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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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von Dr. Biester schwächen mich meist mehr, als dass sie mir Gutes täten.«
    »Dann lass mich allein fahren, Vater. Jurek kann mich bringen, und in Wandsbek werde ich bei den Beerenbooms gut untergebracht sein.«
    »Das kann ich nicht verantworten, Kind. Die Straßen sind viel zu gefährlich, als dass ich ihnen meine unverheiratete Tochter auch nur für eine so kurze Fahrt wie bis nach Wandsbek anvertraute.«
    »Es ist der Todestag meiner Mutter. Ich möchte ihr unbedingt diese Ehre erweisen und ihrer an ihrem Grab gedenken.« Ruths Stimme klang ruhig und fest, obwohl sie im Inneren bebte. So wie jetzt würde sich auch ihre Ehe anfühlen, immer würden andere über ihren Weg entscheiden.
    »Ich werde darüber nachdenken«, sagte Abelson und verließ die Stube.

Dienstag, 9. November 1701
17
    M it einem kräftigen Ruck öffnete sich die Tür zur Herrenstube. Jürgen, der Henkersknecht, stand im Rahmen und schob Bunk mit eisernem Griff über die Schwelle. Wrangel, der sich bereits an den kleinen Tisch gesetzt hatte, erhob sich und ging auf die beiden zu.
    Bunk zitterte. Vor Kälte, vor Scham, vor Wut, vor Verzweiflung? Er vermochte es nicht zu sagen. Aber seit dem Verhör hatte kaum jemand mehr mit ihr gesprochen. Nur die Henkersknechte stiegen zu ihr hinab ins Verlies und brachten ihr zweimal täglich eine Schüssel mit dünner Suppe oder fadem Brei und einem Kanten harten Brotes. Mehr hatte Asthusen seinen Gefangenen nicht zu bieten. So grob wie Jürgen die Frau hielt, mochte vielleicht auch er Angst davor haben, sie könnte tatsächlich eine Hexe sein, wie die Bauerntölpel beim Verhör geschrien hatten. Schließlich war er es ja gewesen, der ihr die Kleider zerrissen und ihren Körper bloßgestellt hatte. Vielleicht fürchtete er insgeheim eine teuflische Rache? Wrangel traute dem einfältigen Mann durchaus so viel Aberglauben zu.
    Bunk stolperte vor dem Henkersknecht auf einen der in die Wand eingelassenen Eisenringe zu, und Jürgen kettete sie mit schnellen Handbewegungen an ihm fest.
    Wrangel holte derweil einen großen Laib Brot, vier hartgekochte Eier, ein ordentliches Stück Schinken sowie einen Kanten Hartkäse aus einem ledernen Sack hervor. Er breitete alles sorgfältig auf dem Tisch aus und wandte sich dann Bunk zu. Ihr Anblick war erbärmlich. Das zerfetzte Hemd hatte sie mühselig in die Hose gestopft, die selbst vor Dreck starrte. Die Haare wirr zusammengebunden, das Gesicht verschmiert, stierte sie ihn unverwandt aus rötlich verquollenen Augen an und presste ihre mit Trockenrissen überzogenen Lippen zusammen. Ein beißender Geruch von Schweiß, Urin und Unrat ging von ihr aus, dass es einem den Atem nahm. Aber Wrangel verzog keine Miene.
    »Jürgen, bring uns zwei Krüge Bier.« Er reichte dem Meisterknecht zwei Groschen herüber. Der schaute verdutzt auf den Prokurator, wagte jedoch nicht zu widersprechen und ging in die Schankstube.
    Mit hungrigem Blick gierte Bunk auf den Tisch. Ihre Hände waren mit ledernen Fesseln vor dem Bauch gebunden, auch die Füße steckten in Fußschellen.
    »Hast du Hunger? So wie ich den alten Asthusen kenne, ist seine Suppe meistens dünn und das Brot hart. Setz dich und nimm dir.«
    Bunk warf Wrangel einen ungläubigen Blick zu. Ihr Magen knurrte bei dem Duft der Speisen. Sie ließ sich auf einem Schemel nieder und griff mit beiden Händen nach dem Brot. Jürgen brachte die Krüge und stellte sie vor den Prokurator.
    »So kann doch niemand vernünftig essen. Lös ihr die Handfesseln, Jürgen. Die Kette an der Wand reicht doch wohl als Sicherung aus. Dann geh und bewache den Raum von draußen. Ich will hier ungestört mit ihr reden.«
    Als der Knecht endlich umständlich die Fesseln gelöst hatte und vor die Tür gegangen war, schob Wrangel Bunk einen KrugBier hinüber. Beherzt griff sie danach und leerte ihn mit wenigen Zügen zur Hälfte. Dann wischte sie sich mit einer kräftigen Armbewegung den Schaum vom Mund.
    »Ich habe gute Neuigkeiten für dich. Die Krämersfrau hat deine Aussage bestätigt und mir erzählt, die Rieken sei bis Mariä Lichtmess bei ihr im Dienst gewesen. So kann sie kaum die Tote sein, die man am 26.  Januar hinter dem Steintor auf dem Schweinemarkt fand.«
    Bunk kaute ausgiebig auf dem Brot herum und starrte den Schinken an. Ihr Blick richtete sich auf Wrangel und wieder auf den Schinken. Wrangel griff erneut in den Beutel und holte ein kleines Messer hervor. Behände schnitt er einige Streifen von dem Schinken ab und legte sie vor

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