Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
Erinnerungen einzutauchen, um die es mir wirklich leid tut. Denn ich habe natürlich auch wunderschöne Zeiten hier verlebt und eigentlich niemals daran gedacht von hier oder meinen Freunden wegzugehen, bis zu diesem einen Tag, der alles verändert hat.
Viel zu genau kann ich mich noch an jede Kleinigkeit erinnern und weiß noch, wie wir mit unserer Clique an einem Samstagabend hier abgehangen haben, bevor wir später weiter in die Stadt zu einer Disko ziehen wollten. Und um die freie Zeit sinnvoll zu überbrücken, haben wir Runde um Runde Billard gespielt. Das ich mich dabei wenig geschickt angestellt habe, ist mir noch heute ziemlich peinlich und der eigentliche Grundstein allen Übels. Denn unser Kumpel Kai hat sich redlich bemüht, mir das Spiel und seine Regeln näher zu bringen, während mein bester Freund, Marc, sich in einer Tour lustig gemacht und ohnehin kaum Erfolgschancen prophezeit hat, was mich doch mehr getroffen hat, als ich mir eingestehen wollte.
Auch wenn ich im Prinzip wusste, dass es nicht ernst gemeint war, hat es mich verärgert, weil ausgerechnet er sich auf meine Kosten amüsiert hat. Dabei war er immer der einzige Mensch, dem ich bedingungslos und ohne zu zögern vertraut habe, der vom Kindergarten an die wichtigste Person in meinem Leben war. Irgendwann hat er natürlich bemerkt, dass ich seine Neckereien nicht als Spaß ansah und den schwerwiegenden Fehler begangen, sein Vergehen wieder gutzumachen. Womit er es eigentlich nur noch schlimmer machte und mich in dieses heillose Gefühlschaos gestürzt hat, ohne auch nur den leisesten Hauch einer Vorstellung zu besitzen, was er mir damit antat.
Und nun stehe ich hier, nach sechs langen Jahren, und es fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen, was mich schwer schlucken lässt. Denn im selben Augenblick, in dem ich aus meinen Erinnerungen auftauche, nehme ich auch meine Umgebung viel zu deutlich wahr und kann in atemberaubender Schnelligkeit die anwesenden Personen ausmachen, die ich viel zu gut kenne. Wie ein gewohntes Bild wirken meine ehemaligen Freunde auf mich und vermitteln mir umgehend wieder dieses flaue Gefühl im Magen, welches ich bis eben so gekonnt ignoriert habe und jetzt wieder mit aller Deutlichkeit zuschlägt.
Maik, Kai, Heiko, Peggy, Katja, Ramona. Alle stehen um einen Billardtisch herum, doch mein wirkliches Interesse lastet unausweichlich auf einer einzigen Person. Und allein sein Anblick lässt meinen Atem stocken und alles andere um mich herum vergessen. Wie eine außergewöhnliche Erscheinung steht er keine sechs Meter von mir entfernt und bringt unwiderruflich mein Herz zum Rasen, dass ich befürchte, jeder Mensch in meiner unmittelbaren Nähe müsste es hören.
Er trägt soweit ich es durch das dämmrige Licht über dem Billardtisch ausmachen kann, eine schwarze Jeans. Darüber ein schwarzes Hemd, dessen obere Knöpfe offen sind und einen Blick auf ein Stück seiner nackten Brust freigeben. Sein Haar ist pechschwarz und mittlerweile ziemlich lang, im Gegensatz zu früher. Die professionell zu Cornrows geflochten Zöpfe fallen lässig von seiner Schulter, als er sich konzentriert über den Tisch beugt, um seinen Stoß zu vollziehen, und mir bleibt beinahe mein Herz stehen, als er sich aufrichtet und mich ganz unvermittelt seine dunklen braunen Augen treffen, als hätte er schon die ganze Zeit gewusst, dass ich hier bin.
Doch genauso schnell wendet er seinen Blick auch wieder ab, was schließlich Bewegung in mich bringt und ich beinahe überstürzt rückwärts die Flucht antrete. Wobei ich jedoch dummerweise in jemanden hineinlaufe und erschrocken herumfahre, nur um mich Auge in Auge mit Nathalie gegenüberzusehen. Und noch bevor ich eine Entschuldigung herausbringe, in der Hoffnung, unbemerkt zu entkommen, quietscht ihre viel zu schrille Stimme schon unüberhörbar durch den Gastraum.
„Benjamin?“, ist sie bei ihrer Offenbarung natürlich auch noch so geistesgegenwärtig mich an meinem Arm festzuhalten, sodass ich mich aus einem Impuls heraus Kopfschüttelnd von ihr losreiße, um so schnell wie möglich zu verschwinden, weil ich mich gerade einfach nicht in der Lage sehe, mich meinen ehemaligen Freunden und insbesondere Marc zu stellen. Deshalb laufe ich auch ziemlich ziellos einfach durch die Nacht, ohne auf die Rufe meiner damaligen Freunde zu hören und versuche wieder halbwegs klarzukommen, weil ich niemals erwartet hätte, dass mich sein Anblick so dermaßen aus der Fassung bringt und all die
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