Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
keinen Unbefugten durch. Boggs war sich ja nicht mal sicher. Außerdem, was kann er denn schon anrichten?«
    »Nichts.« Moses streichelte die Nase des Hengstes und murmelte ihm beruhigende Worte zu. »Vermutlich sehe ich Gespenster. Slater gehört der Vergangenheit an.«
    »Boggs erzählte mir von dem Rennen in Lexington, wo Sun Spot gestürzt ist.«
    »Schlimme Sache. Das hat Naomi schwer getroffen. Slater stocherte da in einem Wespennest herum, bloß daß die falsche Person getroffen wurde. Benny Morales war ein guter Jockey, er hatte wegen einer schlimmen Rückenverletzung lange pausieren müssen und versuchte in dem Jahr sein Comeback. Cunningham ließ ihn für sich reiten. Ich weiß bis heute nicht, ob Benny das Pferd gedopt hat, weil er dringend Geld brauchte oder weil er das Pferd der Chadwicks um jeden Preis schlagen wollte.«
    Darauf kommt es auch nicht mehr an, dachte Moses voll Ingrimm. Das Schlimmste war passiert.
    »Er ist für Three Willows geritten, als er während des
Morgentrainings abgeworfen wurde. Dauerte eineinhalb Jahre, bis er wieder auf den Beinen war. Mr. Chadwick bot ihm einen Job als Assistenztrainer an, aber Benny wollte wieder reiten, wollte sich selbst beweisen, daß er noch dabei war. Also hat Cunningham ihn in den Sattel gelassen.«
    »War er denn dazu schon in der Lage?«
    »Kann ich nicht sagen. Er hatte tonnenweise Schmerzmittel geschluckt und sich halb zu Tode gerackert, um wieder auf sein ursprüngliches Gewicht zu kommen. Viele Angebote bekam er nicht, also konnte Cunningham ihn billig einkaufen. Nur wurde am Ende ein viel zu hoher Preis gezahlt. Nun ja . . .«, wieder streichelte er Pride, ». . . das ist lange her. Wir haben ein anderes Rennen vor uns. Das Rennen. Langsam wird es Zeit, unseren Jungen zum Sattelplatz zu schaffen.«
     
    Ein Rennpferd ging den Weg vom Stall zum Sattelplatz am ersten Samstag im Mai nur einmal. Vor weniger als drei Jahren hatte es noch ausgelassen neben seiner Mutter auf der Weide getollt. Dann, als Jährling, war es vielleicht über die Koppeln getobt und zusammen mit seinen Kameraden dem eigenen Schatten hinterhergejagt. Dabei wurden die Muskeln kräftiger, die Sehnen belastbarer und das Knochengerüst stabiler. Das junge Pferd lernte die Freude an der Bewegung kennen; eine Freude, die für seine Rasse so natürlich war wie die Luft zum Atmen. Bereitwillig oder widerstrebend würde sich der Jährling zum erstenmal das Zaumzeug anlegen lassen, um dann zum erstenmal das Gewicht eines Reiters auf seinem Rükken zu spüren.
    Eines Tages würde man ihn zu einem Eisengestell führen und ihn zwingen, sich an die Enge zu gewöhnen. Zuvor würde er an der Longe und auf der Übungsbahn trainiert werden, den Geruch seiner Pfleger erkennen lernen, die Hitze in seinen Beinen und die Gurte um seinen Bauch fühlen.
    Er würde das tun, wozu er geboren war: bei Rennen laufen.
    Doch nur ein einziges Mal würde es ihm – vielleicht – vergönnt sein, diesen einen Gang zu machen, in diesem einen Rennen. Eine zweite Chance gab es nicht.
    Um kurz nach fünf kam das Three-Willows-Team zum Sattelplatz, wo Pride gesattelt und seine Stallfarben sowie die Marke mit der Nummer kontrolliert wurden – wie bei jedem der anderen sechzehn Teilnehmer auch. Es war nicht anders als bei jedem anderen Rennen und doch einzigartig.
    Einen Wermutstropfen gab es allerdings doch. Niemand erwähnte den Hengst aus Kalifornien, der beim Training gestolpert und sich den Knöchel verletzt hatte. Das brachte Unglück.
    In den Jockeyunterkünften wurden die Reiter vor dem Rennen gewogen, in voller Montur. Hundertsechsundzwanzig Pfund, nicht mehr und nicht weniger durfte die Waage anzeigen, inklusive Sattel und Zaumzeug. Reno stieg auf die Waage, prüfte den Stand des Zeigers und lächelte. Das stundenlange Schwitzen in der Sauna hatte sich gelohnt. Einige Momente später machten sich die Jokkeys in ihren farbenfrohen Seidenjacken auf den Weg zum Sattelplatz.
    Das nervenzermürbende Warten würde nicht mehr lange dauern.
    Auf den Zuschauertribünen rumorte es, aufgeregte oder freudige Kommentare flogen hin und her, hier und da feierte man bereits einen Sieg oder diskutierte heftig, wozu der eingeschmuggelte Alkohol ein übriges tat.
    Die Anzeigentafeln flimmerten, und vor den Wettschaltern drängelten sich die Menschen in Massen.
    Es war Viertel nach fünf. Die Pferde waren gesattelt und ihre Begleitponys mit Blumen und in die Schweife geflochtenen Bändern geschmückt. Am Himmel zogen

Weitere Kostenlose Bücher