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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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war gräßlich. Sie war fremd und vertraut, verworren und wohlgeordnet. Und gewaltig … anfangs hatte ihre Ausdehnung Nhordukael erschreckt. Doch seit er aufgegeben hatte, sie mit dem Verstand erfassen zu wollen, und sich ihren Strömen einfach hingab, bot sie sich seinen Sinnen in faszinierender Klarheit dar.
    Flammen umspielten Nhordukaels Hände, züngelten wie Geister an den Fingerkuppen empor. Ihr Schein erhellte den Grund, auf dem er wandelte und dessen Ränder in lichtloser Unendlichkeit zerfaserten. Er wies nur wenige Rillen oder Erhebungen auf. Sein Leuchten, ein Zusammenspiel vieler Farben, kannte Nhordukael noch aus den Tagen, als er ein Zögling des Hohenpriesters gewesen war. Im Auge der Glut, der Quelle von Thax, hatte er die magischen Ströme als schimmernde Fäden wahrgenommen. Nun sah er die Sphäre in ihrer Ganzheit; jede Quelle ein Leuchtfeuer, jedes Glühen pulsierende Magie. Und der Untergrund, auf dem er schritt, war die Welt Gharax - geschrumpft zu einer überschaubaren Bühne, über die sein Blick schweifen konnte.
    Auch in ihm brannte ein verzehrendes Feuer. In Nhordukaels Adern kochte geschmolzenes Gestein, seine Haut loderte, Funken sprühten aus Mund und Augen. Sein Körper war ein Gefäß für die Magie der Quelle geworden. Das Auge der Glut hatte es ihm ermöglicht, in die Sphäre überzutreten - eine Reise, die die meisten Zauberer das Leben gekostet hätte. Sein Körper hatte schon immer den Sphärenströmen Widerstand geleistet; vermutlich hatte Magro Fargh ihn deshalb zu seinem Leibdiener berufen, und nur deshalb war Durta Slargin auf ihn aufmerksam geworden. Beide hatten versucht, ihm seinen Körper zu rauben … erfolglos!
    »Du machst Fortschritte!« Der weiche Klang einer Stimme erfüllte den Raum. »In wenigen Wochen hast du die Sphäre erschlossen. Selbst Sternengänger hat dafür Jahrzehnte gebraucht.«
    Nhordukael kannte die Stimme nur zu gut; sie gehörte Mondschlund. Er hatte Nhordukael in der Sphäre aufgespürt und in den Krieg gegen Sternengänger hineingezogen; denn Sternengänger, so hatte Nhordukael erfahren, war kein Geringerer als Durta Slargin. Seit Jahrhunderten rangen Mondschlund und Sternengänger um die Vorherrschaft in der Sphäre. Nhordukael war weit davon entfernt, Mondschlund zu trauen. Doch im Kampf gegen Durta Slargin war er sein Verbündeter - vorerst!
    »Ich sehe die Sphäre mit anderen Augen.« Nachdenklich blickte Nhordukael auf die Ebene zu seinen Füßen. »Die Welt ist in meiner Wahrnehmung zur Landkarte geschrumpft, ich kann sie im Ganzen überblicken und begreife die Sphärenströme, die sie umfließen. Und doch fällt es mir schwer, in sie einzutauchen oder sie zu verändern.«
    »Sie sind in Wallung geraten.« Mondschlunds Stimme glich einem Gesang, umwarb Nhordukael mit verhaltenen Tonfolgen. »Viele Quellen wurden von den Goldei befreit. Doch einige befinden sich noch in menschlicher Hand: die Weinende Mauer von Siccelda und die Klaue des Winters auf Aroc; die Wispernden Felder von Praa und die Gruben der Lieder in Miras Are; der Graue Hügel von Taruba und der Gläserne Stein von Serys; im Westen die Woge der Trauer auf der Insel Vodtiva und der Leuchtturm von Fareghi, der durch deine Hilfe befreit wurde …«
    »Tatsächlich?« fragte Nhordukael mit beißendem Unterton. »Ich verhinderte lediglich, daß die Schiffe der Goldei in der Flammenbucht anlegen konnten. Offenbar kam dir mein Eingriff gelegen.«
    Mondschlund ging auf diesen Spott nicht ein. »Dank dir konnte der Leuchtturm den Goldei entrissen werden. Sie mußten sich aus dem Silbermeer zurückziehen; die Sphäre duldete ihre Schiffe nicht länger. Doch neben dem Leuchtturm bewahrt eine weitere Quellen den Menschen vor dem Zusammenbruch der Sphäre: der Spiegel des Himmels im Süden von Gyr. Er wird das nächste Ziel der Goldei sein, denn nun, da der Leuchtturm verloren ist, müssen sie einen anderen Weg ins Silbermeer finden.«
    »Du scheinst über ihre Pläne gut Bescheid zu wissen. Zwei Quellen hast du bei deiner Aufzählung allerdings vergessen: das Verlies der Schriften und das Auge der Glut. Sind sie nicht die mächtigsten Quellen, die von uns Menschen verteidigt werden?«
    Mondschlund ließ einen Augenblick verstreichen, bevor er antwortete. »Das Verlies der Schriften ist seit jeher umkämpft, Nhordukael. Es wurde einst von meinem Schüler Varyn errichtet; allerdings gelang es Sternengänger, Teile des Verlieses in seine Gewalt zu bringen. Auch wenn ein Großteil der

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