Schaenderblut - Thriller
viele Frauen ... und Kinder. Ich konnte nicht anders. Es war wie ... wie eine Sucht.«
Joe knallte den Zeigefinger vehement auf die Taste und riss den Telefonstecker aus der Wand. Er setzte sich vor den Computer und schlug ein Buch auf. Es war eine zoologische Abhandlung mit dem Titel Perfekte Raubtiere . Joe schmunzelte wie über einen Insiderwitz.
Kapitel 3
Manche Kulturen vertreten die Auffassung, man könne das Wesen von Gott nur erfassen, indem man seine Schöpfungen studiert. Nicht indem man die Bibel liest oder dem abergläubischen Geschwätz eines scheinheiligen pädophilen Priesters lauscht, sondern indem man sein Wirken in der Natur betrachtet. Daraus ergibt sich die logische Schlussfolgerung, dass Gottes Handschrift vor allem bei jenen Kreaturen erkennbar ist, denen es an freiem Willen mangelt. Denn sie tun nur das, was die göttliche Natur von ihnen verlangt, wurden darauf programmiert, einzig und allein nach ihrem Instinkt zu handeln.
Joe interessierte sich sehr für Tiere, vor allem für Raubtiere. Er wollte die natürlichen Instinkte verstehen, die auch das menschliche Verhalten lenkten. Er hatte viele Fragen zum sogenannten anormalen Verhalten. Konnte es sein, dass es sich dabei in Wahrheit um den natürlichen Zustand des Menschen handelte? Existierte ein Instinkt, zu töten? Ein Instinkt, zu rauben, zu vergewaltigen, zu verstümmeln und zu zerstören?
Bei Tieren stieß Joe mit bestürzender Regelmäßigkeit auf Handlungen, welche die Gesellschaft als sündig oder kriminell abstempelte. In der Natur gab es Homosexualität, Inzest, Vatermord, Muttermord, Kindestötung, Krieg, Raub, Vergewaltigung, Leichenschändung und Kannibalismus. In zahllosen TV-Dokumentationen verfolgte Joe mit großem Interesse, wie Paviane Schimpansen ermordeten, ihre eigenen Babys auffraßen und sich gegenseitig das Essen wegnahmen. Er sah, wie Hunde ihre eigenen Mütter schändeten und Löwen andere Löwenmännchen angriffen und töteten, ihre Nachkommen ermordeten und auffraßen. Joe fühlte sich angesichts dieser Verhaltensweisen, die Gott zu dulden schien, nicht länger als Monster. Es sei denn, Gott war selbst geistesgestört.
Joe blätterte in einem Bildband über Raubkatzen und spürte eine aufwühlende Seelenverwandtschaft. Sie alle erfreuten sich einer Position am oberen Ende ihrer jeweiligen Nahrungskette. Doch unangefochten an der Spitze der globalen Nahrungskette stand der Mensch, das größte Raubtier von allen. Es gab nichts, was ihm nicht auf die eine oder andere Weise als Beute diente, sei es als Nahrung, Bekleidung, Medizin, Fell, Schmuck, Talisman oder einfach nur als Jagdopfer. Aber der Mensch besaß keine natürlichen Feinde – abgesehen von seinesgleichen.
Joe betrachtete voller Bewunderung die Aufnahme eines schlanken Jaguars, der sich auf eine Gazelle stürzte, und versuchte sich lächelnd vorzustellen, wie es sich wohl anfühlte, die Zähne in sein Opfer zu schlagen und warmes Blut zu kosten, wenn es aus einer zerfetzten Arterie herausschoss. Er blätterte um und stieß auf das Foto eines Pavians, der einem kleinen Schimpansen den Schädel einschlug. Die Schmerzen und das Entsetzen in den Augen des Affen erregten ihn. Er stellte sich vor, selbst dieser Pavian zu sein. Seine Kiefer schlossen sich um den Schädel einer jungen Studentin, seine scharfen Reißzähne drangen in ihr Gehirn ein. Joe rutschte unbehaglich auf dem Stuhl hin und her, während seine Erektion zu voller Größe anschwoll.
Der Hunger in seinem Magen verschmolz mit dem Hunger seiner Lenden zu etwas Dunklem und Mörderischem. Es weckte das Raubtier in ihm, das zusammengerollt in den Eingeweiden den Geruch der Beute witterte. Er warf einen Blick auf seinen schlafenden Zimmergenossen auf der anderen Seite des Raums, der sich unter der Bettdecke verkrochen hatte und leise schnarchte. Sein Magen knurrte beim Gedanken an frisches Fleisch. Das Monster war heute Nacht besonders gierig.
Mit einiger Überwindung wandte er sich von der bewegungslosen Gestalt seines Mitbewohners ab und klappte das Buch zu. Er schaltete den PC ein und holte das Monster aus seinen Shorts heraus, packte es fest mit der linken Hand. Er hatte genug gelesen. Höchste Zeit für eine Pause. Er ging online und rief im Browser seine Lieblings-Website auf. Er klickte auf das Symbol am unteren Rand und gelangte auf eine Seite mit der Überschrift Die Zubereitung von Menschenfleisch zum Verzehr durch den Menschen . Er begann, mit langsamen, trägen Bewegungen zu
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