Schatten der Angst (German Edition)
halbe Stunde? Machst du Scherze?«
»Na ja, vielleicht nicht ganz so lang. Wir werden sehen.«
16
Amanda erwachte am nächsten Morgen wund, erschöpft und zum ersten Mal seit Jahren voller Hoffnung. Sie hatte sich ihren Ängsten gestellt und es geschafft, sie zu überwinden. Letzten Endes hatte der Mörder doch nicht den Sieg davongetragen. Und auch wenn sie einander nicht ihre Liebe erklärt hatten, so hegte sie doch keinerlei Zweifel, was ihre eigenen Gefühle betraf.
Sie war hoffnungslos und unwiderruflich in Logan verliebt.
Sie konnte einfach nicht aufhören zu lächeln.
Und vor sich hinzusummen.
Was Karen dazu veranlasst hatte, ihr am Frühstückstisch schiefe Blicke zuzuwerfen.
Doch ihre Verzückung war nicht von Dauer. Über ihrem Glück hing eine dunkle Wolke; das Böse lauerte im Schatten und drohte ihre Träume zu zerstören. Ehe der Mörder geschnappt war und sie die Gewissheit hatte, dass der Mann, der sie überfallen und Dana getötet hatte, keiner weiteren Frau wehtun konnte, war es ihr unmöglich, Frieden zu finden.
Als Karen zu einem ihrer Rundgänge um das Grundstück aufgebrochen war, ging Amanda hinüber in Logans Arbeitszimmer. Er hatte ihren Computer auf ein Beistelltischchen gestellt, als sie daran gearbeitet hatte, die Beweismittel zu katalogisieren und das Computerprogramm zu schreiben, das der Polizei bei den Ermittlungen helfen sollte. Logans Laptop stand auf dem Schreibtisch – dieses Mal hatte er ihn nicht weggeschlossen, bevor er zur Arbeit gegangen war.
Sie ignorierte die Stimme ihres Gewissens, die ihr sagte, dass sie lieber die Finger von seinem Computer lassen sollte. Sie wusste, dass Logan dort Informationen gespeichert hatte, die er nicht mit ihr teilen wollte, um sie nicht zu verstören. Aber was, wenn diese Informationen genau diejenigen waren, die eine Erinnerung ihn ihr wachriefen, sodass sie endlich Zugang zu dem fehlenden Puzzleteilchen hatte, von dem Logan immerzu redete? Was, wenn sie auf diese Weise den Hinweis fand, nach dem er so verzweifelt suchte?
Den Mörder dingfest zu machen war für sie genauso wichtig wie für ihn. Er glaubte, dass sie es nicht mitbekam, wenn er mitten in der Nacht aufstand und hinunter in sein Arbeitszimmer ging, um über seinen Akten zu brüten. Doch sie hatte es bemerkt, hauptsächlich deshalb, weil sie ebenfalls Probleme mit dem Schlafen hatte. Sie machte sich genauso viel Gedanken über die Identität des Mörders wie er, und sogar ihre Gründe ähnelten den seinen. Beide hatten sie ihren persönlichen Dämon, mit dem sie fertig werden mussten, und diesen Fall zu lösen war vielleicht der einzige Weg, sich von dem bösen Geist zu befreien.
Ihre Überlegungen beflügelten sie, und sie setzte sich an den Schreibtisch. Den Laptop ignorierte sie zunächst einmal, sie schob ihn beiseite und konzentrierte sich auf die Aktenstapel. Als sie die Unterlagen durchgesehen hatte, wurde Amanda klar, dass man Logan, was Details und Organisatorisches anging, mit Fug und Recht einen Pedanten nennen konnte. Er hatte jeden Bericht und jede Befragung peinlich genau dokumentiert; von nachlässiger Polizeiarbeit konnte keine Rede sein. Kein Fall, den Logan Richards dem Bezirksstaatsanwalt übergab, würde wegen Verfahrensverstößen eingestellt werden müssen.
Alles in allem handelte es sich um zwölf verschiedene Fälle. Logan überprüfte offenbar alle Entführungen, Morde und darüber hinaus zwei Vermisstenfälle, die Ähnlichkeiten mit der Mordserie des Rote-Rosen-Rippers hatten, und suchte nach einem gemeinsamen Muster bei den Verbrechen. Da sie mit den anderen Fällen nicht vertraut war, beschloss sie, sich auf diejenigen zu konzentrieren, bei denen es ihres Wissens eine Verbindung gab – auf den Fall von Carolyn O’Donnell und ihren eigenen. Es gab mehrere neue Befragungen und Berichte, die sie noch nicht kannte. Diese würde sie als Erstes lesen, um zu sehen, ob sie jenes schwer fassbare Bindeglied fand, das ihr Computerprogramm nicht hatte aufspüren können.
Sie öffnete die oberste Schublade von Logans Schreibtisch und war nicht überrascht festzustellen, dass auch dort peinliche Ordnung herrschte: Es gab Briefumschläge, Briefmarken, Stifte und eine Schale für Büroklammern, damit diese nicht lose herumflogen. Sie nahm sich einen Stift und öffnete die zweite Schublade. Darin lagen ein Stapel Notizblöcke und ein Stapel Spiralblöcke. Sie nahm sich einen Notizblock, legte ihn auf den Schreibtisch und schloss die Schublade wieder. Mit
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