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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Flexner steif. Caroline hatte ganz vergessen, daß sie da
war. »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber. Wiedersehen,
Robbie, mein Schatz. Ruf mich an, wenn du rauskommst. Wir sind im
Netz.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um Robbie
einen leichten Kuß zu geben. Ihre Augen zuckten zur Seite,
vermutlich auf der Suche nach ihrem Mann. Robbie hielt Carolines
Blick fest, bis er die Bewegung von Janes Augen spürte;
Caroline sah den Moment, als er ebenfalls nach dem abwesenden Mr.
Flexner Ausschau hielt. Belustigt – er machte seine Sache
auch nicht annähernd so gut, wie er es gern gehabt
hätte – ließ sie die beiden dort stehen und ging
wieder hinein.
    Der Barkeeper stellte die letzten von drei Dutzend
Stühlen in Reihen vor dem riesigen Wandbildschirm auf. Die
Ärztin, eine schlanke Schwarze in einem adretten
weißen Kleid mit einem weißen Stirnband, stand
wartend an der Konsole. Der andere Arzt stand in einer entfernten
Ecke des Zimmers und hörte aufmerksam Joe McLaren zu.
Caroline sah, wie beide einen Blick auf Sandy Ochs warfen, die
auf einem Stuhl außen auf der anderen Seite der ersten
Reihe hockte. Caroline nahm in der letzten Reihe Platz. Einen
Augenblick später glitt Robbie Brekke neben sie.
    »Zeit für den medizinischen Grundkurs.«
    Sie lächelte. »Ich wette, jeder in diesem Raum
kennt bereits alles, was sie uns erzählen werden, bis ins
letzte Detail.«
    »Ich nicht.«
    »Haben Sie nicht alles übers Eufeln gelesen, bevor
Sie herkamen?«
    »Ich hab gar nichts gelesen.« Caroline drehte sich
auf ihrem Stuhl, um ihn anzusehen. Seine blauen Augen funkelten.
»Waren Sie schon mal in Liberia?«
    »So tollkühn bin ich nicht.«
    »Sie müssen nicht alles glauben, was Sie in den
Nachrichten sehen. Nicht jeder in Afrika ballert rum oder
verhungert. Ungefähr die Hälfte von ihnen schmuggelt.
Ich hab mit ein paar Freunden in River Cess ein Boot gechartert
und…«
    »Warum wollen Sie mir das erzählen? Einer
völlig Fremden? Woher wissen Sie, daß ich nicht bei
der Polizei von Zürich bin?«
    Er musterte sie ausgiebig, von der Stirn abwärts, mit
derart übertriebener Ungläubigkeit, einem solch offenen
und dennoch selbstironischen Vergnügen, daß sie
lächeln mußte. Es war eine Scharade, eine Einladung,
bei dieser Scharade mitzumachen, und eine amüsierte
Erhabenheit über die Scharade, alles zugleich. Und er machte
seine Sache gut, besser, als sie nach seiner Vorstellung auf der
Terrasse gedacht hätte. Bewußte Unverschämtheit
allein war auf die Dauer ermüdend. Das hier war etwas
anderes.
    »Sie sind ein Naturtalent, Robbie Brekke,
stimmt’s?«
    »Worin?«
    Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Die schlanke
schwarze Ärztin an den Konsole räusperte sich. Es wurde
still im Raum.
    »Willkommen am Institut zur Operativen
Erschließung Früherer Leben. Ich bin Doktor Maxine
Armstrong, die ärztliche Direktorin, und ich möchte
Ihnen allen danken, daß Sie heute abend zu unserem
präoperativen Empfang gekommen sind. Manche von Ihnen sind
erst in ein paar Wochen an der Reihe, aber indem wir mit Ihnen
allen zugleich reden, können wir – das medizinische
Personal – so gründlich wie möglich sein. Sie
werden natürlich auch Einzelgespräche mit Ihren
jeweiligen Ärzten führen. Wir vom Institut zur
Operativen Erschließung Früherer Leben sind uns
jedenfalls bewußt, daß einige von Ihnen von weither
zu uns gekommen sind, und wir möchten Ihnen danken,
daß Sie sich den Erfordernissen unserer Planung
angepaßt haben.«
    »Das hat sie auswendig gelernt«, sagte Robbie
leise zu Caroline. Sie nickte leicht. Dr. Armstrong stand auf dem
Boden, als ob dieser sich gehorsam an ihre anmutigen
Füße geschmiegt hätte. Caroline hatte schon
früher solche Ärzte gesehen: total beherrscht, absolut
selbstsicher. Zu viele solche Ärzte.
    »Ich möchte mit einer Darstellung der Grundlagen
der Reinkarnation beginnen, obwohl ich sicher bin, daß Sie
mit diesem Stoff alle bereits vertraut sind. Bitte haben Sie ein
wenig Geduld mit mir.« Sie lächelte mit geübtem
Charme und sagte etwas zu der Konsole.
    Es wurde dunkel in dem Raum. Auf dem Bildschirm leuchtete die
stilisierte Graphik eines riesigen, dreidimensionalen Gehirns,
die sich langsam drehte. Nach zehn Sekunden schoß das
Gehirn auf einmal nach außen und pulsierte im Publikum und
drumherum: eine holographische Projektion. Ein paar Leute zuckten
zusammen und lachten dann nervös. Der

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