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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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daß weiße Schwaden hinter den vom Aufwärmgalopp zurückkehrenden, schwitzenden Pferden herwehten. Einem sich in die Lüfte schwingenden Pegasus vergleichbar, flogen sie durch den Nebel.
    Aber sie waren Athleten. Nur allzuleicht vergaß man, daß diese Tiere, die immerhin eine halbe Tonne auf die Waage brachten und auf unverhältnismäßig zierlichen langen Beinen liefen, zum Rennen geboren waren.
    Von den Tausenden Vollblutfohlen, die jedes Jahr zur Welt kamen, war es nur sehr wenigen bestimmt, in dieser besonderen Woche durch den Morgennebel der Rennbahn zu jagen. Und nur eines von ihnen würde am Samstag mit einem Blumenkranz um den schweißglänzenden Hals im Siegerring stehen.
    Pfleger schleppten die Wasserbottiche und Bandagen heran und huschten, geisterähnlich, zwischen den Pferdeleibern hindurch. Langsam stieg die Sonne höher und ließ die Tautröpfchen auf dem Gras wie Diamanten glitzern. Eine Katze miaute, irgendwo knirschten Stiefel auf Kies. Dann erklang von fern Hufgetrappel, gespenstisch, weil nichts zu sehen war, bis sich die Nebel teilten und ein Pferd vorbeischoß.
    Diese Eindrücke wollte Kelsey mitnehmen; Bilder einer Oase der Ruhe und des Friedens neben all dem Trubel und dem prächtigen Farbenspiel während der Renntage.
    »Was machst du denn hier?«
    Kelsey sagte nichts, sondern ergriff einfach nur Gabes Hand. Sie hätte wissen müssen, daß er genau in diesem Moment dazukommen und sich zu einem Teil ihrer Gefühle machen würde. »Ich nehme die Eindrücke tief auf, damit ich diese Szenen über all der Hektik, den Partys, den Pressekonferenzen und dem Druck nicht vergesse.«
    »Für jemanden, der garantiert nicht vor zwei ins Bett gekommen ist, bist du aber schon früh auf den Beinen.«
    »Wer kann jetzt schlafen?«
    Zur Antwort deutete Gabe auf einen Stallburschen, der
dösend an der Scheunenwand lehnte. Kelsey lachte und holte einmal tief Atem, sog den Geruch nach Pferden und Stall tief in sich auf.
    »Für mich ist alles neu. Heute morgen habe ich deinem Jockey bei der Arbeit mit Double zugesehen. Sie sahen gut aus.«
    »Und ich habe dir zugesehen, wie du an der Gegengeraden am Geländer lehntest. Du hast gut ausgesehen.«
    »Ich weiß wirklich nicht, wie du bei all dem Trubel noch die Energie zum Flirten aufbringen kannst. Mir kommt es vor, als hätten sich hier alle Karnevalszüge der Welt zu einem einzigen großen getroffen.« Sie setzte sich in Bewegung. »Paraden, Heißluftballonrennen, hier ein Empfang, dort ein Diner. Dann diese Dampferregatta gestern. So was habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.«
    »Ich hab’ fünftausend Dollar gewonnen.«
    Kelsey schluckte: »Das hätte ich mir denken können. Und wer war blöd genug, gegen dich zu wetten?«
    Gabe grinste: »Moses.«
    Sie zog die Krempe ihrer Kappe tiefer ins Gesicht. »Na ja, mit den zehn Prozent Gewinnanteil, die er Samstag einstreichen wird, kann er sich’s leisten.«
    »Du bist ganz schön vorlaut, meine Liebe.«
    »War ich schon immer. Gehst du zur Auslosung der Startpositionen?«
    »Selbstverständlich.« Seit fünf Jahren hatte er keine Auslosung versäumt. Seine Anwesenheit hatte zwar keinen Einfluß auf die Position, die seinem Pferd zugewiesen wurde, aber es war immerhin sein Pferd. »Vorher gibt’s Frühstück auf dem alten Sattelplatz. Hast du Hunger?«
    Stöhnend drückte sie eine Hand auf ihren Magen. »Seit ich in Louisville bin, habe ich mehr gefressen als ein Holsteiner. Ich glaube, ich verzichte. Wenn du . . .«
    Sie brach ab, da sie bemerkte, daß seine Aufmerksamkeit abgelenkt wurde. Geradezu gebannt schaute er auf etwas, was hinten bei den Ställen sein mußte. »Stimmt etwas nicht?«, fragte Kelsey.
    »Nein, nein. Einen Moment lang glaubte Gabe, seinen Vater dort gesehen zu haben. Diese vertrauten großspurigen Bewegungen, der pastellfarbene Anzug, der zwischen Jeans und Cord so fehl am Platz wirkte. Aber es war nur der Bruchteil eines Augenblicks gewesen, außerdem war Slater nun wirklich nicht der Typ, der am frühen Morgen zwischen den Ställen von Churchill Down herumspazierte. »Nein«, wiederholte er und schüttelte das unbehagliche Gefühl, das sich automatisch eingestellt hatte, ab. »Wenn du nichts essen willst, kannst du mir wenigstens Gesellschaft leisten.«
    Danach verschwendete Gabe keinen Gedanken mehr an den Zwischenfall. Noch ehe der Morgen vorüber war, beratschlagte er eifrig mit Jamison und seinem Jockey, wie sie die Startposition Doubles, der die Nummer drei erhalten

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