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Schach von Wuthenow

Schach von Wuthenow

Titel: Schach von Wuthenow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ins Schloß führte. »Ja, ja. Regen ist gut. Aber geh nur vorauf.«
    Krist tat, wie sein junger Herr ihm geheißen, und beide gingen nun einen mit Fliesen gedeckten schmalen Korridor entlang. Erst in der Mitte verbreiterte sich dieser und bildete nach links hin eine geräumige Treppenhalle, während nach rechts hin eine mit Goldleisten und Rokokoverzierungen reich ausgelegte Doppeltür in einen Gartensalon führte, der als Wohn-und Empfangszimmer der verstorbenen Frau Generalin von Schach, einer sehr vornehmen und sehr stolzen alten Dame, gedient hatte. Hierher richteten sich denn auch die Schritte beider, und als Krist die halb verquollene Tür nicht ohne Müh und Anstrengung geöffnet hatte, trat man ein.
    Unter dem vielen, was an Kunst- und Erinnerungsgegenständen in diesem Gartensalon umherstand, war auch ein bronzener Doppelleuchter, den Schach selber, vor drei Jahren erst, von seiner italienischen Reise mit nach Hause gebracht und seiner Mutter verehrt hatte. Diesen Leuchter nahm jetzt Krist vom Kamin und zündete die beiden Wachslichter an, die seit lange schon in den Leuchtertellern steckten und ihrerzeit der verstorbenen Gnädigen zum Siegeln ihrer Briefe gedient hatten. Die Gnädige selbst aber war erst seit einem Jahre tot, und da Schach, von jener Zeit an, nicht wieder hiergewesen war, so hatte noch alles den alten Platz. Ein paar kleine Sofas standen wie früher an den Schmalseiten einander gegenüber, während zwei größere die Mitte der Längswand einnahmen und nichts als die vergoldete Rokokodoppeltür zwischen sich hatten. Auch der runde Rosenholztisch (ein Stolz der Generalin) und die große Marmorschale, darin alabasterne Weintrauben und Orangen und ein Pinienapfel lagen, standen unverändert an ihrem Platz. In dem ganzen Zimmer aber, das seit lange nicht gelüftet war, war eine stickige Schwüle.
    »Mach ein Fenster auf«, sagte Schach. »Und dann gib mir eine Decke. Die da.«
    »Wullen S' sich denn
hier
henleggen, junge Herr?«
    »Ja, Krist. Ich habe schon schlechter gelegen.«
    »Ick weet. Jott, wenn de oll jnäd'ge Herr uns
doa
vunn vertellen deih! Ümmer so platsch in 'n Kalkmodder rin. Nei, nei, dat wihr nix för mi. ›Jott, jnäd'ge Herr‹, seggt ick denn ümmer, ›ick gloob, de Huut geit em runner.‹ Awers denn lachte joa de oll jnäd'ge Herr ümmer un seggte: ›Nei, Krist,
uns
Huut sitt fast.‹«
    Während der Alte noch so sprach und vergangener Zeiten gedachte, griff er zugleich doch nach einem breiten, aus Rohr geflochtenen Ausklopfer, der in einer Kaminecke stand, und versuchte damit das eine Sofa, das sich Schach als Lagerstatt ausgewählt hatte, wenigstens aus dem Gröbsten herauszubringen. Aber der dichte Staub, der aufstieg, zeigte nur das Vergebliche solcher Bemühungen, und Schach sagte mit einem Anfluge von guter Laune: »Störe den Staub nicht in seinem Frieden.« Und erst als er's gesprochen hatte, fiel ihm der Doppelsinn darin auf, und er gedachte der Eltern, die drunten in der Dorfkirche in großen Kupfersärgen und mit einem aufgelöteten Kruzifix darauf in der alten Gruft der Familie standen.
    Aber er hing dem Bilde nicht weiter nach und warf sich aufs Sofa. »Meinem Schimmel gib ein Stück Brot und einen Eimer Wasser; dann hält er aus bis morgen. Und nun stelle das Licht ans Fenster und laß es brennen... Nein, nicht da, nicht ans offene; an das daneben. Und nun gute Nacht, Krist. Und schließe von außen zu, daß sie mich nicht wegtragen.«
    »Ih, se wihren doch nich...«
    Und Schach hörte bald danach die Pantinen, wie sie den Korridor hinunterklappten. Ehe Krist aber die Giebeltür noch erreicht und von außen her zugeschlossen haben konnte, legte sich's schon schwer und bleiern auf seines Herrn überreiztes Gehirn.
    Freilich nicht auf lang. Aller auf ihm lastenden Schwere zum Trotz empfand er deutlich, daß etwas über ihn hinsumme, ihn streife und kitzle, und als ein Sichdrehen und Wenden und selbst ein unwillkürliches und halbverschlafenes Umherschlagen mit der Hand nichts helfen wollte, riß er sich endlich auf und zwang sich ins Wachen zurück. Und nun sah er, was es war. Die beiden eben verschwelenden Lichter, die mit ihrem Qualme die schon stickige Luft noch stickiger gemacht hatten, hatten allerlei Getier vom Garten her in das Zimmer gelockt, und nur über Art und Beschaffenheit desselben war noch ein Zweifel. Einen Augenblick dacht er an Fledermäuse; sehr bald aber mußt er sich überzeugen, daß es einfach riesige Motten und Nachtschmetterlinge

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