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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Fleiß und Gehorsam. Wohl dem, dem beides gegeben ist. Ihr, junger Mann«, wandte sich der ältere Herr an Wrangel, »scheint mir mit beidem gesegnet. Auch ist die Lübecker Familie Wrangel doch in Hamburger Kreisen wohlgelitten.«
    Wrangel lächelte dem aus freundlichen, mit schweren eisgrauen Brauen beschatteten Augen wohlwollend blickenden Syndikus etwas verlegen zu.
    »Hat nicht Euer Großvater damals im, wie man nun sagt, Dreißigjährigen Krieg so glücklich Hamburg mit Pulver und Musketen versorgt, als uns die Dänen bei Altona ganz gewaltig zusetzten und kein Schiff mehr unkontrolliert aus dem Hafen ließen? Da hat so mancher hier in der Stadt ein gutes Geschäft mit dem Wrangel’schen Handelshaus gemacht.«
    Wrangel nickte mühsam. Nur ungern ließ er sich mit dem Waffenhandel seines Großvaters in Verbindung bringen, auch wenn letztlich sein heutiger Stand darauf beruhte. »Das Kaufmännische der Wrangels ist schon seit längerem fest in den Händen meines Bruders. Mich hat immer nur die Juristerei gelockt, nie der Handel«, erwiderte er.
    »Nun, da habt Ihr viel gemeinsam mit Eurem derzeitigen Prätor. Auch die Wilkens pflegen in ihrer Familie seit vielen Generationen das Zwiegespann aus Kaufmann und Jurist.«
    »Wobei, verehrter Syndikus Lorenz«, schaltete sich der weißhaarige Herr neben Otto Claussen, Moses Abelson, in das Gespräch ein, »ein guter Jurist bei Gericht doch immer auch ein Kaufmann sein sollte, denn ohne Handel geht auch dort nicht viel.«
    Abelsons kleine Augen blitzten schelmisch hinter seiner silbernen Brille hervor, und seine flinken langen Finger klopften im Takt seiner Worte auf den Tisch. Beschwichtigend wie bei einemKind legte die rechts neben ihm sitzende junge Dame ihre kleine Hand auf seine tanzenden Finger.
    »Aber Vater, wie kannst du nur den Hamburger Gerichten unterstellen, kaufmännisches Interesse über das Recht zu stellen? Tust du da nicht unseren Freunden Unrecht?«
    »Nein, Ruth, mein Kind, ganz und gar nicht. Die kaufmännische Vernunft dieser Stadt ist es doch, die dem Recht genügend Raum lässt, um der Willkür eines Tyrannen, wie auch immer er gewandet sein mag, entgegenzuwirken. Und mit dem Recht auch dem Humanismus, dessen Freund unser junger Prokurator hier ist.«
    »Doch der Tyrann kann auch in der Gier verborgen sein. Und wer füttert sie besser als der Gewinn des Kaufmanns?«
    Ruths graue Augen blitzten ungestüm unter ihren nur mühsam mit einer kleinen Haube gebändigten schwarzen Locken hervor. Ihre kleine spitze Nase und die schön geschwungenen Lippen gaben ihrer Erscheinung etwas Zartes und Zerbrechliches, was so gar nicht zu ihren markanten Äußerungen passen wollte. Wrangel konnte seine Augen nur mühsam von ihr abwenden, als Moses Abelson scherzend das Wort an ihn richtete.
    »Denkt bitte nicht schlecht von meiner kleinen Tochter, Prokurator Wrangel. Die Sorge um ihren alten Vater lässt sie manchmal vorlaut werden. Doch im Allgemeinen ist sie eine überaus fürsorgliche und zurückhaltende junge Dame, über die ich keinen Tadel zu führen habe.«
    Die Röte schoss Ruth bei den Worten ihres Vaters in die Wangen, und sie schlug den Blick beschämt nieder.
    Mit freundlich beschwichtigendem Lächeln ergriff Lorenz erneut das Wort. »Um im Spiel der Mächte einen Ausgleich zu ermöglichen, setzt sich der Rat der Stadt zu gleichen Teilen aus Juristen wie aus Kaufleuten zusammen. Freilich gibt es Familien,die es verstehen, auf beiden Gebieten durch Experten im Rat vertreten zu sein. Die Familie Wilken ist dafür ein berühmtes Beispiel. Neben unserem hochgeschätzten Prätor Hieronymus Wilken sitzt auch sein jüngerer Bruder Michel, ein außerordentlich talentierter Kaufmann, im Rat.«
    »Oh ja«, stimmte Abelson, der Wendung im Gespräch nur zu gern folgend, zu. »Michel Wilken hat sich auch im Geldgeschäft schon einen Namen gemacht. In unserem kleinen Kreis von Bankiers hört man öfter von ihm, erst kürzlich tauschte ich mich mit meinem Amsterdamer Freund Isaak Wiesenthal respektierlich über ihn aus.«
    »Dabei stehen die Wilken-Brüder in einer langen Tradition«, ließ sich jetzt Johann Schultze, der Direktor der Gelehrtenschule Johanneum und ein guter Jugendfreund von Otto Claussen, vernehmen. »Schon oft saßen zwei Wilken-Brüder oder Vettern zugleich im Rat. Sie vertraten Hamburg auf den Hansetagen, andere stellten sich der Reformation entgegen, um dann noch im letzten Moment zu glühenden Anhängern des neuen Glaubens zu werden, die

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