Schadenzauber (German Edition)
beschaffen.“
„Das ist sehr großzügig von Euch, aber im Grunde wäre ein Brief völlig ausreich...“
„Jetzt passt mal auf!“ Der Thuler packte Otto am Kragen. „Für die Wormser ist der Prinz spurlos verschwunden. Die Leute stellen Fragen. Ihr habt es vergeigt, nach Strich und Faden, und jetzt werdet Ihr diese Sache ausbügeln. Und zwar so schnell wie möglich. Ohne Ausflüchte. Haben wir uns verstanden?“
„Ihr habt ja recht, völlig recht. Und natürlich werde ich das wieder in Ordnung bringen. Aber Albertus Magnus ist ein vielbeschäftigter Mann. Ich fürchte, dass er mich nicht empfangen wird. Ein Brief hingegen...“
„Dann werdet Ihr Euch etwas einfallen lassen müssen, damit er Euch empfängt“, erwiderte Hraldir Olafsson frostig. „Durch Eure Schuld brauche ich einen Prinzen, der aussieht wie Malwin, und das am besten schon gestern.“
„Ich würde gerne nach Dordrecht gehen“, log Otto, „doch bedauerlicherweise fehlen mir die Mittel für diese Reise. Aber einen Brief könnte ich...“
Hraldir Olafsson warf ihm einen Beutel auf den Tisch. Silber klimperte. „Das sollte reichen“, knurrte er „Selbstverständlich werden die Expensen von den 500 Gulden abgezogen.“
Otto schloss daraus, dass die 500 Gulden noch nicht gänzlich verloren waren. Falls er das irgendwie in Ordnung brachte… Er wagte nicht nachzufragen.
„Morgen früh bei Sonnenaufgang am Hafen“, sagte Hraldir Olafsson, bevor er ging, nicht ohne Otto einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. „Wir sehen uns so oder so. Ich werde sicherstellen, dass Ihr nicht verschlaft.“
Die Thuler waren schon lange gegangen, als sich Otto endlich zu rühren wagte. Er öffnete den Beutel und zählte die Silbermünzen. Geld schien für Hraldir inzwischen die geringste Rolle zu spielen. Gundahar war zuzutrauen, dass er selbst einen Gesandten aus Thule hinrichten ließ, wenn er dem Verbrechen auf die Schliche kam.
Ottos Finger krallten sich um den Beutel. Was hielt ihn eigentlich davon ab, sich mit Hraldirs Reisekasse aus dem Staub zu machen? Er konnte allen Ärger und alle Schulden hinter sich lassen und es in einem anderen Land mit der Zauberei ein zweites Mal versuchen.
Gedankenverloren blickte Otto aus dem Fenster und erstarrte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseiten saßen zwei Kriegsmänner aus Thule unter der Linde und beobachteten sein Haus. Einer von ihnen gab Otto sogar ein Zeichen, dass er ihn im Auge habe. Ottos Fluchtplan stürzte in sich zusammen.
Also würde es in die Niederlande gehen. Er suchte sein Gepäck für die Reise zusammen, vor allem seinen guten Sonntagsstaat, und schnürte es zu einem Bündel.
Die ganze Nacht hindurch quakte ein Frosch in einem Teich. Otto hörte es, denn er wälzte sich schlaflos im Bett umher.
Wie konnte er sich nur dermaßen verzaubert haben? Er hatte sich zwar bei der Rune verschrieben, aber Zauberei war kein einfaches Vorlesen. Die Runen alleine bewirkten überhaupt nichts, ebenso wenig half es, wenn man sie unverstanden rezitierte. Die Runen waren ein Werkzeug, um Magie zu beschreiben, gleich den Formeln in der Mathematik. Der Satz des Pythagoras half auch nur dem, der wusste, dass bei einem rechtwinkligen Dreieck die Summe der Flächeninhalte der Kathetenquadrate gleich war dem Flächeninhalt des Hypothenusenquadrats. Ebenso musste ein Zauberer wissen, was er tat, sonst tat er gar nichts. Nachdem Otto sich verschrieben hatte, hätte der Zauber also nicht wirken dürfen.
Irgendwann in den frühen Morgenstunden musste Otto doch eingeschlafen sein, denn er schreckte aus dem Bett hoch, als die Thuler gegen die Tür hämmerten.
„Aufwachen!“, brüllten sie.
„Ja“, antwortete Otto. Er zitterte am ganzen Leib. Er hatte nicht verschlafen, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Hraldirs Männer hatten ihn fürsorglich geweckt.
Otto frühstückte, schulterte dann sein Bündel und machte sich auf den Weg wie zu seiner Hinrichtung. Als er vor die Tür trat, erwarteten ihn bereits Hraldirs Kriegsmänner und „begleiteten“ ihn zum Hafen, wo Hraldir Olafsson, Albizzi und ein halbes Dutzend Krieger ihn erwarteten. Nebst der Prinzessin.
„Ansoalda wird Euch begleiten“, erläuterte Hraldir. „Und mit ihr der Prinz. Es wird sicherlich nicht von Nachteil sein, wenn Albertus Magnus die Bescherung gleich studieren kann. Meint Ihr nicht auch?“
„G-gewiss“, stotterte Otto.
„Und ich hoffe, dass er auch gleich abhelfen kann, denn wenn nicht...“
Hraldir
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