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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Gedanken.
    Zusammengekauert hockte das Mannweib auf einem Strohsack in der Ecke ihrer schummrigen Zelle. Die Luft war zum Schneiden dick, es stank nach Urin, Kot und fauligem Stroh. Eine Ratte hatte eine Brotkrume erhascht und huschte, sie gierig aufnagend, an der Wand entlang.
    »Hinrich Bunk, oder wie du auch immer heißen magst, ich bin Advocatus Wrangel, Prokurator am Hamburger Niedergericht.Der Prätor des Gerichtes hat mich ausgewählt, dir als Pflichtverteidiger bei der Anklage auf Körperverletzung zur Seite zu stehen, sofern du dir keinen eigenen Advocatus leisten kannst.«
    Missmutig warf die Gefangene Wrangel einen kurzen Blick zu, verbarg dann ihr blutverschmiertes und blaurot angeschwollenes Gesicht unter ihren Händen.
    »Die Selbstverteidigung ist am Hamburger Niedergericht nicht erlaubt. Es steht dir aber frei, dir selbst einen Anwalt zu nehmen, sollte ich dir nicht passen – sofern du es dir leisten kannst.«
    Sie machte eine abfällige Handbewegung und wandte den Kopf zur Wand.
    »Du widerspenstiges Weib! Zeig mehr Respekt, wenn du mit dem Prokurator sprichst!« Der Frohnknecht schüttelte die Frau kräftig am Arm. Sie schrie vor Schmerz auf.
    »Lass gut sein, Jürgen«, ging Wrangel dazwischen. »Hier stinkt es unerträglich. Wo kann ich in Ruhe mit der Gefangenen reden?«
    Jürgen schaute ungläubig zu Wrangel auf und überlegte einen Augenblick. »In der Herrenstube könnt Ihr mit ihr sprechen. Ich bring Euch das Weib und einen Stuhl.«
    »Bringt zwei Stühle und eine Suppe für die Frau.«
    Kopfschüttelnd zog Jürgen die Gefangene vom Strohsack hoch und schleppte das stöhnende Bündel mit sich aus der Zelle.
    In der Stube waren noch die Spuren des Handgemenges mit dem Bauern zu sehen. Eine kleine Blutlache versickerte langsam zwischen den Dielen, und der schmale, grob gezimmerte Tisch war an die Wand geschoben. Davor hockte nun die Gefangene mit nach vorn gebeugten Schultern und breit aufgestellten Beinen auf einem winzigen wackeligen Schemel und schlürfte gierig die dünne Suppe, die der Meisterknecht ihr soeben murrend vorgesetzt hatte.
    Wrangel schob sich seinen Stuhl in die andere Ecke des kleinen Raumes und betrachtete sie. Ihre groben Hände umklammerten kräftig die Schüssel, jede Bewegung ihres Körpers verneinte alles Weibliche, Weiche. Selbst ihr Schlürfen erschien ihm männlich. Er wusste nichts mit ihr anzufangen. Dies war eine Frau? Er schloss für einen Moment die Augen. Das Schlürfen verstummte. Als er sie wieder öffnete, sah er, dass ihn die Gefangene mit verquollenen grauen Augen fixierte.
    »Was starrst du mich so an? Schmeckt’s nicht? Na, besser als hungern wird’s schon sein.«
    Wrangel rückte seinen Stuhl zurecht, räusperte sich und fuhr dann in juristischem Tonfall fort. »Wie ich schon sagte, bin ich dein Pflichtverteidiger. Damit obliegt es mir, deine Version des Deliktes dem Gericht vorzutragen und dich zu unterstützen, dich gegen die erhobenen Anklagen zu verteidigen, sofern du etwas zu deiner Verteidigung vorzubringen hast. Zuerst müssen wir einmal feststellen, wer du eigentlich bist. Wie ist dein richtiger Name, Hinrich Bunk?«
    Die Frau wandte den Blick von Wrangel ab, biss sich auf die Lippen und starrte auf ihre schmutzigen, blutverschmierten Hände.
    »Du bist ein Weib. Du kannst nicht Hinrich heißen, Bunk! Auf welchen Namen wurdest du getauft?«
    Der Blick der Frau heftete sich jetzt auf die Blutlache, die sich langsam in einen schwarzbraunen Fleck verwandelte.
    »So kommen wir nicht weiter, Bunk. Wie soll ich dich verteidigen, wenn du nicht mit mir redest?«
    Angestrengt stand Wrangel auf und ging zwei Schritte zum Fenster. Draußen hatte die Herbstsonne den Himmel in ein mildes Blau gehüllt, in das in dünnen Säulen der Rauch aus den Schornsteinen der Häuser auf dem Berg stieg. Ein Uhr mussteschon durch sein. Derweil stand er hier bei diesem verstockten Weib und vertat seine Zeit. So wie Prätor Wilken es ihm prophezeit hatte. »Hör zu, Bunk, oder wie auch immer du heißt. Der Vorfall vorhin hat deinem Fall beträchtlich geschadet. Wenn der Prätor dem Zeugen aus Neuengamme Glauben schenkt und dich mit dem Mord in Verbindung bringt, der im Januar hier in Hamburg an einer jungen Frau verübt wurde, dann kann aus der Anklage wegen Unzucht und Körperverletzung auch eine wegen Mordes werden. Und dann kommst du nicht mit dem Staupenbesen davon, dann droht dir das Rad.«
    »Ich habe niemanden umgebracht!«, schrie die Frau aufgebracht. »Mein

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