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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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versuchten sie in die Zange zu nehmen. Es war eine wilde Jagd; mehr als einmal schnappte der eine oder andere Kieselfresser nach dem Schwanz der Eidechse und verfehlte ihn nur knapp. Dann aber fand das flüchtende Tierchen ein schmales Erdloch. Rasch glitt es hinein; Knauf hingegen prallte mit voller Wucht gegen die Erdkante, griff zwar noch mit der Vorderpfote nach der Eidechse, doch vergebens! Der Leckerbissen war entwischt. Wütend stampfte Knauf mit den Hinterbeinen, bis Grimm ihn mit ein paar Tatzenhieben für seine Langsamkeit strafte. Eine große Rauferei war die Folge: schnaubend rollten die Kieselfresser wie ein Fellknäuel durch das Gras - und klatschten ins Wasser eines nahen Teichs, wo die Goldfische erschrocken zum Grund flohen, um den unerwarteten Tauchern auszuweichen.
    Abseits des Tümpels, auf der Allee, schritten derweil Aelarian und Cornbrunn und bestaunten den Park, den sie schon von der Hügelkuppe aus gesehen hatten, aus der Nähe. Er war trotz - oder wegen - seiner Wildheit von unglaublicher Schönheit. Die alten Bäume rauschten im Wind, zwischen den Hecken sprossen Blumen in leuchtenden Farben, Schmetterlinge taumelten umher wie Blätter im Herbst; und auf dem Weg sprang eine Heuschrecke mit purpurnem Rücken, die sich von der Wiese verirrt hatte. Sie wartete stets, bis die zwei Männer sie erreicht hatten, um dann mit einem weiten Sprung vorauszuhüpfen. »Sie will uns etwas zeigen«, scherzte Aelarian. Seit sie von dem Hügel herabgestiegen waren, hatte er mit seinem Leibdiener kein Wort gewechselt; zu sehr hatte die Schönheit des Parks sie verzaubert. Die Heuschrecke machte einen weiteren Satz - und nun waren sie am Schnittpunkt der Alleen angelangt. Der dort liegende Felsblock glich tatsächlich dem Findling am Strand, war jedoch kleiner. In den Stein war ein Zeichen eingemeißelt: ein Raubvogel mit ausgebreiteten Schwingen. Wind und Regen hatten die Ränder des Symbols ausgewaschen, dennoch war es gut zu erkennen.
    »Ein Falke!« Aelarians Blick schweifte zur der nahen Tempelruine, über der noch immer das Falkenpärchen kreiste. »Ein solches Zeichen zeugt von Stolz. Der Herr des Parks muß von Rang sein.«
    »Ein verwittertes Hühnchen auf einem Stein ist ein dürftiger Hinweis«, sagte Cornbrunn.
    »Dürftig sind allenfalls deine Manieren.« Suchend blickte sich Aelarian um. »Wo sind eigentlich Grimm und Knauf? Sie sprangen vorhin noch zwischen den Hecken umher.«
    »Sie waren gewiß Eurer Bevormundung überdrüssig«, mutmaßte Cornbrunn. Doch auch er schien sich Sorgen zu machen, denn er schlug einen Zweig der wilden Hecke beiseite und stieß einen Pfiff aus, um die Kieselfresser zu rufen. Die Hecke gab den Blick auf eine weitere Wiese frei; im hohen Gras blühten Dotterblumen und Veilchen. In der Mitte der Wiese lag ein pittoresker Teich; er wurde halb verdeckt von den ausladenden Zweigen einer Trauerweide. Ihre Äste hingen wie lange Zöpfe bis zum Boden herab und verdunkelten den Stamm. Die purpurne Heuschrecke hüpfte an Cornbrunn vorbei auf die Wiese, froh, den Weg zurück ins Gras gefunden zu haben. Cornbrunn winkte den Großmerkanten zu sich.
    »Ein eindrucksvoller Baum, nicht wahr? Er erinnert mich an die Weiden unserer Moorlandschaften.« »Und nur dort wachsen solche Weiden auch«, gab Aelarian zu bedenken. »Ich habe sie noch nie außerhalb Troubliniens gesehen.«
    Sie zwängten sich durch die Hecke und überquerten die Wiese. Vom Teich klang das Quaken eines Froschs; auf dem Wasser trieben Seerosen. Als sie das Ufer erreicht hatten, pfiff Cornbrunn erneut nach den Kieselfressern, nun bereits lauter. Doch dann packte der Großmerkant ihn am Arm.
    »Cornbrunn! Sieh doch!«
    Er deutete auf die Trauerweide. Hinter dem Vorhang der herabhängenden Äste herrschte Dunkelheit, der Stamm war nur als vager Umriß zu erkennen.
    »Ich habe eine Bewegung gesehen«, flüsterte Aelarian. »Ich bin mir ganz sicher!«
    Gebannt starrten die Troublinier auf die Weide. Die langen Zweige wurden vom Wind hin- und hergeweht, und die Sonne ließ die Blätter grün schimmern. Nun fiel mehr Licht in den verwunschenen Zirkel; Lichtstreifen tanzten auf dem Moos, das den Stamm umgab - und tatsächlich: dort stand eine Gestalt!
    Die Troublinier fuhren gehörig zusammen, als plötzlich die Kieselfresser aus dem Schatten der Weide stürmten. Ihre Pelze waren klatschnaß. Ausgelassen tollten sie um die Beine ihrer Herren, sprangen an ihnen hoch und forderten sie zum Spiel auf. Doch Aelarian und

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