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Schach von Wuthenow

Schach von Wuthenow

Titel: Schach von Wuthenow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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uns beständig ein, es zu sein; und wissen Sie, was Napoleon über unsre vorjährige thüringische Aufstellung gesagt hat? Nostitz, wiederholen Sie's...! Er will nicht. Nun, so muß ich es selber tun. ›Ah, ces Prussiens‹, hieß es, ›ils sont encore
plus
stupides, que les Autrichiens.‹ Da haben Sie Kritik über unsere vielgepriesene Klugheit, noch dazu Kritik von einer allerberufensten Seite her. Und hätt er's damit getroffen, so müßten wir uns schließlich zu dem Frieden noch beglückwünschen, den uns Haugwitz erschachert hat. Ja, erschachert. Erschachert, indem er für ein Mitbringsel unsre Ehre preisgab. Was sollen wir mit Hannover? Es ist der Brocken, an dem der preußische Adler ersticken wird.«
    »Ich habe zu der Schluck- und Verdauungskraft unsres preußischen Adlers ein besseres Vertrauen«, erwiderte Bülow. »Gerade
das
kann er und versteht er von alten Zeiten her. Indessen
darüber
mag sich streiten lassen; worüber sich aber
nicht
streiten läßt, das ist der Friede, den uns Haugwitz gebracht hat. Wir brauchen ihn wie das tägliche Brot und mußten ihn haben, so lieb uns unser Leben ist. Königliche Hoheit haben freilich einen Haß gegen den armen Haugwitz, der mich insoweit überrascht, als dieser Lombard, der doch die Seele des Ganzen ist, von jeher Gnade vor Eurer Königlichen Hoheit Augen gefunden hat.«
    »Ah, Lombard! Den Lombard nehm ich nicht ernsthaft und stell ihm außerdem noch in Rechnung, daß er ein halber Franzose ist. Dazu hat er eine Form des Witzes, die mich entwaffnet. Sie wissen doch, sein Vater war
Friseur
und seiner Frau Vater ein
Barbier
. Und nun kommt eben diese Frau, die nicht nur eitel ist bis zum Närrischwerden, sondern auch noch schlechte französische Verse macht, und fragt ihn, was schöner sei: ›L'hirondelle
frise
la surface des eaux‹ oder ›l'hirondelle
rase
la surface des eaux?‹ Und was antwortet er? ›Ich sehe keinen Unterschied, meine Teure; l'hirondelle
frise
huldigt
meinem
Vater und l'hirondelle
rase
dem
deinigen
.‹ In diesem Bonmot haben Sie den ganzen Lombard. Was mich aber persönlich angeht, so bekenn ich Ihnen offen, daß ich einer so witzigen Selbstpersiflage nicht widerstehen kann. Er ist ein Polisson, kein Charakter.«
    »Vielleicht, daß sich ein Gleiches auch von Haugwitz sagen ließe, zum Guten wie zum Schlimmen. Und wirklich, ich geb Eurer Königlichen Hoheit den
Mann
preis. Aber
nicht
seine Politik. Seine Politik ist gut, denn sie rechnet mit gegebenen Größen. Und Eure Königliche Hoheit wissen das besser als ich. Wie steht es denn in Wahrheit mit unsren Kräften? Wir leben von der Hand in den Mund, und warum? weil der Staat Friedrichs des Großen nicht ein Land mit einer Armee, sondern eine Armee mit einem Lande ist. Unser Land ist nur Standquartier und Verpflegungsmagazin. In sich selber entbehrt es aller großen Ressourcen. Siegen wir, so geht es; aber Kriege führen dürfen nur solche Länder, die Niederlagen ertragen können. Das können wir
nicht
. Ist die Armee hin, so ist alles hin. Und wie schnell eine Armee hin sein kann, das hat uns Austerlitz gezeigt. Ein Hauch kann uns töten, gerad auch
uns
. ›Er blies, und die Armada zerstob in alle vier Winde.‹ Afflavit Deus et dissipati sunt.«
    »Herr von Bülow«, unterbrach hier Schach, »möge mir eine Bemerkung verzeihn. Er wird doch, denk ich, in dem Höllenbrodem, der jetzt über die Welt weht, nicht den Odem Gottes erkennen wollen, nicht
den
, der die Armada zerblies.«
    »
Doch
, Herr von Schach. Oder glauben Sie wirklich, daß der Odem Gottes im Spezialdienste des Protestantismus oder gar Preußens und seiner Armee steht?«
    »Ich hoffe, ja.«
    »Und ich fürchte,
nein
. Wir haben die ›propreste Armee‹, das ist alles. Aber mit der ›Propretät‹ gewinnt man keine Schlachten. Erinnern sich Königliche Hoheit der Worte des großen Königs, als General Lehwald ihm seine dreimal geschlagenen Regimenter in Parade vorführte? ›Propre Leute‹, hieß es. ›Da seh Er meine. Sehen aus wie die Grasdeibel,
aber beißen
.‹ Ich fürchte, wir haben jetzt zuviel Lehwaldsche Regimenter und zuwenig altenfritzige. Der Geist ist heraus, alles ist Dressur und Spielerei geworden. Gibt es doch Offiziere, die, der bloßen Prallheit und Drallheit halber, ihren Uniformrock direkt auf dem Leibe tragen. Alles Unnatur. Selbst das Marschierenkönnen, diese ganz gewöhnliche Fähigkeit des Menschen, die Beine zu setzen, ist uns in dem ewigen Paradeschritt verlorengegangen. Und

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