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Schach von Wuthenow

Schach von Wuthenow

Titel: Schach von Wuthenow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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für eine lediglich polemische Literatur. Außer von Bülow sind auch Aufsätze von Massenbach und Phull erschienen, die von den Eingeweihten als etwas Besonderes und nie Dagewesenes ausgepriesen werden. Alles richtet sich gegen Österreich und beweist aufs neue, daß, wer den Schaden hat, für den Spott nicht sorgen darf. Schach ist empört über dies anmaßliche Besserwissen, wie er's nennt, und wendet sich wieder seinen alten Liebhabereien zu, Kupferstichen und Rennpferden. Sein kleiner Groom wird immer kleiner. Was bei den Chinesinnen die kleinen Füße sind, sind bei den Grooms die kleinen Proportionen überhaupt. Ich meinerseits verhalte mich ablehnend gegen beide, ganz besonders aber gegen die chinesisch eingeschnürten Füßchen, und bin umgekehrt froh, in einem bequemen Pantoffel zu stecken. Führen, schwingen werd ich ihn nie; das überlaß ich meiner teuren Lisette. Tu es mit der Milde, die Dir eigen ist. Empfiehl mich Deinem teuren Manne, der nur den
einen
Fehler hat, Dich mir entführt zu haben. Mama grüßt und küßt ihren Liebling, ich aber lege Dir den Wunsch ans Herz, vergiß in der Fülle des Glücks, die Dir zuteil wurde, nicht
ganz
Deine, wie Du weißt, auf ein bloßes Pflichtteil des Glückes gesetzte
    Victoire
.
     
Sechstes Kapitel
     
Bei Prinz Louis
    An demselben Abend, an dem Victoire von Carayon ihren Brief an Lisette von Perbandt schrieb, empfing Schach in seiner in der Wilhelmstraße gelegenen Wohnung ein Einladungsbillet von der Hand des Prinzen Louis.
    Es lautete:
     
    »Lieber Schach. Ich bin erst seit drei Tagen hier im Moabiter Land und dürste bereits nach Besuch und Gespräch. Eine Viertelmeile von der Hauptstadt hat man schon die Hauptstadt nicht mehr und verlangt nach ihr. Darf ich für morgen auf Sie rechnen? Bülow und sein verlegerischer Anhang haben zugesagt, auch Massenbach und Phull. Also lauter Opposition, die mich erquickt, auch wenn ich sie bekämpfe. Von Ihrem Regiment werden Sie noch Nostitz und Alvensleben treffen. Im Interimsrock und um fünf Uhr.
    Ihr
Louis
, Prinz von Pr.«
     
    Um die festgesetzte Stunde fuhr Schach, nachdem er Alvensleben und Nostitz abgeholt hatte, vor der prinzlichen Villa vor. Diese lag am rechten Flußufer, umgeben von Wiesen und Werftweiden, und hatte die Front, über die Spree fort, auf die Westlisière des Tiergartens. Anfahrt und Aufgang waren von der Rückseite her. Eine breite, mit Teppich belegte Treppe führte bis auf ein Podium und von diesem auf einen Vorflur, auf dem die Gäste vom Prinzen empfangen wurden. Bülow und Sander waren bereits da, Massenbach und Phull dagegen hatten sich entschuldigen lassen. Schach war es zufrieden, fand schon Bülow mehr als genug und trug kein Verlangen, die Zahl der Genialitätsleute verstärkt zu sehen. Es war heller Tag noch, aber in dem Speisesaal, in den sie von dem Vestibül aus eintraten, brannten bereits die Lichter und waren (übrigens bei offenstehenden Fenstern) die Jalousien geschlossen. Zu diesem künstlich hergestellten Licht, in das sich von außen her ein Tagesschimmer mischte, stimmte das Feuer in dem in der Mitte des Saales befindlichen Kamine. Vor eben diesem, ihm den Rücken zukehrend, saß der Prinz und sah, zwischen den offenstehenden Jalousiebrettchen hindurch, auf die Bäume des Tiergartens.
    »Ich bitte fürliebzunehmen«, begann er, als die Tafelrunde sich arrangiert hatte. »Wir sind hier auf dem Lande; das muß als Entschuldigung dienen, für alles, was fehlt. ›A la guerre, comme à la guerre.‹ Massenbach, unser Gourmet, muß übrigens etwas der Art geahnt, respektive gefürchtet haben. Was mich auch nicht überraschen würde. Heißt es doch, lieber Sander, Ihr guter Tisch habe mehr noch als Ihr guter Verlag die Freundschaft zwischen Ihnen besiegelt.«
    »Ein Satz, dem ich kaum zu widersprechen wage, Königliche Hoheit.«
    »Und doch
müßten
Sie's eigentlich. Ihr ganzer Verlag hat keine Spur von jenem ›laisser passer‹, das das Vorrecht, ja, die Pflicht aller gesättigten Leute ist. Ihre Genies (Pardon, Bülow) schreiben alle wie Hungrige. Meinetwegen. Unsre Paradeleute geb ich Ihnen preis, aber daß Sie mir auch die Österreicher so schlecht behandeln, das mißfällt mir.«
    »Bin
ich
es, Königliche Hoheit? Ich, für meine Person, habe nicht die Prätension höherer Strategie. Nebenher freilich möcht ich, sozusagen aus meinem Verlage heraus, die Frage stellen dürfen: ›War Ulm etwas Kluges?‹«
    »Ach, mein lieber Sander, was ist klug? Wir Preußen bilden

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