Schadensersatz
auf deinen Vater gehört und in einer anständigen Wohnung gelebt hätte statt in dieser üblen Bruchbude und mit diesem Flittchen, dann wäre das niemals passiert!«
»Du!«, schrie Jill. »Wie kannst du so über Peter reden! Er hat es mit Herzenswärme und Ehrlichkeit probiert, statt - du bist so ein Heuchler! Das Einzige, was dich und Susan interessiert, ist, wie viel Geld ihr machen könnt und was wohl die Leute sagen! Ich verachte dich!« Sie brach wieder in Tränen aus und warf sich in meine Arme. Ich drückte sie an mich und legte den rechten Arm um sie, während ich mit der linken Hand in meiner Tasche nach Papiertaschentüchern kramte.
»Jill«, meldete sich ihre Mutter mit sanfter, klagender Stimme, »Jill, Liebling, bitte schrei hier nicht so herum. Meine Nerven halten das einfach nicht aus. Mir tut es genauso weh wie dir, dass Pete tot ist, aber Jack hat schon recht, Liebling: Hätte er auf deinen Vater gehört, dann wäre das alles nicht passiert, dann wäre dein Vater nicht - nicht ...« Ihre Stimme brach, und sie begann leise zu weinen.
Susan legte den Arm um ihre Mutter und tätschelte ihr die Schulter. »So, da seht mal, was ihr angerichtet habt!«, fauchte sie giftig. Ich war mir nicht sicher, ob sie mich oder Jill damit meinte.
»Sie haben jetzt genug Unruhe gestiftet, Sie Polackenweib, wie immer Sie auch heißen«, legte Lucy los.
»Unterstehen Sie sich, so mit ihr zu reden!«, schrie Jill. Ihre Stimme wurde durch meine Schulter etwas gedämpft. »Ihr Name ist Miss Warshawski, und Sie nennen sie gefälligst Miss Warshawski!«
»Nun, Mutter Thayer«, sagte Jack mit reumütigem Lachen, »es tut mir Leid, dass ich dich da mit hineinziehen muss. Da Jill auf ihre Schwester und mich aber nicht hört, würdest du ihr bitte sagen, dass sie diese Frau aus dem Hause schafft?«
»Oh, bitte, Jack!« sagte seine Schwiegermutter und lehnte sich an Susan. Sie streckte eine Hand nach ihm aus, ohne ihn anzusehen, und ich stellte interessiert fest, dass ihre Augen sich durchs Weinen nicht gerötet hatten. »Ich habe wirklich nicht die Kraft, mich mit Jill auseinander zu setzen, wenn sie mal wieder ihren Spleen hat.« Trotzdem setzte sie sich mühsam auf und sah Jill ernst an, wobei sie immer noch Jacks Hand umklammert hielt. »Jill, es ist mir im Moment unmöglich, deine Wutausbrüche zu ertragen. Du und Peter, ihr beide habt nie auf jemanden gehört. Hätte Pete es getan, dann wäre er jetzt noch am Leben. Der Tod von Pete und John reicht mir voll und ganz, mehr kann ich nicht verkraften. Also unterhalte dich bitte nicht mehr mit dieser Privatdetektivin. Sie will dich nur ausnutzen, um in die Zeitung zu kommen. Aber noch einen Skandal in unserer Familie - das stehe ich nicht durch.«
Bevor ich ein Wort sagen konnte, hatte sich Jill mit hochrotem Gesicht von mir losgerissen. »Wie redest du denn mit mir!«, schrie sie. »Ich gräme mich über Pete und Paps, aber du doch nicht! Du bist es doch, die in diesem Haus den Skandal verursacht! Jeder weiß, dass du Vater nicht geliebt hast! Jeder weiß, was zwischen dir und Dr. Mulgrave läuft! Paps war vermutlich ...«
Susan sprang von der Couch und schlug ihrer Schwester heftig ins Gesicht. »Verdammtes Gör, wirst du wohl den Mund halten!« Mrs. Thayer begann nun tatsächlich zu weinen. Auch Jill, von ihren Gefühlen überwältigt und nicht mehr fähig, sich zu beherrschen, fing wieder an zu schluchzen.
In diesem Augenblick betrat ein besorgt blickender Mann im Straßenanzug das Zimmer, eskortiert von einem der Polizisten. Er trat zu Mrs. Thayer und umfing ihre beiden Hände. »Margaret! Ich bin gleich hergekommen, nachdem ich es erfahren hatte. Wie fühlst du dich?«
Susan lief rot an. Jill hörte auf zu schluchzen. Jack stand da wie zur Salzsäule erstarrt. Mrs. Thayer bedachte den Neuankömmling mit einem tragischen Blick aus ihren großen Augen. »Ted. Wie lieb von dir«, flüsterte sie, bemüht, Tapferkeit zu demonstrieren.
»Dr. Mulgrave, wenn ich mich nicht irre«, sagte ich.
Er ließ Mrs. Thayers Hände los und richtete sich auf. »Ja, ich bin Dr. Mulgrave.« Er sah zu Jack hinüber. »Ist das eine Polizistin?«
»Nein«, sagte ich. »Ich bin Privatdetektivin. Miss Thayer hat mich beauftragt, den Mörder ihres Vaters und ihres Bruders zu finden.«
»Margaret?« fragte er ungläubig.
»Nein. Miss Thayer. Jill«, erwiderte ich.
Jack mischte sich ein. »Mrs. Thayer hat Sie soeben aufgefordert, zu verschwinden und ihre Tochter in Frieden zu lassen.
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