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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hatte, am besten nutzen konnten.
     
    »Pride startet an der Innenseite!« Kelsey stand mit Boggs im Stall und biß in einen der Äpfel, die sie ständig bei sich trug, während der alte Pfleger Bandagen auf eine Leine hängte. »Das ist ein Zeichen Gottes.«
    Boggs zupfte eine Wäscheklammer von seinem Hosenbein und befestigte sorgsam eine königsblaue Bandage an der Leine. »Ich nehm’ an, Gott schaut auch beim Derby zu, und wahrscheinlich hat auch er seinen Favoriten.« Mit den Fingerspitzen fuhr er über einen abgewetzten Sattel. Die Steigbügel hatte er eigenhändig gesäubert und poliert. »Dachte, ich könnt’ ein paar von den toten Präsidenten in meiner Tasche auf Prides Nase setzen.«
    »Ich dachte, Sie wetten nicht, Boggs?«
    »Nee.« Mit großer Sorgfalt breitete er eine Decke über die Leine. »Seit April’73 nich’ mehr.«
    Er warf ihr einen flüchtigenBlick zu, um festzustellen, ob sie wußte, was in diesem Jahr passiert war. Damals hatte ihre Mutter Alec Bradley getötet. Als er merkte, daß sie nicht daran dachte, fuhr er fort:
    »War auch in Keeneland. ’n Rennen in Lexington. Three Willows hatte ’nen hoffnungsvollen Hengst am Start.
Einen Prachtkerl. Hab’ diesen Hengst mehr geliebt als jemals ’ne Frau. Sun Spot hieß er. Muß wohl verrückt gewesen sein, hab’n ganzen Monatslohn auf ihn gesetzt. Schoß aus der Startbox raus wie der Blitz, als könnt’ er schon den Zielpfosten sehen. In der ersten Runde stolperte der Hengst neben ihm und rempelte ihn so hart an, daß Spot zu Boden ging. Wußt’ sofort, daß er nie wieder rennen würde. Vorderbein gesplittert. Konnte man nichts mehr machen, ihn nur noch erlösen. Ihre Ma hat ihn selbst erschossen. War ja ihr Pferd, und sie hat geheult wie ’n Schloßhund, aber sie hat getan, was getan werden mußte.« Boggs seufzte schwer.
    »Aber ich wett’ seitdem nicht mehr. Denke, bringt Unglück, wenn ich’s tu.«
    Kelsey legte einen Arm um Boggs, und gemeinsam betrachteten sie seine Arbeitsutensilien, die feuchten Bandagen, die Scheuklapen, die Decken und Baumwollpolster. »Pride wird nichts geschehen.«
    Boggs nickte und nahm den Apfel, den Kelsey ihm anbot. »Ist ’n Fehler, ein Pferd zu lieben, Miß Kelsey.« Er rieb den Apfel an seinem Hemd ab, ehe er ihn ihr zurückgab. »Sie brechen einem das Herz, so oder so.«
    Kelsey lächelte nur, warf den Apfel in die Luft und fing ihn wieder auf. »Ist der für mich oder für Pride?«
    Ein zahnloses Grinsen breitete sich auf Boggs’ Gesicht aus, als er sagte;: »Er liebt seine Äpfel.«
    »Dann sollte ich ihn wohl mit ihm teilen.«
    Boggs trat von einem Bein auf das andere und kratzte sich am Hals. »Wissen Sie, heute hab’ ich jemanden gesehen, der schon lange nicht mehr hier war. Den kenn’ ich auch noch vom Frühjahr’73.«
    »Ach?«
    Um Zeit zu gewinnen nahm Boggs ihr den Apfel wieder aus der Hand und drehte ihn in seinen schwieligen Händen, so daß er in zwei Hälften brach. »Mr. Slaters Alten Herrn.«
    »Gabes Vater? Den haben Sie hier gesehen?«
    »Dachte, er wär’s. Aber meine Augen sind nicht mehr
das, was sie mal waren. Komisch, wenn er hier wäre. Ich erinnere mich, daß er sich am Tag, wo Spot stürzte, auch in der Nähe rumtrieb. Machte ’n Riesentheater, so als ob Miss Naomi geplant hätte, an diesem Tag Rennen und Pferd zu verlieren. War natürlich besoffen. Aber Rich Slater kann ganz schön überzeugend sein. Sie haben das Pferd dann auf unerlaubte Drogen untersucht.«
    Kelsey blieb stehen, wo sie war. Die Sonne brannte ihr auf den Rücken, doch ihr Gesicht lag im Schatten. »Und was hat man gefunden?«
    »Bei unserm Spot gar nichts, die Chadwicks sind sauber. Aber dafür bei dem Hengst, der ihn angerempelt hat. Amphetamine.«
    »Und für wen lief dieser Hengst?«
    »Cunningham.« Boggs spuckte verächtlich aus. »Ist schon ulkig. Erst zeigten sie alle mit den Fingern auf Cunningham, doch dann kam raus, daß der Jockey schuld war. Benny Morales, war’n verdammt guter Reiter. Hat’n Zettel mit ’nem Geständnis geschrieben, ehe er sich in Cunninghams Sattelkammer ’nen Strick um den Hals legte.«
    »Das ist ja entsetzlich.«
    »Auch bei Rennpferden ist nicht alles Gold, was glänzt, Miß Kelsey. Dieser Rich Slater, der tönte dann rum, die Chadwicks hätten Benny bestochen, damit er das Pferd dopt. Wenn er gewonnen hätte, wäre er später disqualifiziert worden. War natürlich totaler Blödsinn, aber ’n Typ wie der muß irgendwem die Schuld in die Schuhe schieben.

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