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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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Aussehen«, fuhr Meredith fröhlich fort und drehte dem Spiegel den Rücken zu. »Ich werde auch eine Schulfreundin haben! In der Schule gibt's eine Neue, die nicht weiß, daß mich keiner mag. Sie ist intelligent, so wie ich, und sie hat mich heute abend angerufen und wegen der Hausaufgaben gefragt. Wir haben dann über alles mögliche geredet.«
    »Ich habe bemerkt, daß du nie Freunde mit nach Hause gebracht hast«, sagte Mrs. Ellis und rang bestürzt und nervös ihre Hände, »aber ich habe geglaubt, es sei nur deshalb, weil du so weit weg wohnst.«
    »Nein, nicht deswegen«, sagte Meredith, warf sich auf das Bett und starrte ihre strapazierfähigen Pantoffeln an - die gleichen, die ihr Vater trug, nur einige Nummern kleiner. Trotz ihres Reichtums war Merediths Vater ausgesprochen sparsam. Ihre qualitativ hochwertige Garderobe wurde nur dann ergänzt, wenn es unbedingt nötig war - und immer stand die Haltbarkeit im Vordergrund. »Ich passe einfach nicht zu ihnen.«
    »Als ich klein war«, sagte Mrs. Ellis, die plötzlich zu verstehen glaubte, worum es ging, »haben wir die guten Schüler auch immer ein bißchen abschätzig behandelt.«
    »Das ist es nicht«, bemerkte Meredith trocken. »Es sind nicht nur mein Aussehen und meine guten Noten, was mich zum Außenseiter stempelt. Es ist - all das hier«, sagte sie und machte eine weit ausholende Geste, die das ganze große Zimmer mitsamt seinem antiken Mobiliar umfaßte - ein Zimmer, das sich nur unwesentlich von den übrigen fünfundvierzig Räumen des Bancroft-Anwesens unterschied. »Alle halten mich für völlig bescheuert, weil Vater darauf besteht, daß Fenwick mich zur Schule fährt.«
    »Und darf ich fragen, was daran so schlimm ist?«
    »Die anderen Kinder laufen oder kommen mit dem Bus in die Schule.«
    »So?«
    »Sie kommen nicht in einem Rolls-Royce mit Chauffeur!« Fast wehmütig fügte Meredith hinzu: »Ihre Väter sind Klempner oder Buchhalter. Einer arbeitet sogar in unserem Geschäft.«
    Unfähig, ein schlagendes Argument dagegen zu finden, zugleich aber nicht bereit zuzugeben, daß sie möglicherweise recht hatte, sagte Mrs. Ellis: »Und diese Neue in deiner Schule - stört die das nicht, daß Fenwick dich fährt?«
    »Nein«, Meredith unterdrückte ein Kichern, während ihre Augen hinter den Brillengläsern vor Vergnügen blitzten. »Sie denkt nämlich, daß Fenwick mein Vater ist! Ich habe ihr erzählt, daß mein Vater für irgendwelche reichen Leute arbeitet, die ein großes Geschäft besitzen.«
    »Das hast du nicht!«
    »Doch, das habe ich, und es tut mir auch nicht leid. Ich hätte diese Geschichte schon vor Jahren erzählen sollen, ich wollte bloß nicht lügen.«
    »Und jetzt macht es dir auf einmal nichts mehr aus, zu flunkern?« fragte Mrs. Ellis mit einem strafenden Blick.
    »Eigentlich ist es doch gar keine richtige Lüge«, entgegnete Meredith mit einem flehenden Ton in der Stimme. »Vater hat mir das schon vor langer Zeit erklärt. Bancroft & Company ist eine Aktiengesellschaft, und eine Aktiengesellschaft gehört eigentlich den Aktionären. Als Präsident von Bancroft & Company ist Vater genau genommen also ein Angestellter der Aktionäre. Klar?«
    »Nicht ganz. Wem gehören die Aktien?«
    Meredith blickte schuldbewußt: »Unserer Familie - größtenteils.«
    Mrs. Ellis hatte keine Ahnung von der Leitung eines Konzerns wie Bancroft & Company, einem berühmten Kaufhaus im Herzen Chicagos, aber Meredith hatte schon früh ein geradezu unheimliches Interesse und Verständnis dafür entwickelt. Obwohl - wenn Mrs. Ellis an Merediths Vater dachte, war das nicht einmal verwunderlich. Der Mann zeigte anscheinend nur dann Interesse an seiner Tochter, wenn er ihr vom Geschäft erzählte. Ganz offensichtlich war es Philip Bancrofts Schuld, wenn seine Tochter nicht mit Mädchen ihres Alters zurechtkam. Er behandelte sie wie eine Erwachsene und bestand drauf, daß sie sich immer wie eine Erwachsene verhielt und auch so sprach. Wenn er gelegentlich Freunde zu Gast hatte, übernahm sie sogar die Rolle der Gastgeberin. Kein Wunder, daß Meredith sich unter Erwachsenen wohl fühlte, während ihr der Umgang mit Gleichaltrigen immense Schwierigkeiten zu bereiten schien.
    »In einem haben Sie natürlich recht«, sagte Meredith. »Ich kann Lisa Pontini nicht auf Dauer vormachen, daß Fenwick mein Vater ist. Ich dachte nur, daß es - wenn sie mich erst einmal kennt und mag - vielleicht nichts mehr ausmacht, daß Fenwick in Wahrheit unser Chauffeur ist.

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