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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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den gleichen überheblichen Ausdruck um das Kinn. Er sah Possum überhaupt nicht ähnlich, dafür war Jennifer unübersehbar die Tochter ihres Vaters. Sie hatte Possums Augen und seine hängenden Schultern und strahlte insgesamt die gleiche harmlose Freundlichkeit aus, die Possum mehr als einmal den Hals gerettet hatte.
    Jeffrey nahm noch einen kräftigen Schluck Bier, es schmeckte gar nicht mehr so schlecht. Er dachte an Robert und daran, durch welche Hölle er gegangen sein musste, als Jessie das Kind verlor. Die Ehe war ein merkwürdiges Tier, immer unberechenbar, manchmal sanftmütig, manchmal böse. Als Jeffrey noch auf Streife gegangen war, hatte er die Notrufe wegen häuslicher Gewalt am schlimmsten gefunden. Das war diese seltsame, undefinierbare Verbindung zwischen Mann und Frau. Eben noch wollten sie sich gegenseitig umbringen, und im nächsten Moment gingen sie demjenigen an die Gurgel, der sich zwischen sie stellte, in diesem Fall dem Polizisten. Erst schrien sie sich an und warfen sich jedes erdenkliche Schimpfwort an den Kopf, und dann warfen sie sich förmlich vor den Streifenwagen, um ihren Ehepartner vor dem Gefängnis zu retten.
    Und alles wurde noch schlimmer, wenn Kinder da waren. Als Streifenpolizist hatte er immer versucht, sie aus der Schusslinie zu halten – eine schwierige Aufgabe, denn die meisten Kinder glaubten, zwischen ihren Eltern schlichten zu können, indem sie sich einmischten. Jeffrey hatte es als Kind oft genug selbst versucht, er wusste, was Kinder dazu brachte. Aber er wusste auch, wie sinnlos es war. Nichts war schlimmer, als bei jemand zu klingeln und dort ein Kind wimmernd mit einem blauen Auge oder einer blutigenLippe in der Ecke zu finden. Wahrscheinlich kanalisierte Jeffrey einen Teil seiner eigenen Wut, wenn er einen gewalttätigen Familienvater hinter Gitter brachte. Bis vor ein paar Jahren hatte er das sogar als Bonus seines Geschäfts empfunden.
    Jeffrey ließ die leere Flasche in den Mülleimer fallen und nahm sich das nächste Bier. Diesmal öffnete er die Flasche an der Kante der Ladentheke. An den Kratzern im Holz sah er, dass Possum es wahrscheinlich genauso machte.
    Er legte den Kopf zurück und trank einen großen Schluck Bier. Sein Magen protestierte knurrend, und Jeffrey fiel ein, dass er seit dem gebratenen Speck heute Morgen bei Nell nichts gegessen hatte. Doch jetzt war es ihm egal. Er hatte die zweite Flasche schon halb leer, als er die Toilettenspülung hörte.
    «Hallo, Slick.» Possum kam vom Klo und knöpfte sich die Hose zu. Er warf einen Blick auf das Bier. «Bedien dich.»
    «Meinst du hier?», fragte Jeffrey und drückte auf den «No Sale»-Knopf der Registrierkasse. Die Schublade mit den ordentlich gestapelten Geldscheinen sprang auf. «Hier sind mindestens zweihundert Dollar drin.»
    «Zweihundertdreiundfünfzig einundachtzig», sagte Possum und nahm sich ebenfalls ein Bier. Er machte es am Tresen auf und trank einen Schluck.
    Jeffrey trank sein Bier aus und nahm sich das nächste. Possum warf einen Blick auf die zwei leeren Flaschen, doch er hielt den Mund.
    Jeffrey sagte: «Ich schätze, das mit Robert hast du schon gehört.»
    «Was?»
    Jeffrey hatte ein flaues Gefühl im Magen. Er nahm nocheinen kräftigen Schluck und hoffte, dass ihm bald endlich alles egal sein würde. «Er hat sich gestellt.»
    Possum verschluckte sich an seinem Bier und musste husten. «Was?»
    «Ich war gerade bei Jessies Mutter. Robert sagt, er hat es getan.»
    «Was getan?»
    «Den Typ erschossen.»
    «Luke Swan», flüsterte Possum. «Meine Fresse.»
    «Jessie hat ihn betrogen.»
    Possum schüttelte den Kopf. «Das glaube ich nicht.»
    «Mir musst du nicht glauben. Red mit Robert. Er sagt, er hätte die beiden erwischt, wie sie es getrieben haben.»
    «Warum sollte sie ihn betrügen?»
    «Weil sie eine Schlampe ist.»
    «So darfst du nicht über sie reden.»
    «Warum nicht, Possum? Weil es stimmt?» Jeffrey trank noch einen Schluck Bier, dann noch einen. «Gott, du hast dich kein bisschen verändert.»
    «Jetzt hör aber auf.»
    «Possum», sagte Jeffrey. «So bist du, Kopf in den Sand stecken und so tun, als wenn nichts wär.» Er trank das Bier aus und wartete, dass der Alkohol endlich seinen Kummer betäubte. «Er sagt, er hat auch Julia umgebracht.»
    Possum stützte sich auf den Tresen. Er riss die Augen auf. «Das ist doch bloß verrücktes Gerede.»
    «Ja, verrückt ist es. Die ganze verdammte Stadt ist verrückt.»
    «Glaubst du ihm?»
    Die Frage überraschte

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