Schandtat
kleinen Jungen, der eine Überraschung vorbereitet hatte. Zum Kotzen - ich wollte glauben, dass alles nur vorgetäuscht war. Wenn meine Mom mir etwas kaufte, dann nur deshalb, weil sie etwas wollte. Normalerweise suchte sie Vergebung, aber irgendetwas wollte sie immer. »Danke.«
»Wie gesagt, mit dem Kauf von Bettzeug und dergleichen
habe ich lieber gewartet. Wir können morgen Nachmittag losgehen und aussuchen, was dir gefällt.«
Ich betrachtete die abscheuliche Tagesdecke. »Alles in Ordnung. Wirklich.«
Er lächelte. »Ganz ehrlich, ich hatte vor deiner Ankunft keine Ahnung, was mich erwarten würde.«
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich in meinen Klamotten nicht so ganz wohl, und das machte mich wütend. Ich betrachtete meine zerrissenen Fischnetzstrümpfe und die schwarzen Stiefel. »Ich schätze mal, du hattest dir eher eine normale Person erhofft, was?«
Er schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Ich habe überhaupt keine Vermutungen angestellt. Eine Freundin hat mir gesagt, ein Mann könne keinen größeren Fehler machen, als Kleidung oder Bettzeug für eine Dame auszusuchen, also habe ich es nicht getan. Bitte entschuldige meine Unwissenheit.«
Jetzt fühlte ich mich wie eine Idiotin, weil ich so zickig gewesen war. Ich kaschierte es mit einem Lächeln. »Morgen klingt gut.«
Er krauste die Nase und betrachtete das Bett. »Ist es so übel? Die Decke lag jahrelang im Schrank.«
Ich lachte. »Ziemlich übel. Ich bin nicht gerade von der geblümten Sorte.«
Er nickte. »Na schön. Also dann, morgen. Ich werde dich jetzt allein lassen, damit du auspacken und dich einrichten kannst. Essen wir um sieben zu Abend?«
Ich zog den Reißverschluss meiner Tasche auf und schaute auf die Uhr auf meinem Nachttisch. Halb sechs. »Klar.«
DREI
Ich betrachtete meine Tasche, dann beschloss ich, noch nicht auszupacken, und warf mich stattdessen aufs Bett. Himmlisch weich. Manche Dinge mochten eben alle Mädchen, selbst Punkmädels mit schwarz lackierten Fingernägeln und gepiercten Augenbrauen, und ein schönes Bett gehörte definitiv dazu. Allein dafür lohnte es sich schon, nach Benders Hollow zu kommen.
Als es an der Tür klopfte, wachte ich auf. »Poe?«
Ich sah auf die Uhr. Halb acht. Scheiße. Ich kletterte aus dem Bett und öffnete die Tür, tastete noch schnell meine Wange nach Sabber ab. »Tut mir leid, ich bin eingeschlafen.«
»Langer Tag, hm?«
Ich nickte.
»Hast du Hunger?«
Seine schmalen Lippen verrieten deutlich, dass er verärgert war. Na klasse. Der erste Tag, und ich hatte es bereits vergeigt. »Ja. Ich bin in einer Minute unten.«
Wenige Minuten später kam ich in das förmliche Esszimmer, und der Tisch war für zwei Personen gedeckt. Dad stand von seinem Stuhl auf, und als ich mich hingesetzt hatte, nahm er wieder Platz. Ich beäugte die Mahlzeit. Ein frischer Salat, gedünsteter Lachs mit Zitronenscheiben und roten Zwiebeln und dazu eine Art Pasta, die ich nicht kannte. »Wow. Bist du etwa Koch?«
Er winkte ab. »Ein Hobby.«
Ich seufzte, fühlte mich mies, weil ich mich verspätet hatte. »Das wäre echt nicht nötig gewesen. Bei mir gibt es immer nur Fertiggerichte und Suppen.«
»Ich koche gern. Meistens allerdings nur für eine Person, und somit ist das hier etwas Besonderes.«
»Bist du sauer? Du hättest mich doch auch früher holen können.«
Er legte sich seine Serviette auf den Schoß. »Ich fürchte, ich bin einfach nur so sehr an meine eigenen Tagesabläufe gewöhnt. Wer allein lebt, entwickelt häufig einen Hang zur Intoleranz gegenüber den Lebensweisen anderer.«
»Du klingst wie ein Therapeut oder so etwas.«
Er sah mich an. »Das bin ich auch.«
Ich erstarrte. »Wirklich?«
Er nickte. »Klingt so, als hätte dir deine Mutter nicht besonders viel von mir erzählt.«
»Gar nichts.«
Er nahm einen Bissen, kaute, legte seine Gabel beiseite und fuhr fort. »Ja, ich bin Psychologe. In der Schule, die du besuchen wirst.«
Mir wurde fast schlecht. »In meiner Schule?«
»Ja.«
»Mein Therapeut? Für meine Klasse?«
Er nickte. »Die Highschool ist ziemlich klein. Nur sechshundert Schüler. Ich bin der Schulpsychologe für alle Klassen.«
Ich entwickelte plötzlich ein großes Interesse an meinem Fisch und fing an zu essen. Na prima. Mein Dad war ein Psychofritze, und er würde auch noch den ganzen Tag in
meiner Nähe sein. »Wann geht denn hier die Schule wieder los?«
»Nächste Woche. Dienstag.«
»Das ist ja gleich zwei Wochen früher als
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