Schatten der Liebe
Aber später, als alle Gäste gegangen waren, hatte sie es noch tausendmal mehr genossen, im Bett ihre Rolle als seine Ehefrau zu spielen. Vertrauen und die Übernahme von Verpflichtungen, so entschied sie noch im Halbschlaf, wirkten sich offenbar auch auf das Liebesieben aus, denn von der stürmischen Art und Weise, auf die sie sich in der vergangenen Nacht geliebt hatten, war alles Vorhergegangene in den Schatten gestellt worden.
Durch die halbgeschlossenen Jalousien fielen einzelne Sonnenstrahlen ins Zimmer, und sie drehte sich auf den Rücken und öffnete ganz langsam die Augen. Matt hatte ihr vor einer Weile einen zärtlichen Abschiedskuß gegeben und gesagt, er ginge rasch zum Bäcker, um für ihr Frühstück einzukaufen. Er hatte ihr eine Tasse Kaffee auf den Nachttisch gestellt, und nachdem sie sich ausgiebig gestreckt und gereckt hatte, richtete sie sich auf und lehnte sich genüßlich gegen die Kissen.
Sie hatte gerade den ersten Schluck getrunken, als Matt ins Zimmer kam - in der Hand eine Tüte mit verlockend duftendem Inhalt, unter dem Arm eine zusammengefaltete Zeitung und auf dem Gesicht einen seltsamen Ausdruck der Anspannung. »Guten Morgen«, sagte sie und lächelte ihn an, während er sich zu einem Kuß über sie beugte. »Was ist das?« fügte sie hinzu, mit dem Kopf auf die Boulevardzeitung deutend.
»Das ist der Tattler«, sagte er. »Ich habe ihn beim Bäcker liegen sehen. Irgendwie«, fügte er zaudernd hinzu, während er ihr das Blatt hinhielt, »haben sie von unserer Elf-Wochen-Abmachung erfahren und das Ganze entsprechend ihrem Stil ausgeschlachtet.« Er sah zu, wie sie nach der Zeitung griff und war auf einen sehr verständlichen Wutausbruch gefaßt.
Merediths Blick blieb auf der reißerischen Schlagzeile haften:
ERBIN FORDERT VON EHEMANN 113 000 DOLLAR PRO LIEBESNACHT
»Zuerst wußte ich gar nicht, wie sie auf diese Summe gekommen sind«, sagte Matt. »Dann ist es mir aber eingefallen: Sie haben vier Tage pro Woche mal elf Wochen genommen und dann die fünf Millionen, die ich dir versprochen habe, durch diese Zahl geteilt. Es tut mir leid«, sagte er. »Wenn es irgendwie in meiner Macht läge, würde ich ...«
Plötzlich hielt sie die Zeitung vors Gesicht und begann so herzhaft zu lachen, daß seine Entschuldigungen untergingen. Lachend fiel sie in die Kissen zurück, und ihr Heiterkeitsausbruch erfüllte den Raum: »Einhundertdreizehntausend Dollar«, brachte sie mühsam heraus, während ihre Schultern vor Lachen bebten. Matt grinste erst erleichtert und dann zärtlich. Tatsächlich - sie fand sich mit einer verabscheuungswürdigen Tatsache ab und verwandelte sie in etwas Witziges, etwas, das sie nicht verletzen konnte.
»Habe ich dir eigentlich jemals gesagt«, flüsterte er heiser, während er sich über sie beugte und seine Hände auf ihre bebenden Schultern legte, »wie stolz ich auf dich bin?«
Sie schüttelte, noch immer lachend, den Kopf. »Bist du ganz sicher«, flüsterte sie, während sie ihre Arme um seinen Hals schlang und ihn zu sich herabzog, ahnend, daß er vorhatte, sie jetzt sofort erneut zu lieben, »daß du dir das leisten kannst?«
»Ich glaube schon, daß mein Etat dazu ausreicht«, versuchte er sie zu necken, aber seine Hand zitterte, als er ihr voller Zuneigung die goldblonden Haare aus dem Gesicht strich.
»Ja, aber - da ich das jetzt als festen Job angenommen habe, bekomme ich da auch regelmäßige Gehaltserhöhungen über die hundertdreizehntausend hinaus?« kicherte sie und hielt sein Gesicht zwischen ihren Händen. »Außerdem die üblichen Sozialleistungen, Krankenversicherung, Altersversorgung und so weiter?«
»Aber selbstverständlich«, versprach er und küßte ihre Handfläche.
»Oh, nein!« stöhnte sie. »Damit beförderst du mich geradewegs in die höchste Steuerklasse.«
Ihr Ehemann verbarg sein lachendes Gesicht an ihrem Hals, und Meredith drehte sich in seinen Armen. Die nächste Stunde verbrachten sie damit, sich gegenseitig geradewegs auf die höchsten Gipfel der Lust zu befördern.
50
Das Hauptthema der regionalen Sonntagabendnachrichten war die Verhaftung von Ellis Ray Sampson, der des Mordes an Stanislaus Spyzhalski angeklagt wurde. Amtlichen Quellen aus dem St. Clair County zufolge war Spyzhalski nicht, wie ursprünglich angenommen, von einem seiner betrogenen »Klienten« umgebracht worden, sondern von dem jähzornigen Ehemann einer Frau aus Belleville, mit der er ein Verhältnis gehabt hatte. Mr. Sampson, der sich freiwillig
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