Schatten Der Versuchung
werde schon wieder gesund. Ich habe schon schlimmere Verletzungen gehabt und werde zweifellos noch schlimmere bekommen.«
Natalya, die die Müdigkeit aus Vikirnoffs Stimme heraushörte, warf ihm einen Blick zu. Sie hatte es sorgfältig vermieden, ihn anzuschauen, aber jetzt sah sie die Linien, die sich vor Schmerzen tief in sein Gesicht eingegraben hatten, und das Blut auf seiner Brust, als Slavica sein Hemd aufschnitt. Ihr Herz setzte einen Schlag aus und pochte dann wie wild, als sie seine furchtbaren Verletzungen sah. Sein Bücken war dort, wo ihre Krallen seine Haut von den Schultern bis zur Taille aufgerissen hatten, von langen, tiefen Kratzwunden durchzogen, das wusste sie. Natalya schämte sich für sich selbst. Sie hatte nicht schnell genug reagiert, um ihren Angriff rechtzeitig abzubrechen, als Vikirnoff buchstäblich vom Himmel gefallen war, um sich zwischen sie und den Vampir zu stellen, und trotzdem konnte sie an ihm kein Zeichen von Groll oder Vorwürfen feststellen.
Sein Körper war hart und muskulös und von Schmerzen gepeinigt. Alles in ihr schrie danach, ihn zu berühren und diese Schmerzen zu lindern. Wie gebannt beobachtete sie, wie Sla-vicas Hände über Vikirnoffs nackte Haut strichen. Ihn untersuchten. Ihn beruhigten. Ihn berührten. Natalya stockte der Atem. Der Anblick dieser Hände ließ ihr keine Ruhe. Er machte sie wütend. Etwas Dunkles und Bösartiges regte sich in ihrem Inneren.
Der Vorhang entglitt ihren Händen, und helles Tageslicht fiel über sie. Vikirnoff, der die drohende Gefahr witterte, wandte den Kopf und beobachtete aus weit geöffneten Augen, wie Natalya mit der Wand zu verschmelzen schien. Die Lichtstreifen gaben ihrem Körper eine Art Tarnung, sodass sie nur schwer zu erkennen war. Obwohl ihm die Bewegung Schmerzen bereitete, drehte er sich auf die Seite und richtete seinen Blick voll auf sie.
Natalyas ganze Erscheinung hatte sich verändert. Sie wirkte nicht mehr wie ein Mensch, sondern schien zu einem gefährlichen Raubtier geworden zu sein. Selbst ihre meergrünen Augen hatten ihre Farbe verändert. Sie schimmerten milchig wie Perlmutt und fixierten Slavica so unverwandt, als wäre sie eine Beute. Ihre Haltung war von einer Regungslosigkeit, die an einen Tiger auf der Jagd erinnerte, ihre Muskeln waren angespannt, und ihr Blick ruhte wie hypnotisiert auf der Wirtin.
»Mrs Ostojic. Slavica«, sagte Vikirnoff ruhig, aber sehr bestimmt. »Gehen Sie langsam auf die andere Seite des Bettes. Sofort!«
Slavica warf einen Blick auf Natalya, als sie sich aufsetzte. Ein leises Knurren kam aus der Ecke, wo Natalya zu einer undeutlichen, verschwommenen Gestalt verblasst war. Mit einer Hand an der Kehle verlagerte die Wirtin vorsichtig ihre Position, stand auf und brachte das massive Bett zwischen sich und die andere Frau.
Ainaak enyém, was hat dich so aufgebracht? Vikirnoff verstand nicht viel von Frauen und noch weniger von seiner Gefährtin. Aber es war leicht genug zu begreifen, dass hier sehr starke Emotionen im Spiel waren und keiner von ihnen genau wusste, was vorging. Vikirnoff focht mittlerweile einen ständigen Kampf mit der Dunkelheit aus, wobei ihm sein Intellekt wenig half, seine animalischen Instinkte zu unterdrücken. Nun, da Natalya in greifbarer Nähe war, ihm aber noch keinen Halt bot, war er gefährlicher denn je. Ihre chaotischen Gefühle, die sein Bewusstsein überschwemmten, hatten eine verheerende Wirkung auf ihn. Ging es ihr genauso? Waren sie beide ihren animalischen Instinkten so nahe, weil keiner von ihnen begriff, was mit ihnen los war?
Warum lässt du zu, dass sie dich auf diese Weise anfasst? Der Vorwurf war lächerlich, doch er spürte, wie viel Mühe es sie kostete, nicht die Beherrschung zu verlieren. Für Natalya war der Vorwurf völlig berechtigt. Sie sah, wie die Hände einer anderen Frau über den Körper ihres Gefährten glitten. Die Emotionen waren zu stark und zu intensiv und wurden möglicherweise durch Vikirnoffs eigenen furchtbaren Hunger und das Tier, das sich in ihm regte, zusätzlich angeheizt.
Vikirnoff rührte an ihr Bewusstsein. Roter Nebel breitete sich in ihrem Inneren aus und hielt sie fest im Griff. Instinkte, so alt wie die Zeit, feurig und leidenschaftlich und sehr animalisch. Tief in ihr war etwas, das er noch nicht kannte, etwas, das sie beschützte, aber es kämpfte sich an die Oberfläche und war genauso gefährlich und mächtig wie ein Raubtier auf der Jagd.
Er versuchte krampfhaft, sich nicht von der Intensität
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