Schadensersatz
eine Tasse Kaffee ein. Bobbys Atemfrequenz zeigte mir an, dass ihm langsam der Kamm schwoll. Als ich mein Frühstück auf den Tisch stellte und mich ihm gegenüber rittlings auf einen Stuhl setzte, war sein Gesicht bereits rot angelaufen.
»Ich weiß nur sehr wenig über den jungen Thayer, Bobby«, meinte ich entschuldigend. »Mir ist bekannt, dass er an der Universität von Chicago studierte und dass er jetzt tot ist. Und dass er tot ist, weiß ich aus der Sun-Times.«
»Du brauchst dich bei mir nicht anzustrengen, Vicki. Dass er tot ist, weißt du, weil du seine Leiche entdeckt hast.«
Ich aß einen Bissen von dem getoasteten Käsebrot mit dem grünen Paprika. »Nun, nachdem ich die Story in der Sun-Times gelesen hatte, nahm ich an, dass es sich bei dem Jungen um Thayer gehandelt hatte; das wusste ich natürlich nicht, als ich die Leiche fand. Für mich war es eine ganz normale Leiche, dahingerafft in der Blüte des Lebens«, fügte ich in frömmelndem Ton hinzu.
»Erspare mir die Leichenreden und erzähle, was dich dort hingeführt hat«, forderte Mallory.
»Du kennst mich doch, Bobby - ich habe einen Riecher für Verbrechen. Wo immer sich das Böse zeigt -
ich habe mir zur Aufgabe gemacht, es auszulöschen.«
Mallory wurde dunkelrot. McGonnigal hüstelte diskret und wechselte das Thema, bevor sein Chef einen Schlaganfall bekam. »Haben Sie zur Zeit irgendeinen Mandanten, Miss Warshawski?«, wollte er wissen.
Selbstverständlich hatte ich damit gerechnet, aber ich war mir nicht ganz sicher, wie ich reagieren sollte.
Doch verloren ist, wer da zögert im Detektivgeschäft; ich entschloss mich daher zu teilweiser Offenheit.
»Ich hatte den Auftrag, Peter Thayer dazu zu bewegen, ein betriebswirtschaftliches Studium zu absolvieren.« Mallory war am Ersticken. »Ich schwindle nicht, Bobby«, bekräftigte ich ernst. »Ich fuhr hin, um den Jungen zu treffen. Und da die Tür zu seiner Wohnung offen stand, bin ich ...«
»Als du ankamst oder nachdem du sie aufgebrochen hattest?«, unterbrach mich Mallory.
»Also bin ich hineingegangen«, fuhr ich fort. »Auf alle Fälle schätze ich, dass ich meinen Auftrag nicht erfüllt habe; denn ich glaube kaum, dass Peter Thayer jemals Betriebswirtschaft studieren wird. Mir ist auch nicht klar, ob ich den Mandanten noch habe.«
»Wer hat dich beauftragt, Vicki?« Mallory hatte sich wieder beruhigt. »John Thayer?«
»Weshalb sollte mich John Thayer wohl beauftragen?«
»Das wirst du mir erklären, Vicki. Vielleicht führte er etwas Fieses im Schilde, um den Jungen von diesen verkrachten Drogentypen loszueisen.«
Ich trank meinen Kaffee aus und sah Mallory offen ins Gesicht. »Vorgestern Nacht hat mich ein Kerl aufgesucht und mir erzählt, er sei John Thayer. Er erteilte mir den Auftrag, Anita Hill zu suchen, die Freundin seines Sohnes.«
»Es gibt keine Anita Hill im vorliegenden Fall«, warf McGonnigal ein. »Aber eine Anita McGraw.
Anscheinend hat er sein Zimmer mit einem Mädchen geteilt, aber in der ganzen Szene geht es heute so durcheinander, dass man nicht mehr unterscheiden kann, wer zu wen gehört.«
»Zu wem«, sagte ich geistesabwesend. McGonnigal sah verständnislos drein. »Man kann nicht mehr unterscheiden, wer zu wem gehört, Sergeant«, erläuterte ich. Mallory gab Geräusche von sich, als wolle er gleich explodieren. »Jedenfalls«, fügte ich hastig hinzu, »begann ich zu vermuten, dass mich der Kerl an der Nase herumgeführt hatte, als ich herausfand, dass keine Anita Hill an der Universität registriert war.
Später wurde das zur Gewissheit.«
»Wie das?«, erkundigte sich Mallory.
»Ich verschaffte mir ein Foto von Thayer bei der Fort Dearborn Bank and Trust. Er war nicht mit meinem Mandanten identisch.«
»Vicki«, sagte Mallory, »du bist eine Nervensäge. Tony würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was du so machst. Aber blöd bist du nicht. Du willst mir doch nicht weismachen, dass du ihn nicht gebeten hast, sich auszuweisen, oder etwa nicht?«
»Er hat mir seine Visitenkarte gegeben und dazu seine Privatnummer und einen Vorschuss. Ich war sicher, mit ihm wieder in Verbindung treten zu können.«
»Zeig mir doch mal seine Visitenkarte«, bat Mallory. Misstrauischer Hund.
»Es ist tatsächlich seine«, entgegnete ich.
»Könnte ich sie bitte trotzdem sehen.« Er hatte den Ton eines Vaters an sich, der sich seinem aufsässigen Kind gegen über gerade noch beherrschen kann.
»Sie wird dir auch nichts anderes verraten als mir,
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