Schadensersatz
erzählt, statt so ein Versteckspiel zu veranstalten?«, fragte er.
»Nun, Sie wären alle als Mörder in Frage gekommen. Sie, Yardley Masters, seine Freundin ... Ich wollte sehen, wie Sie auf die Meldung reagieren.«
»Wer sind Sie nun eigentlich, verdammt noch mal?«
»Ich heiße V. I. Warshawski, bin Privatdetektivin und untersuche den Mord an Peter Thayer.« Ich überreichte ihm eine Visitenkarte.
»Sie? Sie sind doch genauso wenig Detektivin wie ich Balletttänzerin bin!«, rief er aus.
»Es müsste sehr reizvoll sein, Sie in Trikot und Tutu zu sehen«, konterte ich, während ich die Plastikhülle mit der Fotokopie meiner Zulassung als Privatdetektiv hervorzog. Er betrachtete sie eingehend und zuckte dann stumm die Achseln. Ich verstaute die Lizenz wieder in meiner Brieftasche.
»Nur um den Punkt abzuhaken, Mr. Devereux: Haben Sie Peter Thayer umgebracht?«
»Nein, zum Teufel, das habe ich nicht!« Er knirschte wütend mit den Zähnen, setzte mehrmals zum Sprechen an, gab es dann aber auf, weil er nicht in der Lage war, seine Gefühle in Worte zu fassen.
Ich nickte Sal zu, worauf sie uns eine weitere Runde Drinks servierte. Allmählich füllte sich die Bar mit Vorortpendlern. Devereux trank seinen zweiten Gin und entspannte sich ein wenig. »Ich hätte zu gern Yardleys Gesicht gesehen, als Sie ihn fragten, ob er Peter ermordet habe«, bemerkte er trocken.
»Ich habe ihn nicht danach gefragt. Allerdings konnte ich auch nicht klären, weshalb er mich unbedingt sprechen woll- te. Spielte er Thayer gegenüber tatsächlich die Beschützerrolle? So etwas hat er nämlich angedeutet.«
»Nein.« Er dachte über meine Frage nach. »Er hat ihm keine große Aufmerksamkeit geschenkt.
Natürlich waren da noch die familiären Beziehungen ... Hätte Peter in der Tinte gesessen, so hätte Yardley bestimmt das Gefühl gehabt, sich um ihn kümmern zu müssen, weil er glaubte, es John Thayer schuldig zu sein ... Tot ... Und er war so ein netter Junge, trotz seiner radikalen Gesinnung. Mein Gott, das wird Yardley schwer treffen. Und seinen Vater auch. Thayer war alles andere als begeistert von der Unterkunft des Jungen - und jetzt ist er auch noch von so einem Lumpen erschossen worden!«
»Woher wissen Sie, dass sein Vater nicht begeistert war?«
»Ach, das war kein großes Geheimnis. Kurz nachdem Pete bei uns angefangen hatte, kam Jack Thayer hereingestürmt und spielte sich fürchterlich auf. Er brüllte herum wie der Vizepräsident, wenn er Dampf ablässt; der Junge verrate durch sein Gewerkschaftsgetue die Familie, und weshalb er nicht mal in einer anständigen Wohnung leben könne. Ich schätze, sie hatten ihm eine Eigentumswohnung gekauft - selbst wenn Sie das nicht für möglich halten würden. Ich muss zugeben, dass sich der Junge ganz prima verhalten hat; er ist weder explodiert noch sonst etwas.«
»Hatte er bei seiner Arbeit für die Ajax mit - nun, sagen wir mal, streng vertraulichen Unterlagen zu tun?«
Devereux war verdutzt. »Sie versuchen doch sicher nicht, seinen Tod irgendwie mit der Ajax in Verbindung zu bringen? Ich dachte, es sei völlig klar, dass ihn einer dieser Drogensüchtigen erschossen hat, die immer wieder drüben in Hyde Park Leute umbringen.«
»Das hört sich ja an, als hielten Sie Hyde Park für den Schauplatz von Bandenkämpfen, Mr. Devereux.
Dabei ereigneten sich nur sechs von zweiunddreißig Morden im einundzwanzigsten Polizeirevier letztes Jahr in Hyde Park - also einer alle zwei Monate. Peter Thayer kann man wohl kaum in die Juli/August-Statistik dieser Gegend einordnen.«
»Ja, woraus schließen Sie dann, dass der Mord mit der Ajax zu tun hat?«
»Ich bin noch zu keinem Schluss gekommen. Ich versuche nur, verschiedene Möglichkeiten auszuschließen ... Haben Sie schon jemals eine Leiche gesehen - oder besser gesagt, einen Körper, den eine Kugel zur Leiche gemacht hat?« Er schüttelte den Kopf und rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. »Dann habe ich das Ihnen also voraus. Und man kann oft schon aus der Lage des Körpers erkennen, ob das Opfer den Versuch gemacht hat, sich gegen den Angreifer zu wehren. Also, dieser Junge saß in einem weißen Hemd am Küchentisch - vermutlich fertig angezogen, um am Montagmorgen hierher zur Arbeit zu fahren -, als ihm jemand eine Kugel mitten durch den Kopf schoss. Das könnte nun zwar ein Profi gewesen sein, doch er hätte zumindest irgendjemanden mitbringen müssen, den der Junge kannte, damit der nicht misstrauisch wurde. Das
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