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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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durchsetzten, dass nur Lutheraner Bürger der Stadt Hamburg sein durften.«
    »Damit haben sie uns so manchen Ärger mit den Papisten vom Leib gehalten und dem rechten Glauben in dieser Stadt eine feste Burg geschaffen«, warf Matthias Claussen ein.
    Um Abelsons Mund spielte ein tiefsinniges Lächeln, war ihm doch wegen dieser Regel als Jude trotz seines stattlichen Vermögens jedweder Zugang zum Bürgerstand der Stadt verwehrt. 1697 hatte man sogar auf hartnäckiges Betreiben der Bürgerschaft die Steuern für die Juden verdoppelt. Die hochdeutschen Juden hatten nun dreißigtausend Mark lübisch, die portugiesischen zwanzigtausend Mark lübisch pro Jahr zu zahlen. Dazu hatte man sämtliche Synagogen und jüdische Schulen aus derStadt verwiesen und verboten, dass freitags bei ihnen die Sabbatlampen brannten. Auch durften Juden keine christlichen Bediensteten für niedere Arbeiten in den Dienst nehmen. Zwar zierte sich der Rat einige Monate, dem Ansinnen der Bürgerschaft zu folgen, aber dann gab man nach. All diese unerfreulichen Veränderungen hatten Moses Abelson schließlich auch bewogen, in Amsterdam nach einem möglichen Ehemann für Ruth Ausschau zu halten. Doch trotz der Verschärfungen war Hamburg kaum schlechter als andere Orte, zumindest in deutschen Landen. Für Menschen wie ihn galt es immer, eine besondere Vorsicht walten zu lassen und sich nirgends zu heimisch zu fühlen.
    »Auch bei den mühsamen Verhandlungen 1617 mit den Dänen in Glückstadt standen Mitglieder der Familie Wilken, die Brüder Sebastian und Diedrich, in der ersten Reihe«, fuhr Schultze fort. »Zugleich widersetzten sie sich aber dem Bau der neuen Stadtbefestigung. Die Kosten erschienen ihnen zu hoch. Erst als offensichtlich wurde, wie groß die dänische Bedrohung tatsächlich war, schwenkten sie um und trieben die Arbeiten schließlich mit ganzer Energie zu Ende. Diese Familie scheint immer zur rechten Zeit auf Siegers Seiten zu stehen. Der Vater des gegenwärtigen Prätors Hieronymus Wilken hatte 1684 bei dem Aufstand der Bürgerpartei unter Jastram und Schnittger mehrfach die Fronten gewechselt. Als sich das Blatt unter dänischer Belagerung zu wenden begann, verhandelte er schließlich ohne Skrupel mit Lüneburg und Brandenburg über den Einmarsch ihrer Truppen in die Stadt. Damit bereitete er maßgeblich den Sturz von Jastram und Schnittger vor, die draußen auf St. Georg gerädert, enthauptet und im Beisein Tausender öffentlich zerstückelt wurden. Ihre Schädel stecken bis heute über dem Millerntor und dem Steintor, allen Aufrührern eine Warnung.«
    »Nein, verehrter Direktor Schultze, das tun sie seit heute Nachmittag nicht mehr!«, widersprach Matthias Claussen lebhaft.
    »Was meint Ihr damit?«
    »Als ich heute früh nach St. Katharinen kam, geriet ich in eine aufgebrachte Menge, die zum Steintor eilte, um nach Schnittgers Schädel zu schauen. Denn Jastrams Haupt am Millerntor war bei Toröffnung verschwunden.«
    »Wie kann das sein?«, empörte sich Otto Claussen.
    »Euer Neffe spricht die Wahrheit, guter Freund«, warf Syndikus Lorenz ein. »Mich hat dieser makabre Diebstahl heute auch schon in der Sitzung des Rates beschäftigt. Schnittgers Schädel blieb zum Glück unversehrt. Wir haben ihn verstärkt bewachen lassen. Ist er doch ein Symbol gegen die Tyrannis.«
    »Aber wer klaut einen Totenschädel, dazu noch einen so verdammten?«, fragte Margarete Claussen verwundert.
    »Das Interesse an Totenschädeln scheint weitaus größer zu sein, als man gemeinhin vermuten mag«, ließ sich nun Wrangel vernehmen. »Gleich der erste Fall, mit dem ich hier in Hamburg in Berührung kam, betraf eine Leiche ohne Kopf.«
    »Ja, davon hörte ich, eine junge Frau soll es gewesen sein«, mischte sich Ruth wieder in das Gespräch ein. »Wir machten uns Sorgen damals, dass es nicht bei einer Frauenleiche bleiben könnte. Doch zum Glück ist seitdem kein weiteres so schreckliches Verbrechen in der Stadt geschehen.«
    »Doch der Kopf blieb bis zum heutigen Tage verschwunden«, ereiferte sich Wrangel. »Asthusen, der Frohn, klärte mich auf über die Wunderkräfte, die im Pharmazeutischen mit Schädeln in Verbindung gebracht werden.«
    »Asthusen?«, warf Margarete Claussen mit leichtem Schauder ein. »Mit ihm verkehrt Ihr?«
    »Als Prokurator gehört es zu meinen Pflichten, auch mit dem Frohn zu verkehren, gnädige Frau«, erwiderte Wrangel trocken.
    »Liebe Tante, seid unbesorgt, auch mir als Geistlichem ist Asthusen wohlbekannt. Vor

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