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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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sicher durch die Lappen gehen. Was die Mitwirkung beim Banküberfall betraf, die wäre im folgenden Jahr verjährt. Und um ihn wegen Mordes zu kriegen, bräuchte er ein Geständnis. Er ging den gepflasterten Weg bis zum Aquaterrarium der Biber und stellte sich ans Geländer, von wo aus er einen guten Ausblick auf die Tiere hatte, die sich allerdings damit begnügten, ein paar Mal unter ihm durchs Becken zu tauchen. Nachdem er das Informationsschild über die Lebensweise der Biber gelesen hatte, ging er weiter zum nächsten Gehege. Hier setzte er sich auf eine Bank und betrachtete eine halbe Stunde lang die Gämsen und Steinböcke, wie sie auf den riesigen Felsbrocken auf und ab sprangen, ohne dass Schäfer darin einen Sinn entdecken konnte. Sie verhielten sich eben so, wie es erwartet wurde. Nichts trauriger als ein Haufen deprimierter Bergtiere, die lethargisch und ihres Lebens überdrüssig im Dreck lagen und sich nicht einmal die Mühe machten, den Kopf zu schütteln, um die Fliegen loszuwerden. Abermals läutete sein Telefon, was zwei der Steinböcke veranlasste, ihren Kopf zu ihm zu drehen und sich in angespannte Alarmstellung zu bringen.
    „Bergmann. Was gibt’s? … Sind Sie sicher? … Wer hat Ihnen das gesagt? … Na ja, trifft sich eigentlich gut … Ich bin gerade im Alpenzoo in Innsbruck … Weil ich auf eine DNA-Analyse warte … Genau der … Gehe ich einmal davon aus … Das hat der Bruckner übernommen, sollte eigentlich schon im Laufen sein … Na ja, normalerweise klappt die Zusammenarbeit mit den Deutschen ganz gut, und weil es ohnehin keine Verwandte gibt, die gegen eine Exhumierung Einspruch erheben könnten … Na ja, der schon, aber der wird sich kaum freiwillig melden … Ja … Nein, den lassen wir jetzt erstmal in Ruhe … Das sag ich Ihnen bald … Keine Sorge … Auf Wiedersehen, Bergmann.“
    Friedrich hatte zur selben Zeit wie Radner im Tierpark Hellabrunn gearbeitet. Das war keine große Überraschung, aber immerhin ein wichtiges Indiz – wenn es jemals so weit käme, irgendwelche Komplizen zu überführen. Schäfer stand auf und ging ziellos über das Gelände des Zoos. Nachdem er ein paar Minuten vor dem Gehege der Braunbären verbracht hatte, setzte er sich auf die Terrasse des kleinen Restaurants nebenan, trank einen Tee und aß eine Speckplatte. Sein Bein begann wieder stärker wehzutun und er fragte sich, warum er vergessen hatte, Konopatsch um Schmerztabletten zu fragen. Als er den Kellner an den Tisch rief, um zu bezahlen, rief Baumgartner an und teilte ihm mit, dass in München mit der Exhumierung von Radners Mutter begonnen worden war. Während Schäfer mit ihr sprach, versuchte er dem Kellner mit seiner freien Hand die Höhe des Trinkgelds zu vermitteln, was dazu führte, dass er gar nichts mehr zurückbekam. Er überlegte, ob er als Ausgleich den mit einem Murmeltier verzierten Aschenbecher mitnehmen sollte, entschied sich dann aber dagegen. In welch seltsame und überwunden geglaubte Handlungsmuster einen die Orte bringen können, wo man seine Jugend verbracht hat, dachte er, als er zum Ausgang humpelte und ein Taxi rief.
    Als er beim Gebäude der Pathologie ankam, fand er die Vordertür verschlossen vor. Er rief Konopatsch an, der ihm ein paar Minuten später aufsperrte.
    „Sohn“, sagte er, ohne irgendwelche weiteren Erklärungen.
    „Sicher?“
    „Wenn du die genau prozentuelle Wahrscheinlichkeit willst, die irgendwo bei 99,9 liegt, dann musst du Peter fragen. Der freut sich immer, wenn er mit jemandem über Genstrukturen und die Doppelhelix reden kann.“
    „Nein nein, ich glaub dir schon“, wehrte Schäfer ab, „hast du den Skelettierten schon durch?“
    „Mein Gott, Schäfer. Hast du überhaupt irgendeine Ahnung von meiner Arbeit? Im Kopf hat er kein Loch und die üblichen Organe sind nicht mehr vorhanden, wie du vielleicht schon bemerkt hast. Aber da ihr eine Kugel gefunden habt, würde ich dir raten, von Tod durch Erschießen auszugehen. Mehr kann ich dir momentan leider noch nicht sagen.“
    „Schon gut, Knochen. Hätte ja sein können. Und das Alter?“
    „Von der Leiche oder vom Skelett?“ Konopatsch sah Schäfer spitzbübisch an.
    „Ähm … na, wie lang er unter der Erde lag, zuerst einmal. Und dann auch das Alter von dem Toten, also wie alt er war, als er gestorben ist.“
    „Schön, dass du dich noch auskennst“, grinste Konopatsch, „also, sein Alter schätze ich auf Mitte bis Ende zwanzig, ist von den Zähnen bis zu den Gelenken alles recht

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