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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Leben könnt Ihr mir vorhalten, aber mit Mord hab ich nichts zu tun!«
    »Damit dir das auch das Gericht glaubt, brauchst du meine Hilfe. Wie heißt du?«
    »Hinrich Bunk«, erwiderte sie mit trotziger Stimme und starrem Blick.
    »Wie heißt du, Weib?«
    »Bunk.«
    »Nun gut«, wandte sich Wrangel resigniert ab. »Dem Prätor musst du’s sagen, sonst holt es der Frohn auf der Streckbank aus dir heraus. Überleg es dir.«
    Als er zur Tür ging, drückten in Wrangels Rocktaschen die Äpfel, die er am Vormittag auf dem Hopfenmarkt der alten Bäuerin abgekauft hatte. Er hielt inne, griff hinein, drehte sich um und legte einen neben die leere Suppenschüssel auf den Tisch.
    »Vielleicht fällt dir mit vollem Magen schneller wieder ein, wie du heißt. Wir sehen uns, wenn du dem Prätor vorgeführt wirst.« Damit verließ er die Herrenstube und wies Jürgen, der auf dem Flur Wache hielt, an, die Gefangene zurück ins Verlies zu bringen.
11
    D urch das Esszimmer des Claussen’schen Stadthauses in der Großen Reichenstraße summte das wohlige Klanggemisch einer angeregten Plauderei, unterlegt von leisem Kratzen des Silbers über chinesisches Porzellan, dem hellen Klingen der mit rotem Wein gefüllten Silberpokale und dem vereinzelten Knarren der schweren Stühle. Die mahagonigetäfelten Wände und Decken schimmerten rötlich im Licht von vier gewaltigen Kandelabern, die aus den Ecken des Zimmers eine fürstlich gedeckte Tafel für die acht speisenden Damen und Herren erleuchteten.
    »Wie schön es ist, Prokurator Wrangel, Euch endlich einmal persönlich kennenzulernen. Mein lieber Neffe Matthias hat schon viel über Euch sowie über Eure Leidenschaft für den auch von mir hochverehrten Thomasius berichtet. Sicherlich werden wir viele anregende Themen für fruchtbare Erörterungen finden, wie etwa die Frage nach dem humanistischen Ideal bei …«
    »Bevor du unseren jungen Gast gleich vollends in Beschlag nimmst, mein lieber Otto, möchte ich doch vorher zu gern von Euch hören, lieber Prokurator Wrangel, wie Euch das Leben in Hamburg gefällt«, unterbrach die Dame des Hauses, Margarete Claussen, ihren sich freundlich fügenden Gatten. »Für die Rechtsphilosophie bleibt euch später Zeit bei einem Kaffee in der Bibliothek. Das Leben, besonders eines jungen Mannes, hat doch noch mehr zu bieten als nur die Juristerei? Hamburg hat, wie mir scheinen will, in den letzten Jahren sehr gewonnen, um einem das Leben zu versüßen. Die herrlichen Alleen entlang der Alster, das Promenieren auf dem Jungfernstieg , auf dem die jungen Damen ihre eleganten Kleider ausführen, und dann die vielen schönen Kaffeehäuser, in die sich doch die Herren gern aufeine Partie Billard zurückziehen, wie mir mein lieber Matthias berichtet.«
    »Ihr habt recht, gnädige Frau«, räusperte sich Wrangel ein wenig unsicher. Das Haus der Claussens und die ganze Atmosphäre bei diesem Abendessen beeindruckten ihn. Bis zu diesem Abend war ihm nicht klar gewesen, dass sein Freund Matthias Claussen aus einer der bedeutendsten Familien der Hansestadt stammte. Hanseatisch zurückhaltend hatte er seinen familiären Hintergrund immer heruntergespielt. Gänzlich neu war für Wrangel auch die offene Art, wie hier untereinander sowie mit anderen Menschen umgegangen wurde. Von dieser Seite hatte er Hamburg bisher noch gar nicht kennengelernt, und er musste sich unumwunden eingestehen, dass es ihm hier unter den Gästen der Claussens gut gefiel. »Hamburg ist eine schöne und reiche Stadt. Das Leben eines Prokurators jedoch lässt mir nur wenig Spielraum, mich jenseits meiner Akten und Gerichtstermine zu ergötzen. Umso höher schätze ich die gelegentlichen Treffen mit Eurem verehrten Neffen, auch wenn wir dem Billard kaum frönen.«
    »Nein, mit Wrangel gibt es immer genug anderes zu bereden, verehrte Tante, dass weder für die Begutachtung der Damengarderobe noch für Ballspiele Zeit bleibt«, mischte sich der junge Claussen ein.
    »Die jungen Prokuratoren am Niedergericht haben es wahrlich nicht leicht«, ließ sich Syndikus Lorenz, ein alter Freund der Familie Claussen, vernehmen. Wrangel hatte zuvor gehört, dass er erst vor wenigen Wochen von einer längeren Reise aus Amsterdam nach Hamburg zurückgekehrt war. »So viele Jahre ich jetzt schon dem Rat dieser Stadt diene, so viel Ränke, Neid und Argwohn habe ich gesehen. Wer sich wohl versteht mit dem Prätor, ist gut beraten, auch familiäre Bande helfen häufig. Doch istman dieser Stützen bar, so helfen nur

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