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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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ich weiß.«
    »Und diese hier, die keinen Absender haben?«
    Die Hebamme musterte verwundert die beiden versiegelten Briefe. »Ich weiß es nicht«, sagte sie schließlich. »Ich hatte Bunk angeboten, seine Briefe in dieser Schublade zu lagern. Ich selbst habe nicht nachgesehen, was er hineintat.«
    »Wann habt Ihr Bunk das letzte Mal gesehen?«
    »Im Frühjahr war es. In der Woche vor Palmsonntag übernachtete Bunk hier auf einem Botengang nach Lübeck. Ich selbst musste in der Nacht raus zu einer schwierigen Geburt. Als ich am nächsten Tag wiederkam, war er schon weg. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Bis Ihr heute zu mir kamt.« Die Hebamme nahm noch einen Schluck Wacholderaufguss und strich ihre Schürze glatt.
    »Habt Ihr die Schreiben gelesen?«
    Bruhn schaute Wrangel fragend an. »Natürlich nicht. Sie sind ja nicht an mich gerichtet.«
    »Darf ich die Briefe mitnehmen? Vielleicht könnten sie helfen zu beweisen, dass Bunk und Cäcilie zur Zeit des Mordes in Hamburg schon gar keinen Kontakt mehr zueinander hatten.«
    »Nehmt sie ruhig mit. Sie gehören Bunk. Und wenn sie ihmheute helfen können, so hat sich das Geld für den Schreiber wenigstens noch gelohnt.«
    »Sollte es nötig werden, darf ich Euch dann als Zeugin nach Hamburg an das Niedergericht bitten?«
    »Wenn es nicht unbedingt sein muss, Prokurator, dann lasst es lieber sein. Menschen wie ich machen in einem Prozess, in dem die Angst um Hexerei mitspielt, selten eine gute Figur. Mögen die Briefe Euch hoffentlich genügen.«
    »Hoffentlich. Habt Dank, Frau Bruhn.«

Sonntag, 21. November 1701
39
    W rangel saß in der Gaststube und wartete auf die Kutsche. Nach und nach kamen Männer herein und bestellten Bier. Die Kirche war aus, der Gottespflicht Genüge getan. Auch Wrangel hatte sich die Predigt von Pastor Bredefeld angehört. Wenig schwungvoll war sie gewesen, ein einziges Ermahnen vor den Fallstricken, die Gott auf den Wegen der armen Sünder zuließe. Reumütig hatte man im Chor genickt und ein »Herr, erbarme dich!« gesungen.
    Auch Wrangel selbst hatte diese Fallstricke kennengelernt. Genau hier, in Wandsbek. Schon der gestrige Besuch des Wandsbeker Badehauses war ein Genuss für die Sinne gewesen. Hier nahm man es mit der Trennung nach Geschlechtern nicht allzu genau, sodass man immer wieder einen Blick auf nur mit leichten Tüchern verhüllte Frauen werfen konnte.
    Wrangel hatte zunächst lange auf der Schwitzbank zugebracht und sich dabei angeregt mit einem Kaufmann aus Lüneburg unterhalten, der im Salzgeschäft tätig war und regelmäßig die ganze Salzstraße abreiste. Er hatte viele lustige Anekdoten zu erzählen, die er mit manchem zotigen Spruch zu würzen verstand. Anschließend hatte Wrangel sich von einem Gehilfen des Baders in einem großen Badekübel abseifen und baden lassen. DerJunge verstand sein Handwerk gut und massierte ihm auch ordentlich den Rücken.
    Frisch gewaschen und rasiert hatte er sich dann an einem Spanferkel satt gegessen und zwei Krüge Starkbier geleert. Am späten Abend schließlich war wieder die kleine Magd zu ihm gekommen und hatte ihm eine Nacht köstlichster Sinnesfreuden geschenkt. Kurz, er hatte den Samstag rundheraus genossen und fühlte sich auch jetzt einfach nicht wie ein armer Sünder.
    So klang sein »Herr, erbarme dich!« hohl in ihm nach. Wie lebendig er dagegen aber noch das Prickeln auf seiner Haut spürte, die das Mädchen liebkost hatte! Vielleicht lag es einfach an der mangelnden Überzeugungskraft der Worte des Pastors. Hätte Claussen gesprochen, so wäre ihm die Sünde sicherlich anders unter die Haut gefahren.
    Die Gaststube hatte sich bereits gut gefüllt, auch erste Reisende von der Straße waren eingetroffen. Zwei Männer am Nebentisch tauschten Neuigkeiten aus Hamburg aus. Schnell kamen sie auf die neueste, beim Henker zu bestaunende Attraktion zu sprechen.
    »Verbrennen soll man diese Hexe! Männern, die in ihre Fänge geraten, zaubert sie das Glied weg und hängt es sich selber an, um dann ihre Frauen zu besteigen! Auch Jungfrauen führt sie sich zu Gemüte und schändet sie so für das ganze Leben.«
    »Das ist ja fürchterlich! Und keiner tut was gegen solche Schande! Aber wenigstens haben sie das Weib gefasst, und das Gericht wird endlich einmal zeigen können, dass es weiß, was es seinen Bürgern zum Erhalt der öffentlichen Ordnung schuldig ist. Das wird ein Fest, wenn der Henker sie mit glühenden Zangen zwickt für jede Jungfer, die sie sich nahm. Den Tag

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