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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen-Susan Fessel
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ganz.
    Jemand hatte mich von hinten gepackt. Plötzlich spüre ich es wieder deutlich: die Hand, die sich auf meinen Mund gepresst hat. Der weiche, stinkende Lappen darin. Die stechende Flüssigkeit, mit der er getränkt worden war.
    Jemand hat mich betäubt.
    Und wenn mich jemand betäubt hat und ich jetzt an einem Ort bin, den ich nicht kenne, dann …
    Ich wage es nicht, den Gedanken zu Ende zu denken. Stattdessen starre ich mich an.
    Helle Augen, die denen meiner Mutter so ähnlich sind. Hohe Wangenknochen, eine für meinen Geschmack ein wenig zu groß geratene Nase. Fein geschwungene, schmale Lippen. Das Grübchen in meinem Kinn.
    Und diese schmutzige Spur quer über meinem Gesicht.
    Langsam berühre ich meine Wange, dann betrachte ich meine schmutzige Fingerkuppe.
    Schnell drehe ich den Wasserhahn auf. Sprudelnd schießt Wasser heraus, erst ein ganzer Schwall, dannwird er dünner, bis sich der Strahl normalisiert. Ich seife meine Hände ein, beuge mich vor und wasche mein Gesicht so lange, bis ich wieder klar denken kann.
    Das kalte Wasser tut mir gut, und nach einer Weile scheint mein Kopf auch nicht mehr so stark zu brummen. Als ich den Wasserhahn schließlich wieder zudrehe, sieht mein Gesicht im Spiegel frisch und klar aus. Versuchsweise lächele ich mir zu, aber irgendwie bringt mich das fast wieder zum Weinen, also lasse ich es lieber.
    Ich trockne mir Gesicht und Hände ab und gehe wieder zur Liege hinüber. Auf dem Tablett steht ein Teller, der mit einer total altmodischen Silberhaube zugedeckt ist, daneben liegt Besteck, und ein Schälchen mit einer Art Pudding steht auch noch darauf. Ein Tütchen mit Salz und eines mit Pfeffer liegen daneben bereit.
    Wie in einem Hotel.
    Nur, dass ich nicht in einem Hotel bin. Sondern eingesperrt. Irgendwo in Ungarn, irgendwo am Arsch der Welt womöglich.
    Der Lieferwagen.
    Kann ich mich nicht vielleicht an das Kennzeichen erinnern, wenn ich mich sehr anstrenge?
    Ich schließe die Augen, um mich besser konzentrieren zu können, aber alles, was ich vor mir sehe, ist das Gesicht des Jungen. Seine schönen, traurigenAugen. Sein Blick, der sich im Bruchteil einer Sekunde so seltsam verändert hatte.
    Und dann höre ich wieder seine Stimme. »Geh weg! Schnell, geh weg!«
    Er hatte mich warnen wollen.
    Aber es war zu spät gewesen.
    Und jetzt … ich wüsste gern, wie spät es jetzt ist. Zum ersten Mal überhaupt bereue ich, dass ich keine Armbanduhr trage. Und mein Handy ist auch weg.
    Ich mache die Augen wieder auf und hebe langsam die Haube vom Teller. Und ich habe ihn noch nicht ganz aufgedeckt, als ein Geruch darunter hervorströmt, der mir fast den Magen umdreht.
    Hühnchen! Auf dem Teller liegt ein knusprig gebratenes halbes Hühnchen, daneben prangt ein Klacks Kartoffelbrei, garniert mit einer Portion Mischgemüse in weißlicher Soße.
    Hühnchen. Ausgerechnet Hühnchen, wo ich doch seit eineinhalb Jahren Vegetarierin bin!
    Und Hunger hab ich sowieso nicht. Wie auch?
    Trotzdem – essen muss ich ja was. Wenn ich nichts esse, hab ich keine Kraft, das ist mir schon klar. Und ich brauche Kraft. Viel Kraft.
    Beim Anblick des Essens dreht sich mir zwar immer noch fast der Magen um, aber ich setze mich hin und schiebe das Hühnchen vorsichtig zur Seite, dann nehme ich die Gabel und probiere ein wenig vom Kartoffelbrei.
    Er ist selbst gemacht, keiner aus der Tüte, sondern frisch gestampfter. So, wie ich ihn besonders gern mag. Normalerweise.
    Aber jetzt ist nichts normal. Und Hunger habe ich immer noch nicht.
    Trotzdem würge ich ein paar Gabeln voll hinunter, und noch ein wenig Mischgemüse dazu.
    Schmeckt auch nicht übel. Ein bisschen nach Mehlschwitze, aber trotzdem ganz okay.
    Und zum Glück nicht nach Hühnerfleisch.
    Ich esse noch ein paar Bissen, dann setze ich die Haube wieder auf den Teller und begutachte die Dessertschale.
    Sieht aus wie Vanillepudding mit Pflaumenkompott. Ich zögere, dann rieche ich dran.
    Sieht nicht nur aus wie Vanillepudding mit Pflaumenkompott, sondern ist auch Vanillepudding mit Pflaumenkompott.
    Aber danach ist mir jetzt wirklich nicht. Ich schiebe die Schale zurück, dann stelle ich das Tablett auf den Boden und strecke mich auf der Liege aus.
    Der Wasserfleck an der Decke sieht seltsam aus. Wie eine Wolke. Oder, wenn ich die Augen leicht zusammenkneife, wie ein Tier. Ein Jaguar vielleicht, im Sprung. Oder eine Katze.
    Oder sonst was.
    Egal. Ist doch egal.
    Das Essen hat mich müde gemacht, ich bin einbisschen schläfrig. Und mein

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