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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Wächter des Gefüges, Geister des Rochens. Mißtrauisch beäugten sie den Haubenträger und tuschelten in der Finsternis. Einer von ihnen richtete die Faust auf Darsayn, fletschte die Zähne. Es wirkte grotesk; das Wesen war kaum eine Handspanne groß. Doch der Haubenträger hütete sich, die Wächter zu unterschätzen. Sie waren der Sphäre enger verbunden als jeder Zauberer.
    Sein Blick kehrte zum Gefüge zurück. Aus dem Gewirr hatten sich zwei Drähte gelöst; wie Fühler tasteten die nadelspitzen Enden nach Darsayn.
    »Du rufst mich … ja, ich höre dich!« Auf Knien rutschte Darsayn voran. »Ich will mit dir sprechen … es ist meine Pflicht.«
    Zärtlich tasteten die Drähte seine Wangen ab, strichen über die Nase, berührten die faltigen Lider. Dann federten sie zurück, und mit einem Sirren bohrten sie sich in seine Augäpfel. Darsayn stöhnte auf, drohte zur Seite wegzusinken, doch sofort schnellten Stäbe hervor und fingen den Körper auf. Blut sammelte sich in seinen Augenwinkeln. Die Umgebung der Höhle zerrann. Die Sphäre brach sich in seiner Netzhaut; die Welt in Silber getaucht, die Pupillen glühende Lichter, die das Metall tausendfach widerspiegelte. Dort glänzte die goldene Maske des Wandelbaren; sie schwebte vor ihm, ihre Sporne gespreizt wie Klauen. Der restliche Körper des Kindes verschwamm im Glanz der Sphäre.
    »Darsayn!« Das Singen der Silberdrähte formte sich zu Worten; das Gefüge lieh dem Wandelbaren seine Stimme. »Wo bin ich? Wo …«
    »Du bist im Heiligen Spektakel. Viele Wochen warst du ohne Bewußtsein. Du kehrtest mit den Beschlagenen zurück; sie trugen Spuren eines Kampfes, und einige von ihnen hatten schwere Verbrennungen erlitten.« »Ein Kampf … ich erinnere mich.« Die Sporne der Maske verschränkten sich. »Ich führte die Schiffe der Goldei durch die Sphäre, so wie der Rotgeschuppte es mir aufgetragen hatte. Ich brachte sie in eine Bucht im Silbermeer. Doch dann … ein Feuer … es stieg aus dem Wasser auf, tauchte die Schiffe in Glut. Sie zerschmolzen vor meinen Augen.«
    »Sicherlich waren es Mondjünger, die dieses Feuer entzündeten! Sie wollten dich aufhalten, dich töten …« »Ich sah eine Flammengestalt … es war ein Mann. In seinen Adern pochte Glut, und die Augen waren grell wie die Sonne. Er rief mir etwas zu, doch seine Worte waren unverständlich!« Die Maske schwebte näher. »Wer war dieser Mann? Sag es mir, Darsayn … ich glaubte, ihn zu kennen.«
    »Nur ein Mondjünger besitzt die Macht, die Schiffe der Nebelkinder zu zerstören.« Darsayns Stimme überschlug sich vor Aufregung. »In unseren Schriften ist von dem Feind des Weltenschmieds die Rede: Mondschlund, der Blender! Er erkannte die Herrschaft des Schmieds nicht an und drohte, die Formung der Welt zu verhindern. Bis zur letzten Stunde wird er versuchen, uns aufzuhalten … der Mann, den du sahst, handelte gewiß in seinem Auftrag.«
    »Er trat mir in den Weg, doch ich spürte keinen Hass. Er wollte zu mir sprechen, doch ich konnte nichts verstehen.« Laghanos hielt inne. »Das Gefüge will, dass ich ihn finde und vernichte …!«
    »Ja, vernichte ihn! Die Sphäre muß von seiner Gegenwart befreit werden; erst dann kann der Weltenschmied zurückkehren.«
    Der Gesang des Gefüges wurde schneidend. »Das Spektakel muss mir bei dieser Suche helfen.« »Aber … was können wir tun?« stotterte Darsayn. »Wir wachen über dich und deinen Körper, wir schützen die Hallen des Gefüges. Was erwartest du noch von uns?«
    Die Drähte in seinen Augen begannen zu glühen. Der Schmerz war unerträglich. Darsayn versuchte, sich die Nadeln aus den Augäpfeln zu reißen, zerrte vergeblich an ihnen, spürte den unbarmherzigen Widerstand des Gefüges.
    »Quäle mich nicht … ich will tun, was du verlangst; doch du siehst selbst, wie machtlos wir Unbeschlagenen sind. Wir können nur warten, bis der Weltenschmied zurückkehrt - bis du ihn zu uns führst.«
    »Ihr wartet vergebens«, tönte der Gesang der Drähte. »Er wird nicht kommen, er hatte nie vor zurückzukehren.« »Was meinst du damit?«
    »Ich weiß alles über ihn … über den Weltenschmied, wie ihr ihn nennt. Als ich mit dem Gefüge verschmolz, gelangte ich durch die Sphäre in die Welt der Goldei. Sie erwarteten mich, so wie ihr den Weltenschmied erwartet habt … sie nennen ihn Drafur, und das Gefüge kennen sie als Drafurs Mantel. Ich streifte den Mantel über und wurde eins mit ihm. Dies war der Plan des Weltenschmieds: jenen zu

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