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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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gekommen war. Manche behaupteten, die Sphärenwesen hätten den Pakt aus Mordlust gebrochen; andere glaubten an ein Mißverständnis und bezeichneten den Krieg als tragisches Unglück.
    Eine Überlieferung aber lautete so: Zwei Schüler Kahidas - Mondschlund und Sternengänger - hätten um die Herrschaft über die Sphäre gerungen und dabei die fremden Wesen erzürnt. Kahida sei von einem der beiden erschlagen und des Schlüssels beraubt worden, mit dem sie die Tore der Sphärenwelten verschlossen hatte. Jahrhunderte später sei der Schlüssel in die Hand Durta Slargins gelangt, des ersten Zauberers von Gharax, der die Quellen bändigte und der Menschheit die Magie schenkte.
    Welchen dieser Erzählungen man auch Glauben schenken wollte - sie alle zeugten von einer tiefsitzenden Furcht des Menschen: der Furcht, daß sich eines Tages die Macht der Sphäre erneuern und die Schatten der Vergangenheit zurückkehren würden.

KAPITEL 1
Augen
    Das Gefüge ruft nach Euch, Haubenträger!«
    Darsayn öffnete die Augen. Sie wirkten müde, entzündet; seine Pupillen waren geweitet, die Augäpfel von Äderchen durchzogen. Verwirrt sah sich der alte Mann in der Höhle um und entdeckte am Eingang eine breitschultrige Gestalt.
    »Benris!« Darsayn erhob sich. Sein faltiges Gesicht war vor Schmerzen verzerrt. »Ich war in Gedanken, habe geträumt … ich wähnte mich in der Halle der Erhabenheit; sie war durchzogen vom Netz des Gefüges.« Er rückte die Flickenhaube zurecht, unter der seine schlohweißen Haare hervorquollen. »Es war furchtbar - ein Alptraum … Die Drähte funkelten grell, und zwischen ihnen hingen zerschnittene Körper. Es waren die Unbeschlagenen … leblos, tot …«
    »Ihr dürft so nicht sprechen«, ermahnte ihn Benris. Sein kantiges Gesicht, auf dessen Stirn ein kryptisches Zeichen prangte, verriet Besorgnis. »Oder wollt Ihr weitere Unruhe im Heiligen Spektakel verbreiten? Unsere Brüder und Schwestern sind voller Angst. Noch immer ist der Wandelbare nicht erwacht. Warum berichtet er uns nicht von der Schlacht, in die er die Beschlagenen führte? Warum hüllt er sich in Schweigen?« »Ihr müßt Geduld mit ihm haben. Laghanos trat für uns den Weltengang an; die Verschmelzung mit dem Gefüge kostet ihn viel Kraft.«
    »Wir müssen Klarheit gewinnen, ob er den Kampf um die Sphäre gewinnen kann. Ihr müßt mit dem Gefüge sprechen, Haubenträger!« Benris wies auf den silbernen Draht an der Höhlendecke. »Hört doch - es ruft nach Euch! Und die Bosnickel sind in heller Aufregung, ihre Pfiffe hallen durch alle Gänge. Irgend etwas geht vor sich.« Darsayn lauschte dem Sirren des Drahtes. »Ja, die Sphäre tobt. Der Wandelbare rüstet sich für seinen nächsten Feldzug.« Er reichte Benris den Arm, ließ sich von ihm stützen. »Bringe mich zum Herz des Gefüges.« Das Gefüge … seit Jahrhunderten wachte es über das Heilige Spektakel, tief unter dem Rochengebirge. Seine Silberdrähte zogen sich durch alle Kammern und Höhlen; im Herzen des Gefüges bündelten sie sich zu einem unsichtbaren Strang, der die Welt mit der Sphäre verband. Den Abgrund, über den er führte, konnte allein der Haubenträger sehen, doch dies war mit Qualen verbunden. Das Gefüge mußte Darsayns Augen der Sphäre öffnen, und je älter er wurde, desto mehr litt er unter der Prozedur.
    Zitternd kniete er auf dem Boden der Kammer. Er spürte Benris' Hand auf der Schulter. Die Berührung half gegen die Angst, die ihm die Kehle zuschnürte. Vor ihm lag das Herz des Gefüges: ein Wirrwarr zitternder Stangen und Speichen, Ketten und Kolben - sie alle aus Silber, dem magischen Metall, mit dem sich die Sphärenströme lenken ließen. Sirrend schlugen die Stäbe aneinander, als fochten sie gegen unsichtbare Gegner. Inmitten des Gewirrs war der Umriß eines Körpers zu erkennen: ein Kind! Starr hing es in den Silberdrähten, die Glieder von Schrauben umfaßt, das Gesicht hinter einer Maske aus goldenen Spornen verborgen; auch diese waren in Bewegung und peitschten um sich. Gold und Silber, verbunden zu klirrender Magie … »Du bist für uns in die Sphäre gegangen«, flüsterte Darsayn. »Für uns hast du dieses Opfer auf dich genommen. Nur du kannst das Werk des Weltenschmieds vollenden.« Er hob die Hände und pries den gefangenen Körper. »Sprich zu mir, Laghanos! Ich muß wissen, wann der Plan sich erfüllt und der Weltenschmied zurückkehrt.« Laute schreckten ihn auf. In den Ritzen der Steinwände funkelten Augenpaare: die Bosnickel,

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