahnung heraus gesprochen worden.
    Als ihr Streit schwieg, hatte man den Dorfeingang erreicht, und Schach hielt, um auf Frau von Carayon und Tante Marguerite, die sich beide versäumt hatten, zu warten.
    Als sie heran waren, bot er der Frau von Carayon den Arm und führte
diese
bis an das Gasthaus zurück.
    Victoire sah ihnen betroffen nach und sann nach über den Tausch, den Schach mit keinem Worte der Entschuldigung begleitet hatte. »Was war das?« Und sie verfärbte sich, als sie sich, aus einem plötzlichen Argwohn heraus, die selbstgestellte Frage beantwortet hatte.
    Von einem Wiederplatznehmen vor dem Gasthause war keine Rede mehr, und man gab es um so leichter und lieber auf, als es inzwischen kühl geworden und der Wind, der den ganzen Tag über geweht hatte, nach Nordwesten hin umgesprungen war.
    Tante Marguerite bat sich den Rücksitz aus, »um nicht gegen dem Winde zu fahren«.
    Niemand widersprach. So nahm sie denn den erbetenen Platz, und während jeder in Schweigen überdachte, was ihm der Nachmittag gebracht hatte, ging es in immer rascherer Fahrt wieder auf die Stadt zurück.
    Diese lag schon in Dämmer, als man bis an den Abhang der Kreuzberghöhe gekommen war, und nur die beiden Gensdarmentürme ragten noch mit ihren Kuppeln aus dem graublauen Nebel empor.
     
Fünftes Kapitel
     
Victoire von Carayon an Lisette von Perbandt
    Berlin, den 3. Mai
    Ma chère Lisette.
    Wie froh war ich, endlich von Dir zu hören, und so Gutes. Nicht als ob ich es anders erwartet hätte; wenige Männer hab ich kennengelernt, die mir so ganz eine Garantie des Glückes zu bieten scheinen wie der Deinige. Gesund, wohlwollend, anspruchslos und von jenem schönen Wissens- und Bildungsmaß, das ein gleich gefährliches Zuviel und Zuwenig vermeidet. Wobei ein »Zuviel« das vielleicht noch Gefährlichere ist. Denn junge Frauen sind nur zu geneigt, die Forderung zu stellen: »Du sollst keine andren Götter haben neben mir.« Ich sehe das beinah täglich bei Rombergs, und Marie weiß es ihrem klugen und liebenswürdigen Gatten wenig Dank, daß er über Politik und französische Zeitungen die Visiten und Toiletten vergißt.
    Was mir allein eine Sorge machte, war Deine neue masurische Heimat, ein Stück Land, das ich mir immer als einen einzigen großen Wald mit hundert Seen und Sümpfen vorgestellt habe. Da dacht ich denn, diese neue Heimat könne Dich leicht in ein melancholisches Träumen versetzen, das dann immer der Anfang zu Heimweh oder wohl gar zu Trauer und Tränen ist. Und davor, so hab ich mir sagen lassen, erschrecken die Männer. Aber ich sehe zu meiner herzlichen Freude, daß Du auch
dieser
Gefahr entgangen bist und daß die Birken, die Dein Schloß umstehn, grüne Pfingstmaien und keine Trauerbirken sind. Apropos über das Birkenwasser mußt Du mir gelegentlich schreiben. Es gehört zu den Dingen, die mich immer neugierig gemacht haben und die kennenzulernen mir bis diesen Augenblick versagt geblieben ist.
    Und nun soll ich Dir über
uns
berichten. Du frägst teilnehmend nach all und jedem und verlangst sogar von Tante Margueritens neuester Prinzessin und neuester Namensverwechslung zu hören. Ich könnte Dir gerade
davon
erzählen, denn es sind keine drei Tage, daß wir (wenigstens von diesen Verwechslungen) ein gerüttelt und geschüttelt Maß gehabt haben.
    Es war auf einer Spazierfahrt, die Herr von
Schach
mit uns machte, nach Tempelhof, und zu der auch das Tantchen aufgefordert werden mußte, weil es ihr Tag war. Du weißt, daß wir sie jeden Dienstag als Gast in unsrem Hause sehn. Sie war denn auch mit uns in der »Kürche«, wo sie, beim Anblick einiger Heiligenbilder aus der katholischen Zeit her, nicht nur beständig auf Ausrottung des Aberglaubens drang, sondern sich mit eben diesem Anliegen auch regelmäßig an Schach wandte, wie wenn dieser im Konsistorium säße. Und da

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